Darum gehts
Der Shutdown in den USA hat die staatlichen Institutionen zum Erliegen gebracht. Weil sich die Republikaner und Demokraten nicht auf ein Haushaltsbudget einigen konnten, wurden am Mittwoch rund 750’000 Beamte in den Zwangsurlaub geschickt. US-Präsident Donald Trump (79) machte für die Krise die laut ihm unnachgiebigen Demokraten verantwortlich.
Doch in Wahrheit kommt Trump der Shutdown gelegen. Denn er benützt den Stillstand gezielt für seine Interessen.
Streitpunkt im Budget 2026, das am 1. Oktober in Kraft treten sollte, waren die Zuschüsse für Krankenversicherungen und Medicaid. Die Demokraten wollten damit die Gesundheitsversorgung für die Armen, darunter Einwanderer, finanzieren. Das wollten die Republikaner nicht akzeptieren.
Es drohen Massenentlassungen
Dass die Verhandlungen im Kongress am Dienstagabend geplatzt sind und der Shutdown eingetreten ist, spielt Trump in die Karten. Denn er wird die Zeit nutzen, um seine Sparmassnahmen, die er mit Elon Musk (54) einleiten liess, fortsetzen zu können.
Trump hat den Shutdown als Gelegenheit angekündigt, um den Staatsapparat in grossem Stile zu verkleinern. Es könnten 114’000 Staatsangestellte, die jetzt im Zwangsurlaub sind, entlassen werden und gar nicht mehr zur Arbeit zurückkehren.
Haushaltsdirektor und Strippenzieher Russel Vought (49) sieht im Shutdown keine Krise, sondern die historische Chance, «die Bestie zu erwürgen», wie ihn ein republikanischer Haushaltsstratege zitiert. Vought ist der Architekt von «Project 2025», dem konservativen Masterplan für Trumps zweite Amtszeit.
Immer mehr Macht für Trump
Laut Philipp Adorf, USA-Experte an der Universität Bonn, stösst Trumps Vorgehen mit Massentlassungen juristisch zwar an Grenzen. «Vieles deutet aber darauf hin, dass Trump die Situation auch nutzen will, um den Handlungsspielraum der Exekutive auszudehnen und den föderalen Verwaltungsapparat nach seinen Vorstellungen umzubauen.» Dabei rechne Trump wohl damit, dass der Supreme Court in absehbarer Zeit bereit sein werde, einen solchen Machtausbau zu legitimieren.
Zu seinen Vorstellungen gehören mehr zentrale Macht, mehr Kontrolle über Ministerien wie Justiz, Heimatschutz und Gesundheit sowie ein Staatsabbau im Sozial- und Umweltbereich.
Adorf: «Hier wird der Shutdown als Hebel genutzt, um nicht-essenzielle Programme dauerhaft zu schwächen oder ihre Wiederaufnahme nach der Krise zu erschweren.» Gleichzeitig diene der Shutdown als auch Testinstrument. «Die Exekutive lotet aus, welche Kompetenzen sie auch ohne formelle Haushaltsmittel ausüben kann», sagt Adorf.
Schon vor Trump benutzten die Republikaner Shutdowns als Instrument, um zu zeigen, wie viele staatliche Leistungen aus ihrer Sicht entbehrlich sind und in der Bevölkerung gar nicht vermisst werden. So brachial wie Trump ist aber noch kein Präsident vorgegangen.
Kein Ende in Sicht
Es scheint, dass Trump für seine Umbaumassnahmen viel Zeit haben wird. Denn Beobachter gehen davon aus, dass der Shutdown nicht so schnell beendet sein dürfte. So schreibt die «Washington Post»: «Da die Mitte des Senats ausgehöhlt ist, könnte ein längerer Shutdown bevorstehen.»
Gemeint ist damit, dass die Fronten im Senat verhärtet bleiben und mit keinem schnellen Einlenken zu rechnen ist. Der Grund liegt darin, dass die meisten Senatoren aus Swing States keinem Wählerdruck ausgesetzt sind, weil keine unmittelbaren Wahlen anstehen. Andere Senatoren aus Swing States wollen sowieso zurücktreten.
Der aktuelle Shutdown offenbart mehr als nur einen Streit um Geld. Er ist ein Testfeld für Trumps Masterplan. Er zeigt, wie der aktuelle Präsident eine Krise bewusst einsetzt, um den Staatsapparat nach seinen Vorstellungen zu formen und sich selber Vorteile zu verschaffen. Und das auf Kosten vieler Amerikanerinnen und Amerikaner.