Darum gehts
- Schweizer in Manila verhaftet, droht Ausweisung wegen Verdacht auf Sexualdelikte
- Reto S. bestreitet Vorwürfe, erhebt Anschuldigungen gegen Aargauer Staatsanwaltschaft
- 66-Jähriger hat zwei frühere Verurteilungen wegen Sexualdelikten in der Schweiz
Reto S.* (66) geht es nicht gut. «Wenn man mich nicht in die Schweiz zurückholen wird, werde ich mein Leben hier beenden», erklärt er in seiner Gefängniszelle in der Haftanstalt der philippinischen Einwanderungsbehörde in Bicutan, das zur Metropolregion der Hauptstadt Manila gehört.
Der Schweizer war am 29. September am Flughafen Ninoy Aquino angehalten worden. Gemäss den philippinischen Behörden wurde er verhaftet, als er nach Bangkok (Thailand) abfliegen wollte. Hintergrund ist der Verdacht, dass er in Sexualdelikte gegen Kinder involviert sein könnte.
Konkret berufen sich die philippinischen Behörden auf zwei frühere Verurteilungen wegen Sexualdelikten in der Schweiz aus den Jahren 2017 und 2021. Zudem läuft aktuell im Kanton Aargau ein neues Verfahren gegen S. – im Zusammenhang mit dem Besitz und der Verbreitung von kinderpornografischem Material.
«Einfach eine Asienreise machen»
Reto S. kontaktierte Blick per E-Mail. Auf demselben Weg beantwortete er danach einige Fragen und schickte Fotos aus dem Gefängnis. Er erklärt, dass er nach seiner Entlassung aus dem Massnahmenvollzug einen Tapetenwechsel wollte. «Nach zweijähriger Haft wollte ich eine Asienreise machen», schreibt er. «Ich habe sie Anfang Jahr vorab gebucht und auch voll bezahlt, bei Hotelplan in Sursee.»
Auf dieser Reise habe er in Kambodscha eine neue Freundin kennengelernt – «33 Jahre jung». Mit der Frau habe er sich verlobt. Reto S. erklärt, dass er gerade nach Bangkok reisen wollte, um seine Verlobte zu besuchen. «Da wurde ich am Flughafen von Manila verhaftet.»
Gegenüber der Aargauer Staatsanwaltschaft erhebt S. aus der Haft heftige Vorwürfe. Diese habe Lügen über ihn in Umlauf gebracht. «Sie haben mich menschlich erniedrigt.» Der Aargauer Staatsanwalt habe behauptet, er würde in Asien Kinder sexuell ausbeuten und erniedrigen. «Der Staatsanwalt hatte dies nur gemacht, damit er einen internationalen Haftbefehl erlassen konnte.» Der betreffende Staatsanwalt sei bekannt dafür, Menschen zu demütigen. «Er hat mich psychisch fertiggemacht», so S. «Mir wird im asiatischen Raum nichts zur Last gelegt.»
Reto S. soll Einreise-Bann erhalten
Tatsächlich aber hatte die Aargauer Staatsanwaltschaft keinen internationalen Haftbefehl ausgestellt, wie Adrian Schuler, Mediensprecher der Oberstaatsanwaltschaft, erklärt. Auch habe man keinen Antrag auf Auslieferung gestellt. Die philippinischen Behörden seien aufgrund der ihnen vorliegenden Informationen selbstständig tätig geworden.
Auf den Philippinen gibt es ein striktes Vorgehen gegen Verdächtige im Zusammenhang mit Sexualdelikten gegen Kindern, das den Namen «Project #Shieldkids» trägt. Die Philippinen kündigten bereits an, dass Reto S. auf eine Blacklist gesetzt wird: Nach seiner bevorstehenden Ausweisung werde er nicht mehr ins Land einreisen dürfen.
Die Staatsanwaltschaft mehrmals versetzt
Im Rahmen der Kinderporno-Ermittlungen hatte Reto S. im Kanton Aargau mehrere Vorladungen der Staatsanwaltschaft sausen gelassen. Er erklärt, dass er einfach bereits auf Reisen gewesen sei. «Nur damit der Staatsanwalt mich in die Schweiz holen konnte, verbreitete er menschenverachtende Lügen», behauptet S.
Dabei ist anzunehmen, dass der Verdächtige nicht einfach eine gewöhnliche Asien-Ferienreise plante. Blick hat erfahren, dass er bereits im Massnahmenvollzug gegenüber anderen Häftlingen angetönt hatte, dass er sich den Behörden entziehen und nach Thailand absetzen werde.
Aargauer Ermittlungen laufen noch
Der 66-Jährige erklärt, dass er sich «nicht auf die Schweizer Botschaft in Manila berufen» könne. Auf Anfrage erklärte das Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), dass die zuständige Schweizer Botschaft in Kontakt mit den lokalen Behörden stehe – und auch Reto S. im Rahmen des konsularischen Schutzes unterstütze.
Die Aargauer Ermittlungen zu Reto S. sind noch nicht abgeschlossen. Gemäss Mediensprecher Schuler gab es dort vor seiner Ausreise nicht genügend Anhaltspunkte, die eine U-Haft des Verdächtigen gerechtfertigt hätten.
Inzwischen ist jedoch klar, dass mindestens Fluchtgefahr besteht. Wenn S. also von den philippinischen Behörden in die Schweiz ausgeschafft wird, dann könnte ihm hier die Verhaftung drohen.
* Name geändert