Kommen neue Täter ans Licht?
Epstein-Akte – jetzt stösst Trump das Tor zur Hölle auf

Heute stimmt das US-Repräsentantenhaus über die Veröffentlichung der Epstein-Akte ab. Wie viel Sprengstoff sie birgt, ist unklar – nicht zuletzt wegen der Schwärzungen, die das Justizdepartement vornehmen darf. Grossen Schaden anrichten wird sie aber so oder so.
Publiziert: 15:13 Uhr
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Aktualisiert: vor 35 Minuten
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«Veröffentlicht die Akte!» Eine Mehrheit der Amerikaner will laut Umfragen, dass der Inhalt der Epstein-Akte ans Licht kommt.
Foto: IMAGO/Newscom World

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Die Opfer von Jeffrey Epstein (1953–2019) haben nur einen Wunsch: dass «endlich Licht ins Dunkel kommt». Acht der mutmasslich rund tausend Frauen, die als Minderjährige von Epstein missbraucht worden sind, haben sich am Montagabend in einer Videobotschaft an die amerikanische Öffentlichkeit gewandt – und prompt Gehör gefunden.

In einem überraschenden Zug hat US-Präsident Donald Trump (79) seine Parteikollegen im Repräsentantenhaus aufgefordert, der Veröffentlichung der Epstein-Akte bei der für heute geplanten Abstimmung zuzustimmen. Die bislang veröffentlichten 23'000 Seiten sind nur ein Bruchteil der gesamten Akte. Wird sie wirklich geöffnet, droht ein politisches Beben in den USA. Nicht nur Trump selbst, sondern eine ganze Reihe mächtiger Männer müssen zittern. Und: Die Veröffentlichung könnte etwas zerstören, was die USA jetzt dringend brauchen.

Dass Trump, der sich lange Zeit mit Händen und Füssen gegen die Veröffentlichung des Materials gewehrt hatte, plötzlich zum Pro-Transparenz-Präsidenten mutiert ist, ist ein Zeichen seiner Schwäche. Trump hat die Kontrolle über seine Partei verloren und zieht nun die Reissleine. Statt die parteiinterne Niederlage hinzunehmen, bläst Trump nun also selbst zum Angriff.

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Annie Farmer, Liz Stein und Danielle Bensky (von links nach rechts) wurden von Epstein als Minderjährige sexuell missbraucht. Sie kämpfen dafür, dass «Dunkel ins Licht» kommt.
Foto: AP

Aber Achtung: Selbst wenn die Epstein-Akte nach dem Repräsentantenhaus (dem Nationalrat der USA) auch vom Senat (dem amerikanischen Ständerat) zur Freigabe durchgewunken wird und Trump auf sein Veto verzichtet, hat das Justizdepartement immer noch gut zwei Wochen Zeit, die Akte an heiklen Stellen zu zensieren. Zum Beispiel, um Opfer zu schützen oder laufende Verfahren nicht zu torpedieren.

Bill Clintons Finanzminister ist dran

Schwärzungen sind also möglich – und die Wahrheit damit gefährdet. So sehen das jene Verschwörungstheoretiker und Kritiker auf X und anderen Plattformen, die heute schon kolportieren, dass alles noch viel schlimmer sei, als es die Veröffentlichung vermuten lassen werde. Schwärzungen hin oder her: Prominente Köpfe werden mit grosser Wahrscheinlichkeit in Bedrängnis kommen. Nur schon die bereits publik gemachten Auszüge der Epstein-Akte zeigten Wirkung.

Larry Summers (70), früher Bill Clintons (79) Finanzminister und Präsident der Elite-Uni Harvard, trat von all seinen Ämtern (nicht aber von seiner Lehrtätigkeit in Harvard) zurück, nachdem neue E-Mails belegten, dass er sich bis kurz vor Epsteins Verhaftung mit dem verurteilten Sexualstraftäter über eine mutmassliche Affäre ausgetauscht hatte. Das berühmte Beispiel des gefallenen britischen Ex-Prinzen Andrew Mountbatten Windsor (65) deutet an, dass das Netzwerk des New Yorker Grüsels Stoff für mehrere internationale Skandale bergen dürfte.

Welche potenziellen Verfehlungen oder gar Straftaten die Veröffentlichung ans Licht bringt und ob sogar Trump selbst davon betroffen sein wird, wissen wir frühestens im Advent, wenn das Justizdepartement mit seinen Schwärzungen durch sein müsste.

Die Fülle an Namen von Reichen und Mächtigen dieser Welt, die mutmasslich in den Akten des begnadeten Netzwerkers Epstein stehen, wird das Misstrauen der Amerikaner (und möglicherweise der Europäer) gegenüber ihrer politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Klasse weiter nähren.

Wer am meisten vom Skandal profitiert

Genau darin besteht die Hauptgefahr des Horror-Datensatzes: Nicht alle, die in einem der Zehntausenden E-Mails erwähnt oder auf einem der Tausenden von Fotos abgebildet sind, sind Täter. Aber jeder Einzelne von ihnen wird in den Augen des Publikums zum Verdächtigen.

Damit steht ein Sieger dieses amerikanischen Dramas jetzt schon fest: Wladimir Putin (73). Seinem Ziel, den Westen gegen sich selbst aufzubringen und dessen Zusammenhalt mit Zweifeln zu zersetzen, kommt der Kreml-Herrscher ohne sein Zutun einen grossen Schritt näher. Putin braucht dazu nicht einmal allfälliges kompromittierendes Material auszuspielen.

Es reicht, den Amerikanern aus sicherer Distanz dabei zuzusehen, wie sie sich im dunklen Schatten des Epstein-Skandals selbst bezichtigen und zerfleischen. Eine besinnliche Weihnachtszeit wird es in den USA dieses Jahr keine geben.

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