Darum gehts
- Trump setzt Putin 50-Tage-Frist für Friedensschluss mit der Ukraine
- Russland feiert Trumps Ultimatum
- 17 Patriot-Abwehrsysteme versprochen, genaue Lieferung unklar
Donald Trump (79) ist ein Meister des diplomatischen Rückziehers. Drohen, was das Zeug hält – und dann doch nicht zuschlagen: Das kann der US-Präsident. So geschehen am Montagabend bei seiner Pressekonferenz zur «grossen Verkündung zu Russland».
Die 50-Tage-Frist, die er Wladimir Putin (72) für einen Friedensschluss mit der Ukraine gesetzt hat, ist meilenweit entfernt von seiner «Vladimir, Stop!»-Botschaft, die er noch vor wenigen Wochen absetzte. Die ukrainische Führungsriege bedankte sich gestern zwar bei Trump für die in Aussicht gestellten Patriot-Raketenabwehrsysteme. Doch: Während das offizielle Moskau Trumps 50-Tage-Ankündigung offen feiert, wächst in Kiew die Verzweiflung.
Dmitri Medwedew (59), russischer Ex-Präsident und bis heute Putins rhetorischer Kampfhund, macht sich auf X lustig über das «theatralische Ultimatum», das Trump Moskau gesetzt hat. Aussenminister Sergei Lawrow (75) sagt: «24 Stunden, 50 Tage, 100 Tage: Das haben wir doch alles schon durchgemacht. Kein Problem für uns.» Und sein Stellvertreter Sergei Rjabkow (65) höhnt, Russland sei das Ultimatum «egal». Man werde mit der «militärischen Spezialoperation weitermachen, bis wir unsere Ziele erreicht haben».
Der einflussreiche russische Telegram-Kanal «Digital Army of Russia» schliesslich fragt provokativ: «Haben wir das richtig verstanden, Mr. Trump: Wir kriegen 50 Tage Zeit, die Ukraine zu zerstören, und wenn wir versagen, dann gibts Sanktionen?»
Was meint Trump mit «17 Patriots»?
Die russische Börse sprang nach der gestrigen Ankündigung von Trump um fast 2,5 Prozent nach oben: ein klares Indiz dafür, dass man in Moskau mit Schlimmerem gerechnet hatte.
Nach den jüngsten Spitzkehren in Trumps Rhetorik zu Russland hofften Ukraine-Unterstützer auf radikalere Schritte: Offensivwaffen statt «bloss» die jetzt versprochenen Patriot-Abwehrsysteme, vielleicht sogar die Verwendung der rund 300 Milliarden Dollar an eingefrorenen russischen Vermögen auf amerikanischen Banken zur Aufrüstung der Ukraine.
Doch nichts da. Präsident Wolodimir Selenski (47) äusserte sich zwar positiv über die US-Abwehrsysteme, die Grossstädte wie Kiew effizient vor allen möglichen russischen Geschossen schützen können. Doch bei Trumps Versprechen, «17 Patriots» zu liefern, fangen die ukrainischen Zweifel schon an. «17 was genau? 17 ganze Systeme? 17 Raketenwerfer? 17 Raketen?», fragt der ukrainische Telegram-Militärkanal «Officer».
Ein Patriot-Abwehrsystem besteht aus zahlreichen Komponenten: Raketenwerfern, Radargeräten, Feuerleitständen, Kampfführungsanlagen, Stromversorgung und weiterer Infrastruktur. Dass Trump auf die Schnelle wirklich 17 der rund zwei Milliarden Dollar teuren, hochkomplexen Abwehrsysteme in die Ukraine liefern kann, ist unwahrscheinlich.
Ob die Waffen zudem wie von Trump angekündigt «binnen Tagen» in der Ukraine sein können, ist laut dem Online-Fachmagazin «Military Watch Magazine» äusserst fraglich. Amerika selbst fehlt es an Patriot-Vorräten. Jetzt schon entsprechen die Munitionsbestände in den USA nur rund 25 Prozent des vorgeschriebenen Bestands. Und ausser Deutschland (zwei Systeme) und Norwegen (ein System) haben noch keine anderen Länder grünes Licht gegeben, ihre eigenen Patriots an die Ukraine sofort zu liefern und in den USA neue zu bestellen.
Das scharfe Putin-Gesetz des Senats ist so gut wie tot
Derweil geht der russische Raketenregen in der Ukraine ungebremst weiter. Umso weniger Verständnis hat etwa EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas (48) für Trumps 50-Tage-Frist. «Das ist ein sehr langer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass die Russen jeden Tag Ukrainer töten», kommentierte sie. Und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko (53) fragte im ARD-Interview: «Warum diese Verzögerung? Es werden noch mehr Menschen sterben, es wird noch mehr Zerstörung geben.»
Der aus ukrainischer Sicht schlimmste Nebeneffekt von Trumps Entscheid ist, dass der US-Senat ein Anti-Putin-Gesetz aus der Feder des Republikaners Lindsey Graham (70) vorläufig auf Eis gelegt hat. Der Gesetzesentwurf hätte sofortige scharfe Sanktionen gegen Russland vorgesehen (unter anderem bis zu 500-prozentige Strafzölle auf alle russischen Handelspartner). Dieser wurde jetzt aber als Folge von Trumps 50-Tage-Vorschlag von der Pendenzenliste genommen.
Wo der Krieg in 50 Tagen stehen wird und ob Trump dann wirklich Ernst macht mit Putin, bleibt weiter unklar. Umso klarer aber ist: Die Ukraine muss sich auf einen Terror-Sommer gefasst machen, wie sie ihn in dreieinhalb Kriegsjahren noch nicht erlebt hat.