Darum gehts
- Phänomen «Fail Watching»: Schadenfreude am Scheitern von Arbeitskollegen nimmt in toxischem Arbeitumfeld zu
- Besonders die Generation Z versucht, die eigene Unsicherheit zu umgehen
- Besser auf eigene Stärken fokussieren und Fehler als Lernchance betrachten
Beschäftigte schauen genüsslich zu, wie ihre Kollegen Fehler machen. Das Phänomen heisst «Fail Watching» und scheint vor allem unter der jüngeren Generation verbreitet zu sein. Wie das Magazin «Forbes» schreibt, zeigt eine aktuelle Umfrage von EduBirdie, dass 34 Prozent der Generation Z zugeben, sich insgeheim über die Fehler anderer zu freuen.
In diesem Arbeitsumfeld entsteht «Fail Watching»
Doch was begünstigt das Phänomen, und warum scheint gerade die Gen Z Freude am Scheitern ihrer Kollegen zu empfinden? Blick hat nachgefragt. Evelyn Wenzel (49), Organisationsberaterin und Geschäftsführerin der Stärkenschmiede GmbH, beobachtet das «Fail Watching» vor allem in Organisationen, in denen es an einer positiven und wertschätzenden Arbeitskultur mangle.
«Wenn hoher Druck herrscht, Fehler sanktioniert werden, Führung direktiv und eher autoritär gelebt wird: Dann ist sich jeder selbst der Nächste», sagt Wenzel zu Blick. Die Folge: Es fehle an psychologischer Sicherheit, und das zeige sich unter anderem in Schadenfreude.
Bei jungen Arbeitnehmern herrscht Unsicherheit
Hinzu kommen hohe Erwartungen an Arbeitnehmer. «Wir haben eine Ära der Selbstoptimierung und hoher Ansprüche geschaffen. Es ist vor allem für die junge Generation schwer geworden, dem gerecht zu werden», erklärt die Expertin. Und gerade wer sich deshalb unsicher fühle, empfinde Erleichterung, dass andere auch nicht perfekt seien und Fehler machten.
Als Hauptursachen dafür nennt Wenzel Unsicherheiten über die eigenen Kompetenzen, mangelndes Selbstbewusstsein, ein eher negativ geprägtes Umfeld, narzisstische Ausprägungen und fehlende Werte.
Das steckt hinter der Schadenfreude
Doch was verlockt einen zur Schadenfreude? «Es ist einfacher, das Scheitern anderer zu feiern, statt sich selbst anzustrengen und die eigenen Stärken zur Entfaltung zu bringen. Man fühlt sich schnell besser, wenn jemand scheitert», erklärt die Organisationsberaterin.
Je eher man hingegen selbst etwas zum Gelingen bringe, desto weniger empfinde man Schadenfreude. «Ein erfolgreicher Sportler lacht keine Fitness-Newbies aus, sondern motiviert und bestärkt sie. Eine erfolgreiche Investorin erfreut sich auch nicht am Scheitern eines Investmentneulings, sondern gibt gerne Tipps, wenn die Person lernbereit ist.»
So wirkt man dem Phänomen entgegen
Darum rät Wenzel, Scheitern oder Fehler als Lernchance zu sehen. «In einem Arbeitsumfeld, in dem Fehler positiv thematisiert statt bestraft werden, entsteht mehr Vertrauen und Mut», betont die Expertin. Es gehe darum, aus einem Fehler zu lernen – damit sich dieser nicht wiederhole.
Wichtig sei auch, den Fokus auf die eigenen Stärken und das Gelingende zu legen. Statt sich an Defiziten festzuhängen, könnten sich Kollegen in ihren individuellen Stärken ergänzen und gegenseitig unterstützen. «Auch klar gelebte Werte wie Wertschätzung, offene Kommunikation und Vertrauen schaffen ein Gerüst, das Sicherheit im Umgang miteinander fördert», beschreibt Wenzel ein unterstützendes Arbeitsumfeld.