Darum gehts
Nach den schweren Treffern auf iranische Atomanlagen droht das Regime in Teheran mit schwerer Vergeltung und mit «dauerhaften Folgen». Es warnt die USA, dass sie sich «selbst direkt in Gefahr» gebracht hätten.
Doch die Mullah-Truppen sind nach den massiven israelischen Schlägen in den vergangenen Tagen und dem amerikanischen Angriff in der Nacht auf Sonntag stark geschwächt. Kommen dem Regime nun Russland, China und Nordkorea zu Hilfe?
Die Aktion «Mitternachtshammer» der USA hat den Iran vor allem in einem Punkt massiv zurückgeworfen: Sind die Nuklearanlagen tatsächlich zerstört oder massiv beschädigt worden, fällt die Atombedrohung der Iraner weg. Teherans offen ausgesprochenes Ziel, Israel zu vernichten, ist somit in weite Ferne gerückt. Ausser: Der Iran verfügt über Atomanlagen, die noch funktionieren oder geheim gehalten worden sind.
Raketenarsenal schwindet
Die Angriffe Israels in den vergangenen zehn Tagen haben zudem die bisher schon veraltete iranische Luftwaffe schwer beschädigt und die Raketenstrategie – bisher eine Stärke des Mullah-Staats – ins Wanken gebracht. Das Raketenarsenal wurde noch vor kurzem auf rund 3000 Stück geschätzt. Israel behauptet, rund 40 Prozent der Raketen und rund zwei Drittel der Abschussrampen bei Luftangriffen zerstört zu haben. Zudem hat Teheran seit Ausbruch des direkten Kriegs zwischen den beiden Staaten bereits wieder circa 500 Raketen Richtung Israel abgefeuert. Der Vorrat geht daher langsam zur Neige.
Stärke zeigen die Iraner gerade noch in Bereichen, die nicht direkt die militärischen Fähigkeiten betreffen. Hier haben sie noch zwei heimtückische Trümpfe im Ärmel: Mit Hackerangriffen auf den saudischen Ölriesen Aramco und ein israelisches Wasseraufbereitungssystem signalisierten sie, dass sie im Cyberbereich zugelegt haben. Zudem haben die Islamisten weltweit fanatische Anhänger, die jederzeit Attentate auf Einrichtungen oder Personen aus verfeindeten Staaten verüben könnten.
Verbündete Milizen zu schwach
Bleibt die Frage, wer die Iraner bei der Umsetzung ihrer Drohungen noch unterstützen könnte. Die altbekannten Verbündeten Hamas, Huthi und Hisbollah sind es kaum – zu geschwächt sind sie nach Angriffen der Israelis und Amerikaner. Mit Bange fragt man sich daher, ob Irans Freunde in Russland, China oder Nordkorea in den Krieg eingreifen könnten.
Russland hat die US-Angriffe «entschieden verurteilt» und verlangt eine Reaktion des Uno-Sicherheitsrats und der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA). Auch China bezeichnet den Angriff als Verstoss gegen die Uno-Charta.
Greifen Russland und China ein?
Marcel Berni, Strategieexperte an der ETH-Militärakademie, sagt gegenüber Blick: «Ich gehe davon aus, dass Russland und China diplomatisch weiterhin den Iran verteidigen und das amerikanische und israelische Eingreifen verurteilen. Eine direkte Intervention sehe ich aber derzeit nicht.»
Wie bereits beim Fall von Assad in Syrien oder dem Angriff Aserbaidschans auf Armenien dürfte sich Russland laut Berni zurückhalten und auf die Ukraine konzentrieren. Dies, obwohl Moskau von den Iranern die wichtigen Shahed-Drohnen erhielt. In einem im Januar ratifizierten Vertrag über eine «umfassende strategische Partnerschaft» steht zudem nichts über eine militärische Beistandspflicht.
China hat bisher eine direkte Konfrontation mit den USA im Nahen Osten vermieden. Das Exportland fürchtet sich vor allem vor einem Zusammenbruch des Handels, wenn es selber in einen Krieg eingreifen würde. Berni: «Peking kooperiert zwar punktuell mit dem Iran, konzentriert sich aber militärisch auf Taiwan.»
Da wäre noch Kim Jong Un (41). Der nordkoreanische Diktator dürfte dem Iran möglicherweise mit Raketen-Nachschub unter die Arme greifen. Eine direkte militärische Unterstützung ist allerdings unwahrscheinlich, da Nordkorea keine Kapazitäten für einen Fernkrieg besitzt.
Berni bilanziert: «Der Iran ist weitgehend auf sich und auf das noch verbleibende Netzwerk an asymmetrischen Stellvertreterkräften angewiesen.»