Durchbruch in Forschung
Briten verwenden DNA von drei Menschen für gesunde Babys

Acht gesunde Babys wurden in Grossbritannien dank einer innovativen DNA-Technik geboren. Die Methode nutzt genetisches Material von drei Personen, um seltene Erbkrankheiten zu verhindern. Kritiker äussern jedoch ethische Bedenken.
Publiziert: 15:35 Uhr
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Aktualisiert: 16:44 Uhr
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Beim Pronukleustransfer im Labor beginnt alles mit der künstlichen Befruchtung zweier Eizellen – eine stammt von der Mutter, eine andere von einer gesunden Spenderin.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Forschungsdurchbruch: Gesunde Babys mit DNA von drei Menschen geboren
  • Technik verhindert Übertragung von bestimmten Erbkrankheiten
  • Acht gesunde Babys in Grossbritannien mit dieser Methode geboren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marian NadlerRedaktor News

Es ist ein sensationeller Durchbruch in der Forschung: In Grossbritannien sind mithilfe einer neuartigen, experimentellen Technik acht gesunde Babys geboren worden. Die Methode, die die DNA von drei Menschen verwendet, soll die Übertragung seltener, durch die Mitochondrien bedingter Erbkrankheiten verhindern. Das berichtet die Nachrichtenagentur AP am Mittwoch unter Berufung auf Wissenschaftler.

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Hinter dem Erfolg stehen Experten der britischen Newcastle University und der australischen Monash University. Schon 2023 wurden die ersten mit dieser Technik «gezüchteten» Babys geboren. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie funktioniert die Technik?

Diese Grafik erklärt den Pronukleustransfer.
Foto: Blick-Grafik / Priska Wallimann

Der Vorgang des Pronukleustransfers läuft so ab: Die Eizelle der Mutter wird im Labor mit dem Sperma des Vaters befruchtet. Kurz nach dem Befruchtungsvorgang gibt es zwei Minikernchen im Ei, sogenannte Pronuklei – je eines von Mutter und Vater. Im nächsten Schritt wird die Eizelle einer anderen Frau mit gesunden Mitochondrien befruchtet – aber die Schlüssel-DNA wird entfernt. Das Ei ist somit nur eine leere Hülle. Die Schlüssel-DNA funktioniert wie ein Lichtschalter, der Gene aktiviert oder deaktiviert.

Im dritten Schritt werden die beiden Pronuklei von Mutter und Vater vorsichtig aus dem befruchteten Ei entnommen und in das entkernte Spender-Ei eingesetzt. Dieses Ei enthält jetzt die ganze Erbinformation der Eltern aus den Pronuklei, aber gesunde Mitochondrien der Spenderin. Wenn daraus ein Baby entsteht, trägt es das Erbgut von Mutter und Vater – aber ohne Erkrankungen, die sonst durch die defekten Mitochondrien weitergegeben worden wären.

Könnte die Technik auch in der Schweiz zum Einsatz kommen?

In der Schweiz ist der Pronukleustransfer derzeit nicht erlaubt, er fällt unter verbotene Eingriffe in das menschliche Erbgut und in menschliche Embryonen. Paare mit mitochondrialen Erbkrankheiten müssen ins Ausland ausweichen, wenn sie diese Technik nutzen möchten. Gesetzlich erlaubt ist der Eingriff ausser in Grossbritannien auch in Australien.

Das sind Mitochondrien

Grob vereinfacht besteht eine menschliche Zelle aus einem Zellkern mit der DNA und vielen Mitochondrien. Diese produzieren ­unter anderem ein Molekül namens ATP, den Treibstoff der Zellen. Sie benötigen dazu Sauerstoff, Fett und/oder Kohlen­hydrate. Dieser Vorgang wird auch ­Elektronentransport, Atmungskette oder Beta-Oxidation (Fettverbrennung) genannt. Muskel- und Nervenzellen mit hohem ­Energiebedarf haben oft ­Hunderte von Mitochondrien. Sie sind ursprünglich Bakterien und ­haben ihre eigene DNA mit 37 Genen. Zwischen der DNA der Zelle und den Mitochondrien ­besteht eine ständige ­Wechselwirkung.

Grob vereinfacht besteht eine menschliche Zelle aus einem Zellkern mit der DNA und vielen Mitochondrien. Diese produzieren ­unter anderem ein Molekül namens ATP, den Treibstoff der Zellen. Sie benötigen dazu Sauerstoff, Fett und/oder Kohlen­hydrate. Dieser Vorgang wird auch ­Elektronentransport, Atmungskette oder Beta-Oxidation (Fettverbrennung) genannt. Muskel- und Nervenzellen mit hohem ­Energiebedarf haben oft ­Hunderte von Mitochondrien. Sie sind ursprünglich Bakterien und ­haben ihre eigene DNA mit 37 Genen. Zwischen der DNA der Zelle und den Mitochondrien ­besteht eine ständige ­Wechselwirkung.

Welche ethischen Bedenken gibt es?

Die Technik verändert die DNA, die weitervererbt wird. Deshalb ist nicht nur das Kind betroffen, sondern auch dessen Nachkommen. Kritiker warnen vor unkontrollierbaren Langzeitfolgen, die heute noch nicht abschätzbar sind. Für sie stellt der Pronukleustransfer zudem einen Schritt hin zu Designerbabys dar, bei denen unzählige Gene auf Wunsch der Eltern hin verändert werden könnten. Auch solche, die nicht die Gesundheit des Kinds betreffen.

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