Darum gehts
- Passagierflugzeug in Russland abgestürzt
- Fast 50 Personen an Bord
- Flugzeug war vergleichsweise alt
Im fernen Osten Russlands ist am Donnerstag ein Passagierflugzeug des Typs Antonow An-24 vom Radar verschwunden und abgestürzt. Rund 50 Personen sind an Bord. Den Absturz in der Oblast Amur vermeldete der russische Zivilschutz. Demnach wurde der brennende Rumpf des Jets rund 15 Kilometer vom Flughafen der sibirischen Stadt Tynda entfernt lokalisiert. Die Maschine sei beim zweiten Anflug gewesen, als das Signal verschwand, teilten die Behörden mit. Zuvor habe die Crew aber keine Probleme mit dem Flugzeug gemeldet.
Das Flugzeug gehört der sibirischen Fluggesellschaft Angara. Gestartet war es in der rund 1300 Kilometer entfernten Grossstadt Chabarowsk nahe der Grenze zu China. Nach einem Zwischenstopp in der Grenzstadt Blagoweschtschensk sollte es schliesslich in Tynda landen.
Zwei Kinder an Bord
Die russische Luftfahrtbehörde machte zunächst keine Angaben zur Zahl der Insassen der Unglücksmaschine. Laut Gouverneur Orlow starben 48 Menschen bei dem Absturz. Er hatte zuvor von 49 Insassen gesprochen, darunter fünf Kinder und sechs Besatzungsmitglieder. Die Nachrichtenagentur Tass berichtete dagegen unter Berufung auf die Einsatzkräfte, dass sich möglicherweise 46 Menschen an Bord befunden hätten, darunter zwei Kinder und sechs Besatzungsmitglieder. Die russische Eisenbahngesellschaft teilte mit, fünf ihrer Angestellten hätten sich an Bord des Flugzeugs befunden.
Wie chinesische Staatsmedien berichteten, war auch mindestens ein chinesischer Staatsbürger an Bord. Chinas Präsident Xi Jinping (72) bekundete Kreml-Chef Wladimir Putin (72) nach dem Unglück demnach sein «tiefes Beileid».
Rettungsarbeiten erschwert
Nach Behördenangaben überlebte niemand den Absturz. «Der Bodentrupp des Katastrophenschutzes untersucht den Absturzort des Flugzeugs vom Typ An-24 und führt die Sucharbeiten fort», heisst es in einer Mitteilung der Behörde.
Der Nachrichtenkanal «RBK» meldete am Freitagvormittag Schweizer Zeit, dass an der Absturzstelle die Flugschreiber gefunden wurden. Sie sollen nun nach Moskau geliefert und dort ausgewertet werden.
Die Rettungsarbeiten wurden durch die dort vorherrschende Moor- und Taigalandschaft erschwert. «Der Helikopter mit den Rettungskräften kann bisher nicht im Absturzgebiet landen – es handelt sich um ein schwer zugängliches Gebiet, einen Berghang», sagte ein Sprecher der örtlichen Notrufzentrale der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Die Gegend ist nur sehr dünn besiedelt. Die Einsatzkräfte hoffen, bis zum Sonnenuntergang zur Unfallstelle vordringen zu können.
«Die Bedingungen waren nicht gut für einen Flug»
Zur Unglücksursache machten die russischen Behörden zunächst keine Angaben, die Luftfahrtbehörde leitete eine Untersuchung wegen «Regelverstössen» ein, wie die Sprecherin des russischen Ermittlungskomitees, Swetlana Petrenko, mitteilte. Der Firmensitz der Fluggesellschaft Angara Airlines in Irkutsk in Sibirien werde untersucht, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Ermittlungskomitee.
Dem Direktor der Airline zufolge war das Flugzeug wegen schlechter Wetterbedingungen zwei Stunden zu spät abgehoben. «Die Bedingungen waren nicht gut für einen Flug», sagte er dem Sender REN TV. Der Pilot habe beschlossen, trotzdem abzuheben. Es habe sich um einen erfahrenen 61-jährigen Piloten gehandelt.
Flugzeug war 50 Jahre alt
Die An-24 ist eines der ältesten noch betriebenen Passagierflugzeuge weltweit. Die Serienproduktion begann Anfang der 1960er-Jahre. Die Unglücksmaschine selbst war Medienberichten zufolge knapp 50 Jahre alt. Demnach war die Fluglizenz aber noch bis 2036 gültig.
Der russische Luftfahrtsektor hat zunehmend Probleme, auch weil die westlichen Industrieländer nach Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs gegen die Ukraine Sanktionen gegen die Branche verhängt haben. Putin wurde am Donnerstag über den Crash informiert.
Die Staatsanwaltschaft hat nach dem Absturz ein Strafverfahren gegen die Fluggesellschaft Angara wegen des Verstosses gegen Sicherheitsbestimmungen eingeleitet. Das Flugzeug selbst soll allerdings unmittelbar vor dem Abflug überprüft worden sein. Sicherheitsmängel wurden demnach nicht festgestellt.
Boulevardzeitung heizt Spekulationen an
Die russische Zeitung «Komsomolskaja Prawda» schrieb hingegen unter Berufung auf den Bruder eines Bordmechanikers, dass es technische Probleme gegeben habe. «Sie haben die irgendwie gelöst.» Dann sei der Flug wegen Wetterkapriolen verzögert worden, zitiert die Nachrichtenagentur Keystone SDA.
Die Freundin des Bordmechanikers allerdings widersprach dieser Darstellung. «Er hat geschrieben, dass ein anderes Flugzeug Defekte hatte, nicht seins. Über seins hat er nichts geschrieben, alles wie normal», zitierte das russische Blatt die junge Frau.
Menschliches Versagen oder technische Panne
Der Zivilschutz nannte als wahrscheinlichste Unglücksursache menschliches Versagen. Die Piloten hätten bei schlechtem Wetter wohl die Höhe falsch eingeschätzt und eine Baumkrone gestreift. Das Ermittlungskomitee betonte derweil, beide Versionen zu untersuchen. Neben menschlichem Versagen werde auch untersucht, ob technische Fehler zu der Katastrophe führten.