Hier testen Nato-Soldaten das Drohnenabwehrsystem
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In Polen:Hier testen Nato-Soldaten das Drohnenabwehrsystem

Nato-Test in Polen
US-System Merops soll russische Angriffe abwehren

Die Nato testet in Polen das US-Drohnenabwehrsystem Merops. Es soll russische Drohnenangriffe auf Nato-Territorium abwehren und hat sich bereits in der Ukraine bewährt. Das System ist kostengünstig und einfach zu bedienen.
Publiziert: 15:22 Uhr
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Aktualisiert: 15:42 Uhr
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Die Nato testet in Polen aktuell ein Abwehrsystem, das in der Ukraine für 40 Prozent der Drohnenabschüsse verantwortlich sein soll.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Nato testet Merops-System zur Abwehr russischer Drohnen in Polen
  • Merops nutzt KI und ist kostengünstig im Vergleich zu herkömmlichen Abwehrmethoden
  • Schulung für Merops-Bedienung dauert etwa 20 Tage für Soldaten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Der Kampf gegen die russischen Angreifer beginnt auf der Ladefläche eines dunkelgrauen Pickups. Von hier aus schnellt die Abwehrdrohne in den herbstlichen Himmel über Polen, macht die feindliche Drohne ausfindig und zerstört sie. In diesem Fall ist es nur eine Nachbildung der russischen Waffe, doch in Zukunft will die Nato mit dem US-System Merops tatsächlich Moskaus Drohnenangriffe auf ihrem Territorium abwehren.

Im September musste die Allianz noch Kampfjets zum Abschuss einsetzen, als russische Drohnen in den polnischen Luftraum eindrangen. Dieser Vorfall, gefolgt von einer Reihe ungeklärter Drohnenflüge in anderen europäischen Ländern, machte den Nato-Staaten ihre Verwundbarkeit deutlich. Es war ein Weckruf.

Für hohe Abschussquote in der Ukraine mitverantwortlich

Als Reaktion darauf verstärkte das Bündnis die Streitkräfte an seiner Ostgrenze, die Europäische Union arbeitete eilig Pläne zum Aufbau eines Systems zur Drohnenabwehr aus. Auf Empfehlung der Nato schafften Polen und Rumänien Merops-Systeme an, um ihre Verteidigungslücken kurzfristig zu schliessen. Diese Woche demonstrierten polnische Soldaten die neue Waffe auf einer Militärbasis nahe der Kleinstadt Nowa Deba. Von hier aus sind es rund hundert Kilometer bis zur Ukraine, die Tag für Tag unter Schwärmen russischer Drohnen leidet.

Die Merops-Technologie, die auch Künstliche Intelligenz einsetzt, stammt von einem Unternehmen, an dem der ehemalige Google-Geschäftsführer Eric Schmidt (70) beteiligt ist, und hat sich bereits in der Ukraine bewährt. «Das System ist eines der wirksamsten Mittel gegen Russlands Schahed-Drohnen», versichert US-General Curtis King bei der Vorführung in Polen. «Wir schätzen, dass es für 40 Prozent der in der Ukraine abgeschossenen Drohnen verantwortlich ist.» Vor allem ist die Technik aus den USA vergleichsweise günstig.

Das Merops-System kann Drohnen auch dann erkennen und angreifen, wenn elektronische oder Satellitenkommunikation gestört sind. Es kann auf unterschiedlichen Plattformen wie Helikoptern, Drohnen oder sogar Fahrzeugen installiert werden und funktioniert bei jedem Wetter sowie unter schwierigen Sichtbedingungen, etwa durch Wolken oder Staub.

«Sehr intuitiv»

Die Raketen, welche die F-35-Kampfflugzeuge der Nato im September gegen die russischen Drohnen einsetzten, kosten eine Million Dollar (rund 800'000 Franken) pro Stück – auf Dauer viel zu viel. Eine Merops-Drohne hingegen ist für etwa 12'000 Franken zu haben. «Das System kostet etwa ein Zehntel dessen, was Russland für den Bau und den Einsatz eines Drohnensystems vom Typ Schahed ausgibt», sagt King.

Merops ist nur eines von zahlreichen ähnlichen Systemen, die die Nato-Länder derzeit testen. Etwa 20 Tage dauert die Schulung von polnischen, rumänischen und US-Soldaten, bis sie die Drohnenabwehr mit Merops beherrschen. «Wenn man erst einmal damit vertraut ist, ist es ziemlich einfach zu verstehen», sagt Corey Myers aus den USA. «Für unsere jüngeren Soldaten ist es sehr intuitiv – wenn sie gut mit dem Controller der Computerspielkonsole Xbox umgehen können.»

Merops nur erster Schritt

Doch es gibt längst nicht genügend Anti-Drohnen-Systeme, um die gesamte Nato-Ostflanke gegen russische Übergriffe zu schützen. «Ein so grosses Gebiet wirksam zu verteidigen, halte ich für fast unmöglich», sagt Robert Tollast von der britischen Denkfabrik Rusi. Militärexperten empfehlen deshalb, die Drohnenabwehr rund um wichtige Infrastruktur wie Kraftwerke, Flughäfen und Militärstützpunkte einzusetzen. So könnten die Systeme dazu beitragen, Störungen durch Drohnen wie vor Kurzem in Deutschland, Dänemark und Belgien zu verhindern.

Die EU will eine eigene Drohnenabwehr aufbauen, doch das wird dauern. Das polnische Militär betrachtet Merops deshalb nur als ersten Schritt. «Dieses System hat sich im Kampf in der Ukraine bewährt, und die Ergebnisse dort sind sehr ermutigend. Daher haben wir beschlossen, es als Übergangslösung einzusetzen», sagt General Stanislaw Czosnek (62), der stellvertretende Kommandeur der polnischen Streitkräfte. «Später wollen wir es dann durch polnische Produkte ersetzen.»

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