Frankreichs Premierminister übersteht beide Misstrauensvoten
Diese vier Zahlen erklären Lecornus politisches Überleben

Frankreichs Premier Sébastien Lecornu hat am Donnerstag gleich zwei Misstrauensanträge überstanden. Wie der ehemalige Verteidigungsminister sein politisches Überleben sichern konnte, lässt sich anhand von vier Zahlen erklären.
Publiziert: 20:30 Uhr
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Sébastien Lecornu ist zwei Misstrauensanträgen gegen ihn und seine Regierung knapp entgangen.
Foto: imago/IP3press

Darum gehts

  • Sébastien Lecornu übersteht Misstrauensanträge und bleibt französischer Premierminister
  • Die Misstrauensanträge von Rechtspopulisten und Linkspartei scheiterten an fehlender Mehrheit
  • 271 Abgeordnete stimmten für den Antrag, 289 wären für eine Mehrheit nötig gewesen
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Richard Werly

Ein politisches Drama bis zum letzten Akt. Doch Sébastien Lecornu (39) hat seine Zukunft als Premierminister vorerst abgesichert. Kaum war er zum Regierungschef Frankreichs ernannt worden, drohte seiner Amtszeit erneut eine kurze Dauer, als er am Donnerstagmorgen vor die Nationalversammlung trat.

Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) und die Linkspartei La France insoumise (LFI) hatten Misstrauensanträge eingebracht. Beide scheiterten jedoch daran, eine Mehrheit bei den Abgeordneten zu finden. Blick fasst in fünf Zahlen Lecornus politisches Überleben zusammen. 

289 Stimmen für die absolute Mehrheit

Um eine Regierung in Frankreich zu stürzen, sind 289 Abgeordnete erforderlich – das heisst, die absolute Mehrheit der insgesamt 577 gewählten Abgeordneten. Es stimmten jedoch nur 271 Abgeordnete am Donnerstag dafür.

Ein Misstrauensantrag wird von einer Fraktion eingereicht und allen Abgeordneten zur Abstimmung vorgelegt. Diejenigen, die sich der Stimme enthalten oder nicht abstimmen, werden nicht gezählt.

Sowohl die Linkspartei als auch die Rechtsnationalen reichten jeweils einen Antrag ein. Sie konnten mit 264 Stimmen rechnen. Dank Überläufern auf der linken und rechten Seite kamen sie auf 271. Das reichte jedoch nicht für eine Durchsetzung. Die Haushaltsverhandlungen, die vom Premierminister als einzige Priorität festgelegt wurden, können daher nun beginnen.

69 Abgeordnete

Die Sozialistische Partei (PS) hat aktuell 69 Abgeordnete in der Nationalversammlung. Sie werden von Boris Vallaud (50) angeführt. Dieser hielt am Montag die Antwortrede auf den neuen Premierminister.

Sieben Abgeordnete beschlossen, sich gegen die Strategie der Partei zu stellen. Sie stimmten nicht gegen die Regierung, die sich verpflichtet hat, die Rentenreform bis 2028 auszusetzen, Massnahmen zur Förderung der Kaufkraft zu ergreifen und eine neue Besteuerung der Reichsten zu prüfen.

Doch Vorsicht: Das Fallbeil der PS kann jederzeit auf Lecornu fallen. Denn es hätte nur 18 Stimmen mehr gebraucht, und das Misstrauensvotum wäre verabschiedet worden. 

30 Milliarden

30 Milliarden Euro (rund 27,8 Milliarden Franken) – so viel will die Regierung im Haushalt einsparen, wie aus dem Haushaltsgesetzentwurf hervorgeht, den die Regierung am Montag ins Parlament eingebracht hat.

Kein Wunder: 30 Milliarden Euro liegen zwischen den 44 Milliarden Euro (41 Milliarden Franken), die der ehemalige Premierminister François Bayrou (74), der am 8. September nach einem Misstrauensvotum im Parlament zurücktrat, vorgeschlagen hatte, und den 22 Milliarden Euro (20,4 Milliarden Franken), die im Gegenentwurf der Sozialistischen Partei eingespart werden sollen.

Das Problem: Diese Zahl ist kaum haltbar, da der Haushalt mit Sicherheit geändert wird. Zur Erinnerung: Allein die Zinslast für die Schulden beläuft sich in Frankreich jedes Jahr auf fast 60 Milliarden Euro (56 Milliarden Franken). Davon ist man also weit entfernt. 

62 Jahre und 9 Monate

Dies ist das gesetzliche Renteneintrittsalter in Frankreich. Bis Januar 2028 liegt Macrons Rentenreform dank Lecornu erst mal auf Eis. Macron hatte im Frühjahr 2023 beschlossen, das Renteneintrittsalter schrittweise auf 64 Jahre anzuheben. Mindestens bis zu den Präsidentschaftswahlen im Mai 2027 bleibt die Reform ausgesetzt.

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Die Kosten für das Einfrieren der Reform werden auf drei bis vier Milliarden Euro geschätzt. Die Aussetzung wird jedoch erst wirksam, wenn der Sozialversicherungshaushalt verabschiedet wurde, da sie in Form eines Änderungsantrags der Regierung eingebracht wurde.

Offen bleibt, ob es eine vollständige Neuverhandlung geben wird, um das derzeitige Umlageverfahren zu ändern – beispielsweise durch die Einführung eines kapitalgedeckten Anteils. Fraglich bleibt auch, ob man zur Reform von 2023 zurückkehrt, wenn der Haushalt nicht angenommen wird.

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