Darum gehts
- Drohnen über Flughäfen in Kopenhagen und Oslo geben Rätsel auf
- Putin nutzt Vorfälle, um Europäer zu verunsichern und abzulenken
- Polen reagiert mit neuer Strategie auf die anhaltenden Provokationen
Sie kamen aus dem Nichts – und sie verschwanden im Nichts. Die Drohnen über den Flughäfen in Kopenhagen und Oslo geben Rätsel auf. Und sie geben Anlass zu allerlei Spekulationen – angeheizt vom ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47), der in einem Social-Media-Post von einem «Verstoss Russlands» gegen den Nato-Luftraum in Kopenhagen sprach.
Weder die dänische noch die norwegische Polizei haben sich zu möglichen Drohnenpiloten oder -Typen geäussert. Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen (47) sprach am Dienstagmorgen von einem «Anschlag», ohne Verantwortliche zu nennen. So oder so spielen die skandinavischen Vorfälle einmal mehr Wladimir Putin (72) in die Hände. Er hat einen neuen Weg gefunden, die lästigen Europäer auszubremsen. Und noch etwas dürfte den russischen Machthaber an den Dänen-Drohnen richtig freuen.
Genau wie schon die Hackerangriffe auf die Flughäfen in Berlin und Brüssel vergangene Woche (Urheberschaft ebenfalls unklar) führten auch die Rätsel-Drohnen in Oslo und Kopenhagen zu massiven Störungen und Verspätungen im Flugverkehr. Russische Kanäle zeigten die Bilder der wartenden und verunsicherten Menschen an Europas Luftfahrt-Hubs rauf und runter.
Was Putin den Russen damit sagen will
Die Russen kennen diese Bilder aus eigener Erfahrung: Seit Monaten kommt es im Riesenreich regelmässig zur Lahmlegung ganzer Flughäfen, die von Cyberattacken oder technischen Problemen heimgesucht werden. Die Botschaft, die das Regime seinen 144 Millionen Bürgern jetzt senden will, ist klar: Schaut her, auch die da drüben im Westen stehen Schlange. Alles normal, alles gut.
Normal und gut ist in Europas Nervenzentren derweil grad gar nichts. Nach den Luftraumverletzungen durch russische Drohnen in Polen und Rumänien und dem jüngsten Vordringen raketenbestückter russischer Kampfjets in den estnischen Luftraum ist der Puls in den Generalstäben deutlich erhöht.
Nicht, dass solche taktischen Nadelstiche neu wären. Seit Jahren vermelden vor allem die baltischen Staaten sowie Finnland immer wieder Luftraumverletzungen durch russische Flugobjekte. Bisheriger Höhepunkt der Russen-Sabotage: Im Sommer letzten Jahres brannte in Deutschland eine Waffenfabrik. Moskau tut, was es seit sowjetischen Zeiten immer schon tat: Mit den Schultern zucken, verneinen, weitermachen.
Den «Nebel des Krieges», die Unsicherheit über das, wer genau und warum genau solcher Verwirrungsaktionen, nutzt der Kreml, um von den eigentlichen Übeltaten seiner Schergen in der Ukraine abzulenken. Solange Europa mit ein paar Drohnen von den anhaltenden Gewalttaten russischer Soldaten im Donbass, den laut ukrainischen Angaben fast 20'000 nach Russland entführten Kindern und den Propaganda-Lügen über die vermeintliche Bereitschaft Moskaus zu ernsthaften Friedensgesprächen ablenken kann, darf sich Putin entspannt zurücklehnen.
Nato-Abschreckung? Funktioniert nicht
Europa nervös halten: Das ist alles, was Putin tun muss, um seine Soldaten ungestört weiter für seine Grossmachtfantasien in den Tod schicken zu können. Nervosität, zeigen psychologische Studien, führt fast immer zu Fixierung auf angstmachende Worst-Case-Szenarien, zu erhöhter Angst, Verzweiflung.
Das kann sich die alte Welt nicht leisten. Abschreckung wäre das Gebot der Stunde. Genau hier aber sehen Experten Europa im Abseits. Der deutsche Politologe und Sicherheitsexperte Carlo Masala (57) etwa warnt auf X eindringlich davor, sich von Vorfällen wie den Drohnen in Skandinavien die Sinne verwirren zu lassen: «Wir müssen uns fragen, wie wir wieder abschreckend wirken können und damit aufhören, uns mit dem erfolgreichen Verwalten solcher Vorfälle zufriedenzugeben.»
Washington. Und da wiederholt Donald Trump (79) bislang bloss die russischen Standpunkte, dass es sich bei den Drohnen über Osteuropa wahrscheinlich um «unbeabsichtigte Vorfälle» gehandelt habe.
Polen an Russland: «Wir werden schiessen»
Mut macht diesbezüglich der Tonfall, den Warschau diese Woche angeschlagen hat. «Ich wills klar und deutlich sagen», betonte Ministerpräsident Donald Tusk (68). «Wir werden Flugobjekte, die unseren Luftraum verletzen, abschiessen. Wir werden nicht diskutieren.»
Am Montag legte der polnische Aussenminister Radoslaw Sikorski (62) bei einer Sitzung des Uno-Sicherheitsrates nach. «Wenn nochmals eine russische Rakete oder ein Flugzeug unerlaubterweise in unseren Luftraum eindringt, ob absichtlich oder versehentlich, und wenn dieses Flugzeug dann abgeschossen wird, dann kommt ja nicht hierher und jammert», sagte Sikorski an die Adresse der Russen. «Ihr seid gewarnt.»