Die amerikanischen Köpfe hinter einem möglichen Last-Minute-Zolldeal
Mit ihnen muss Bern jetzt blitzschnell verhandeln

Bundesrat und Schweizer Diplomaten haben seit Monaten mit Washington verhandelt – doch bisher in der Zollfrage keine Einigung erzielt. Könnte es nun innert wenigen Tagen klappen? Wir zeigen, wer auf amerikanischer Seite entscheidet – und was sie von der Schweiz halten.
Publiziert: 17:48 Uhr
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Aktualisiert: 19:05 Uhr
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Mit dieser Karte begann im April der Handelskrieg – nun muss die Schweiz spuren.
Foto: Brendan Smialowski

Ab Donnerstag, 7. August, sollen sie gelten – die 39 Prozent an Strafzoll, den die USA auf Importe auf der Schweiz erheben wollen. Bis dahin arbeitet Bundesbern noch an einem Deal – mit Hochdruck, auf allen diplomatischen Kanälen. Doch wer sitzt auf der anderen Seite des Verhandlungstischs? Wer entscheidet in Washington, ob Bern gehört wird oder abblitzt? Auf wen sind unsere Bundesräte und Top-Diplomaten angewiesen? Klar ist: Donald Trump (79) ist der Chef im Ring. Aber rund um ihn scharen sich alte Bekannte, harte Hunde und stille Strippenzieher. Wir zeigen, wer bei Zoll-Fragen in den USA den Ton angibt – und wie diese Köpfe zur Schweiz und zu Trumps Zollpolitik stehen.

Scott Bessent – der stille Strippenzieher mit Schweiz-Faible

Scott Bessent, Trumps Finanzminister, gilt als Stimme der Vernunft – und hat ein auffallend gutes Verhältnis zur Schweiz.
Foto: imago/UPI Photo

Finanzminister Scott Bessent (62) ist kein Lautsprecher – dafür umso einflussreicher. Als Ex-Hedgefondsmanager kennt er die Märkte wie seine Westentasche. Während Trump laut poltert, ist Bessent der Mann mit kühlem Kopf im Hintergrund. Er war es, der dem Präsidenten riet, die Deadline für Handelsabkommen zu verschieben – um echte Deals zu ermöglichen. Und: Er scheint ein Fan der Schweiz zu sein. Bei einem Auftritt im Juni lobte er öffentlich unsere «gemeinsamen Werte» – Demokratie, Föderalismus, Rechtsstaat. «Die Vereinigten Staaten und die Schweiz sind Schwesterrepubliken.» Wenn jemand in Washington noch ein gutes Wort für die Schweiz einlegt, dann er. Zudem kennt er mehrere Bundesräte persönlich – er reiste im Mai in die Schweiz, um Verhandlungen mit China zu führen.

Jamieson Greer – der Zoll-General

Als Handelsbeauftragter verteidigt Jamieson Greer die Strafzölle mit Verweis auf das riesige Handelsdefizit.
Foto: keystone-sda.ch

Wenn Trump den Zollknüppel schwingt, ist Jamieson Greer (46) der Mann, der trifft. Als Handelsbeauftragter führt er die Gespräche mit der Schweiz – und erklärt auch gleich, warum es jetzt 39 Prozent Zölle hagelt: «Ein Defizit von 40 Milliarden Dollar – mit einem Land mit 9 Millionen Einwohnern», sagt er ganz nüchtern. Die Hauptschuldige? Die Schweizer Pharma. Und Kompromissbereitschaft? Fehlanzeige. «Wir konzentrieren uns jetzt wirklich darauf, die Vereinbarungen umzusetzen», sagt Greer. Das ist Diplomatie auf Trumpsche Art: Wer nicht spurt, zahlt.

Greer spielt auch die Bedeutung der Absichtserklärung herunter, die der Bundesrat bereits genehmigt hatte. «Es ist nichts vereinbart, bis alles vereinbart ist.» Am Sonntag sagte Greer in einem Interview beim US-Sender CBS: «Diese Zölle sind so gut wie endgültig.» Auf die Frage nach möglichen Verhandlungen über eine Senkung sagte er, dass diese wahrscheinlich «in den nächsten Tagen» nicht stattfinden würden. Hoffnungen macht der Zoll-General der Schweiz also keine.

