Darum gehts
14 bunkerbrechende Bomben und 30 Marschflugkörper: In einem laut Militärexperte Marcel Berni (37) «historischen Angriff» hat US-Präsident Donald Trump (79) in der Nacht auf Sonntag iranische Uran-Anreicherungsanlagen in Fordo, Natans und Isfahan zerstören lassen.
Das iranische Regime hat sich – um seinen Standort nicht zu verraten – mit ausgeschalteten Mobiltelefonen in Bunker zurückgezogen. Aussenminister Abbas Araghtschi (62) drohte mit schwerer Rache: «Die Ereignisse von heute Morgen sind ungeheuerlich und werden dauerhafte Folgen haben.» Was passiert nun im Iran? Wir zeigen drei mögliche Szenarien.
Szenario 1 – das Regime knickt ein
Die Reaktion Teherans hängt davon ab, welchen Schaden die Israelis und Amerikaner dem Iran bisher zugefügt haben und welche Waffen noch intakt sind. Gemäss israelischen und amerikanischen Angaben sind bei den bisherigen Angriffen weite Teile des iranischen Atomprogramms und der Raketenbasen zerstört worden. Ist dem tatsächlich so, bliebe dem Regime ohne Hilfe von aussen kaum eine andere Wahl, als den Weg zur Deeskalation zu suchen und auf Verhandlungen über das Atomprogramm einzugehen.
Denn auf Hilfe ihrer Verbündeten wie der Hisbollah, den Huthis oder der Hamas kann Teheran nicht mehr zählen. Marcel Berni, Stratege an der ETH-Militärakademie, sagt gegenüber Blick: «Der Iran sieht sich mit verschiedenen strategischen Problemen konfrontiert. Die von ihm aufgebaute ‹Achse des Widerstands› in Form nicht-staatlicher Milizen ist durch die israelischen Offensiven gegen Hisbollah und Hamas geschwächt.» Auch die Huthis im Jemen seien seit den amerikanischen Angriffen kraftlos.
Szenario 2 – asymmetrischer Krieg
Mit dem verbliebenen Waffenarsenal könnte der Iran mit letzter Kraft versuchen, dem Gegner grösstmöglichen Schaden zuzufügen. Doch die amerikanischen Basen in der Region und die Israelis verfügen über hochmoderne Abwehrsysteme, an denen ein Grossteil der iranischen Raketenangriffe scheitern würde.
Daher könnte der Iran auf andere Rachemittel ausweichen. Dazu gehört einerseits die Schliessung der von Teheran kontrollierten wichtigen Schiffsstrasse von Hormus, was den Handel weltweit beeinträchtigen und gerade Öl verteuern würde. Andererseits wären auch weltweite Attentate auf amerikanische Institutionen und Bürger ein relativ einfaches und wirksames Mittel.
Was auch immer folgt, Teheran müsste sich auf eine scharfe Reaktion der USA gefasst machen. Ali Bakir von der US-Denkfabrik Atlantic Council meint: «Es wäre ein selbstmörderisches Vorgehen, da die USA mit aller Gewalt zurückschlagen würden.»
Szenario 3 – die grosse Eskalation
Die iranische Führung hat auf den US-Angriff mit «dauerhaften Folgen» und «allen Optionen» für eine Reaktion gedroht. Das deutet darauf hin, dass das Regime gewillt ist, den Krieg gegen Israel und neu auch gegen die USA weiterzuführen. Es droht ein jahrelanger Krieg, so wie etwa in Afghanistan.
Dabei sind zwei Fragen entscheidend: Wird es dem Iran gelingen, Russland und China in den Krieg hineinzuziehen, wie das nun Israel mit den USA gelungen ist? Und wie weit ist das bisher bekannte iranische Atomprogramm tatsächlich zerstört worden? Sollte sich herausstellen, dass es zum Teil noch besteht oder der Iran über weitere, bisher unbekannte Anlagen verfügt, könnten die Mullahs, mit dem Rücken zur Wand, den Bau einer Bombe beschleunigen – mit allen Gefahren.
Sollte das Regime einknicken und Verhandlungen akzeptieren, wäre es laut Marcel Berni «auf Jahre hinaus nur noch ein Schatten seiner selbst». Bei Vergeltungsangriffen auf die USA dürfte der Krieg weiter eskalieren und die Instabilität in der ganzen Region zunehmen.
Berni bezeichnet den amerikanischen Angriff als «historisch». Es sei das erste Mal, dass die USA einen direkten militärischen Angriff auf den Iran ausüben. Berni: «Es ist ein Wendepunkt für Trump, der Amerika aus den Kriegen im Nahen Osten heraushalten wollte.»