Darum gehts
- «Project 2025»-Autor übernimmt zentrale Rolle in Trump-Shutdown
- Er ist direkt involviert in Trumps Entlassungspläne
- 50'000 Verwaltungsjobs können durch Schedule F leichter gekündigt werden
Kaiser Nero brannte einst halb Rom nieder, um auf den Ruinen der Stadt seinen Prunkpalast «Domus Aurea» errichten zu lassen. Fast 2000 Jahre später sägt ein weiterer Machthaber an den Grundfesten seines Reiches, um das Rom der Postmoderne nach seinem Gusto umzubauen. Donald Trump (79) greift durch. Nicht architektonisch (mal abgesehen vom 200-Millionen-Dollar-Ballsaal, der neben dem Weissen Haus zu stehen kommen soll), aber politisch.
Trumps Kritiker sehen im Shutdown ein weiteres Instrument aus seinem autokratischen Werkzeugkasten. Sie zeigen mit dem Warnfinger auf das 920-seitige Papier «Project 2025» aus der Schreibstube der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation. Da stehe schwarz auf weiss alles drin, was Trump vorhabe. Blick hat das überprüft – mit überraschendem Ergebnis.
Vorweg: Nirgendwo auf den 920 Seiten des «Project 2025» raten die Autoren dem US-Präsidenten, einen Shutdown zu provozieren. An mehreren Stellen schlagen sie vor, einzelne Regierungsprogramme herunterzufahren (etwa die nationale Hilfsorganisation USAID, was Trump bereits getan hat). Den aktuellen Shutdown – zur Erinnerung: verursacht durch die Uneinigkeit über Budgetfragen im Parlament, nicht von Trump persönlich – haben die Autoren des «Project 2025» so nicht vorgeschlagen.
Nichtsdestotrotz: Der Einfluss der konservativen Denker hinter dem Papier ist enorm. «Project 2025»-Co-Autor Russ Vought (49) ist seit Anfang Jahr Chef des Amtes für Verwaltung und Haushaltswesen, dem Nervenzentrum der US-Verwaltung. Hier laufen viele Fäden aller möglichen Ämter zusammen. Von hier aus wird überwacht, wer sich an die präsidialen Vorgaben hält und wer nicht.
Diese «Project 2025»-Massnahmen hat Trump schon umgesetzt
Am Donnerstag schrieb Trump auf seinem Portal Truth Social, er treffe sich heute mit Vought «vom berühmten ‹Project 2025›», um zu entscheiden, «welche von den Demokraten kontrollierten Ämter er auflösen will». In anderen Worten: Der «Project 2025»-Mann ist federführend in Trumps Schlachtplan. Er wird den Shutdown nutzen, um den Umbau der Vereinigten Staaten voranzutreiben.
Wie erfolgreich Vought die Vorschläge aus seinem Verwaltungs-Harakiri-Handbuch dem Präsidenten unterjubelt, zeigt ein Blick auf einige der radikalsten Massnahmen, die Trump seit seiner Amtseinsetzung am 20. Januar 2025 umgesetzt hat:
Das gefürchtete «Schedule F» bringt Beamte auf Linie
Schon am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit verfügte Trump, dass Beamte, die die Politik des Weissen Hauses nicht mittragen, einfacher entlassen werden können. Rund 50'000 Verwaltungsjobs (rund zwei Prozent der Verwaltung) sind davon betroffen. Das «Project 2025» hat das 1 zu 1 so vorgegeben.
Die Inklusions- und Diversitätsbemühungen sind abgeschafft
Die Autoren des Papiers schlagen vor, Faktoren wie Geschlecht, Ethnie oder sexuelle Orientierung bei der Einstellung von Mitarbeitenden im Finanzministerium nicht mehr zu berücksichtigen. Trump ging einen Schritt weiter und liess die Inklusions- und Diversitätsprogramme gleich in der gesamten Bundesverwaltung streichen.
Verschärfte Grenzkontrolle
Das «Project 2025» rät der US-Regierung, die «Bleibt in Mexiko»-Regelung wieder einzuführen, die vorsieht, dass Asylbewerber noch ennet der amerikanisch-mexikanischen Grenze auf ihren Asylentscheid warten müssen. Trump setzte das sofort um – und ging mit der Ausrufung des nationalen Notstandes und der Entsendung von Tausenden Soldaten an die Südgrenze noch einen Schritt weiter.
Verschärfte Visa-Bestimmungen
Den Vorschlag, genauer hinzuschauen bei der Vergabe von US-Visa, setzte Trump jüngst um, indem er eine neue 100'000-Dollar-Gebühr für die Ausstellung von Arbeitsvisa für hoch qualifizierte Arbeitskräfte (H-1B-Visa) erliess. Für viele Ingenieurinnen, Ärzte und IT-Fachleute, die in den USA arbeiten wollten, platzte damit ein Karrieretraum.
Raus aus internationalen Vereinigungen
Schon am ersten Tag seiner Präsidentschaft folgte der US-Präsident dem «Project 2025»-Ratschlag, die USA aus dem Pariser Klimaabkommen rauszunehmen. Immer wieder macht Trump seinen Unmut über internationale Organisationen wie der Nato und der Uno deutlich.
Trump will noch viel weiter gehen
In den Seiten des «Project 2025» finden sich zusätzliche Ideen, die Trumps Anhänger zum Jubeln und seine Gegner zum Verzweifeln brächten. Jüngst aber hat der Oberbefehlshaber der mächtigsten Armee der Welt klargemacht, dass ihn der ganze Verwaltungskram langsam langweilt.
Statt über neue Gesetzesbestimmungen oder Budgetkürzungen nachzudenken, denkt Trump laut darüber nach, demokratisch regierte Städte in Amerika als «Trainingsgelände» für US-Soldaten zu missbrauchen.
Solche Ideen finden sich nicht im «Project 2025». Sie stehen in ganz anderen Büchern. Selbst Russ Vought dürften sich beim Gedanken an Trumps Kriegsdrohung gegen die eigene Bevölkerung die Nackenhaare sträuben.