Howard Lutnick – der Deal-Maker im Handelsministerium

Vom Wall-Street-Chef zum Handelsminister: Trumps Deal-Maker glaubt an harte Verhandlungen – auch wenns für Partnerländer wie die Schweiz ungemütlich wird.
Foto: keystone-sda.ch

Howard Lutnick (64), einst Wall-Street-Mogul, heute Handelsminister im Trump-Kabinett, bringt das Denken der Finanzwelt direkt in die Politik. Als Chef von Cantor Fitzgerald war er bekannt für seinen harten Verhandlungsstil – jetzt setzt er ihn im globalen Handelsparkett ein. Lutnick gilt als absolut loyal zu Trump und teilt dessen Ansicht, dass Zölle ein legitimes Druckmittel sind. Öffentlich hat er sich bisher nicht zur Schweiz geäussert – doch als oberster Hüter des Handels dürfte seine Handschrift auch bei künftigen Entscheidungen über Schweizer Exporte spürbar sein.

Ed McMullen – der enttäuschte Freund

Der frühere US-Botschafter in Bern, Ed McMullen, hatte auf eine Sonderbehandlung für die Schweiz gehofft – vergeblich.
Foto: imago images / GFC Collection

Er war der Mann Washingtons in der Schweiz – von 2017 bis 2021. Heute hat Ed McMullen (61) zwar kein Regierungsamt mehr, aber weiterhin gute Drähte in die Trump-Welt. Und: Er hatte Hoffnung. Noch im April sagte er gegenüber Blick, Trumps zweite Amtszeit werde «sehr gut für die Schweiz». Tja – wie sich das Blatt gewendet hat. Die aktuellen Zölle haben McMullen wohl kalt erwischt. Öffentlich hat er sich dazu nicht mehr geäussert. Aber man darf vermuten: Auch für Trump-Vertraute ist die neue Zollpolitik nicht immer ganz nachvollziehbar.

Callista Gingrich (59) - die neue Botschafterin

Noch nicht im Amt, aber schon unter Druck: Die designierte US-Botschafterin soll Trumps Zollkurs mildern – und wird zur Hoffnungsträgerin in Bern.
Foto: IMAGO/Sipa USA

Sie soll bald Trumps Botschafterin in der Schweiz werden – und plötzlich ruhen viele Hoffnungen auf ihr. Callista Gingrich, Frau des Ex-Speaker Newt Gingrich, konservativ, katholisch, mit Schweizer Wurzeln, hat das Vertrauen des Präsidenten. Noch ist sie nicht im Amt, doch schon jetzt appelliert die Schweiz an sie: «Frau Botschafterin, stoppen Sie diesen Wahnsinn!», schrieb Blick in einem offenen Brief. Ob sie den 39-Prozent-Zollhammer noch verhindern kann? Offiziell schweigt sie – aber hinter den Kulissen könnte sie bald zur wichtigsten Frau in der Krise werden.

Peter Navarro – Der Zoll-Fanatiker vom Dienst

Peter Navarro: Der frühere Chefideologe von Trumps Wirtschaftspolitik sieht Zölle als patriotisches Pflichtprogramm.
Foto: keystone-sda.ch

Wenn es einen Chefideologen der Trump'schen Zollpolitik gibt, dann heisst er Peter Navarro (76). Einst Demokrat, heute glühender Trump-Anhänger. Für ihn sind Zölle kein Detail – sondern ein patriotischer Akt. Die USA seien «über den Tisch gezogen worden», sagt er, und sieht die Lösung in Handelskriegen. Seine Rhetorik: mehr Zweiter Weltkrieg als WTO. Er will die US-Industrie «zurückholen» – koste es, was es wolle. Auch wenn das heisst, die Schweiz mit 39 Prozent Zöllen zu belegen.

Donald Trump – der Endgegner

Mit seiner 39-Prozent-Zollkeule gegen Schweizer Exporte macht der US-Präsident klar: Verhandelt wird nur zu seinen Bedingungen.
Foto: Getty Images

Er hat es getan. Am 1. August zündete Donald Trump die Zoll-Bombe: 39 Prozent Strafzoll auf Schweizer Exportprodukte – wegen «massivem Handelsdefizit». Der Präsident will nicht verhandeln, sondern diktieren. Dabei war eine Einigung mit der Schweiz eigentlich längst bereit – doch Trump verweigerte im letzten Moment seine Unterschrift. «Ich habe gestern mit der Schweiz gesprochen – aber wir haben ein Defizit von 40 Milliarden. Das ist ein grosses Defizit», sagte er am Freitag. Jetzt läuft in Bern die Zeit: Bis Donnerstag hoffen die Diplomaten noch, den Präsidenten zum Einlenken zu bewegen. Doch für Trump ist die Schweiz kein Sonderfall, sondern nur ein kleines Kapitel in seinem Versuch, die globale Wirtschaft nach seinen Vorstellungen neu zu ordnen.

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