Darum gehts
- Die britische Regierung erwägt, Palästinenserstaat anzuerkennen
- Israel soll substanzielle Schritte zur Verbesserung der Lage im Gazastreifen unternehmen
- Frankreich hat die Anerkennung eines Palästinenserstaats bereits angekündigt
Die britische Regierung will im September einen Palästinenserstaat anerkennen, sollte Israel nicht «substanzielle Schritte» zur Verbesserung der Situation im Gazastreifen unternehmen. Dazu gehöre die Zustimmung Israels zu einer Waffenruhe, sagte Premierminister Keir Starmer (62) am Dienstag. Auch dürfe Israel nicht das besetzte Westjordanland annektieren.
«Ich habe immer gesagt, dass wir einen palästinensischen Staat als Beitrag zu einem Friedensprozess zu dem Zeitpunkt anerkennen werden, wenn dies den grössten Einfluss auf die Zweistaatenlösung hat», sagte Starmer. «Da diese Lösung nun in Gefahr ist, ist es an der Zeit zu handeln.» Zugleich sagte Starmer in der Kabinettssitzung, dass die Forderungen an die islamistische Hamas bestehen blieben: Die Hamas müsse alle Geiseln freilassen, ebenfalls einer Waffenruhe zustimmen, akzeptieren, dass sie keine Rolle beim Regieren des Gazastreifens spielen werde und ihre Waffen niederlegen.
Britischer Aussenminister droht Netanyahu
Währenddessen wiederholte der britische Aussenminister David Lammy (53) die Drohung an Israel bei einer Rede in New York und übte scharfe Kritik an der Regierung von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (75). Sofern Israel das Leiden nicht beende, werde die britische Regierung «mit der Hand der Geschichte auf unseren Schultern» Palästina als Staat anerkennen, sagte er.
«Die Ablehnung einer Zweistaatenlösung durch die Netanyahu-Regierung ist falsch. Sie ist moralisch und strategisch falsch. Sie schadet den Interessen des israelischen Volkes und versperrt den einzigen Weg zur Anpassung und zu dauerhaftem Frieden», sagte Lammy in einer energetischen Rede in der grossen Halle der Vollversammlung der Vereinten Nationen.
Netanyahu reagierte am Dienstagabend mit einem Post auf der Plattform X. «Starmer belohnt den monströsen Terrorismus der Hamas und bestraft seine Opfer», so der israelische Premier. Ein heutiger, dschihadistischer Staat an der Grenze Israels werde Grossbritannien morgen bedrohen. «Beschwichtigungspolitik gegenüber dschihadistischen Terroristen schlägt immer fehl. Sie wird auch bei Ihnen fehlschlagen», prophezeit Netanyahu.
Humanitäre Situation verschlechtert sich
Mit der sogenannten Zweistaatenlösung ist die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existieren soll. Sie gilt völkerrechtlich und auf diplomatischer Ebene als das international anerkannte Ziel für eine Lösung des Nahost-Konflikts. In New York findet derzeit eine Uno-Konferenz zur Verwirklichung der Zweistaatenlösung statt – ohne Israel und die USA.
Gleichzeitig betonte der britische Chefdiplomat, es gebe keine Rechtfertigung für das Leid im Gazastreifen, sondern nur die klare Pflicht, dieses zu beenden. «Die Kinder hungern, und Israels tröpfchenweise Hilfe hat die Welt entsetzt. Dies ist ein Verstoss gegen die Werte der Charta der Vereinten Nationen.» Internationale Experten für Ernährungssicherheit hatten jüngst vor einer rapiden Verschlechterung der humanitären Situation in dem abgeriegelten Küstengebiet gewarnt.
Wer Palästina anerkennt – und wer nicht
Zuvor hatte bereits Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (47) angekündigt, bei der Uno-Generaldebatte im September offiziell einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Grossbritannien wäre dann das zweite Land der G7-Staaten, das einen Palästinenserstaat anerkennt.
Fast 150 Uno-Mitgliedstaaten erkennen Palästina als Staat an. Wichtige westliche Länder wie etwa die Uno-Vetomacht USA gehören aber nicht dazu. Auch Deutschland erkennt Palästina nicht als Staat an. Israel wird etwa von Saudi-Arabien, dem Irak und Syrien nicht anerkannt.