Papst Leo XIV. sprach in Interview über Missbrauch und Frauen in der Kirche
«Sonst werden ihre Wunden nie heilen»

Kardinal Robert Francis Prevost ist neuer Papst. Wie steht Leo XIV. zu den grossen Herausforderungen, vor denen die katholische Kirche jetzt steht? In einem Interview mit «Vatican News» hat sich Prevost vor zwei Jahren dazu geäussert.
Publiziert: 09.05.2025 um 17:54 Uhr
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Robert Francis Prevost ist der neue Papst.
Foto: imago/Xinhua

Darum gehts

  • Kardinal spricht über Bischofsamt und Wirken als Mensch in Interview
  • Bischöfe sollen zuhören, Seelsorger sein und sich beraten lassen
  • Drei Frauen 2022 erstmals in Dikasterium für Bischöfe berufen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Alexander TerweyStv. Teamlead News-Desk

Kurz nach seiner Ernennung zum Kardinal im Jahr 2023 hat der damalige Missionsbischof in Lateinamerika, und heutige Papst, in einem Gespräch mit «Vatican News» über sein Verständnis vom Bischofsamt sowie über sein Wirken als Mensch gesprochen.

«Ich habe die Möglichkeit, dem Heiligen Vater zu dienen, der Kirche zu dienen, heute, hier, von der römischen Kurie aus», sagt Prevost in dem 2023 geführten und jetzt veröffentlichten Interview. «Ich betrachte mich immer noch als Missionar», gab er jedoch zu bedenken. Es sei seine Berufung, das Evangelium zu verkünden, wo auch immer er ist.

Bischof als Zuhörer und Seelsorger

Ein Bischof müsse ausserdem zuhören können, so Prevost weiter gegenüber «Vatican News». «Ein grundlegendes Element des Identitätskonzepts ist es, ein Seelsorger zu sein.» Zugleich müsse ein Bischof auch die Fähigkeit besitzen, sich selbst beraten zu lassen.

Dem Bischof komme auch die Rolle eines Verwalters zu. Prevost warnt aber davor, «dass wir nie die geistliche Dimension unserer Berufung vergessen. Sonst besteht die Gefahr, dass wir zu Managern werden.»

Man dürfe sich auch nicht hinter einer veralteten Vorstellung von Autorität verstecken, mahnt er. Oft sei man damit beschäftigt, die Lehre zu vermitteln. Man laufe zugleich Gefahr, eines zu vergessen: An erster Stelle stehe, die Schönheit des Glaubens zu vermitteln, die Schönheit und Freude, Jesus zu kennen. Prevost hebt hervor, wie wichtig die Nähe ist – zu Gott, aber auch zum Volk Gottes.

Frauen in Leitungsämtern der Kirche

In dem Interview betont der damals 67-Jährige die Wichtigkeit der Öffnung der Kirche hinsichtlich der Besetzung von Leitungsämtern durch Frauen.

2022 hatte der damalige Papst Franziskus erstmals drei Frauen in das Dikasterium für die Bischöfe berufen, die bei der Auswahl von Bischöfen mitbestimmen durften. «Eine ist Laiin, und ihre Sichtweise deckt sich oft perfekt mit dem, was die anderen Mitglieder des Dikasteriums sagen», so Prevost. Sie bringe aber in einigen Fällen auch eine andere Perspektive ein und leiste so einen wichtigen Beitrag.

Er konstatiert: «Es gibt eine echte, sinnvolle Beteiligung, die sie bei unseren Treffen anbieten, wenn wir die Kandidatendossiers diskutieren.»

Kampf gegen Missbrauch in der Kirche

Wie steht es um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und den Kampf gegen Missbrauch in der katholischen Kirche? Zwar wurden laut Prevost bereits Fortschritte gemacht, es gebe aber noch viel zu lernen. Eine grosse Herausforderung sieht er darin, dass ein Bischof den Priestern und auch den Opfern von Missbrauch zugleich nahe sein müsse. «Wir können unsere Herzen, die Tür der Kirche nicht vor denen verschliessen, die unter Missbrauch gelitten haben», mahnt Prevost.

Die Bischöfe hätten eine grosse Verantwortung – und gerade ihnen müsse man mehr Vorbereitung im Umgang mit diesem Thema geben. «Wir müssen noch grosse Anstrengungen unternehmen, um auf diese Situation zu reagieren, die so viel Schmerz in der Kirche verursacht.»

Zudem sei Missbrauch in bestimmten Ländern noch immer häufig ein Tabuthema. «Schweigen ist nicht die Lösung.» Prevost forderte weiter, dass man den Opfern von Missbrauch helfen müsse. «Sonst werden ihre Wunden nie heilen.»

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