Darum gehts
Jubel brandet auf, als Donald Trump (79) am Montag das israelische Parlament betritt. «Trump! Trump! Trump!», rufen Abgeordnete, während Kameras blitzen und der US-Präsident genüsslich in die Menge winkt. Er wirkt wie ein Rockstar. Offiziell ist Trump nach Jerusalem eingeladen worden, um über Frieden zu sprechen – über den von ihm eingefädelten Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas und die Perspektiven für eine stabile Region. Doch was folgt, ist weniger Diplomatie als Inszenierung.
68 Minuten dauert Trumps Rede. Mal kämpferisch, mal pathetisch, immer selbstbewusst. Sechs Zitate machen klar, wie der Mann, der sich gern als «Dealmaker» bezeichnet, über die Zukunft des Nahen Ostens denkt – und über sich selbst. Wichtig ist aber auch, was er nicht sagt.
«Der Nahe Osten wird sicherer, stärkerer und wohlhabender sein als je zuvor»
Mit diesem Satz eröffnet Trump seine Vision. Der Nahe Osten, so verkündet er, stehe an der Schwelle zu einer neuen Ära. Kein Wort zu konkreten Massnahmen, keine Hinweise auf politische Roadmaps – aber eine grosse Erzählung vom Frieden, der aus Stärke entsteht. Für seine Anhänger klingt das nach Hoffnung. Für Beobachter nach einer wohlklingenden, aber hohlen Formel.
«Eine neue Koalition stolzer und verantwortungsvoller Nationen»
Hier greift Trump die Rhetorik der Abraham Accords auf – jener Normalisierungsabkommen zwischen Israel und arabischen Staaten, die während seiner ersten Amtszeit unterzeichnet wurden. Damals traten die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Marokko und Sudan bei. Doch zentrale Akteure wie Saudi-Arabien, Katar, Kuwait und der Irak fehlen bis heute. Trumps Rede klingt, als wolle er genau diese Lücke schliessen – als Visionär, nicht als Diplomat.
«Es ist das Ende des Zeitalters des Terrors und des Todes»
Ein Satz, der nach Epochenbruch klingt. Trump erklärt das Zeitalter des Terrors für beendet – eine Formulierung, die weit über den aktuellen Waffenstillstand hinausgeht. Sie passt zu seinem Stil: Konflikte sind für ihn keine komplizierten Realitäten, sondern Geschichten mit einem Happy End, in denen er gern selbst die Hauptrolle spielt.
«Warum begnadigen Sie ihn nicht einfach?»
Ein Moment, der Schlagzeilen machte. Mit einem Lächeln fordert Trump Israels Präsident Isaac Herzog (65) auf, Premier Benjamin Netanyahu (75) zu begnadigen – wegen dessen laufender Korruptionsverfahren. Eine spontane Bemerkung, halb Scherz, halb Loyalitätsbekundung. Sie zeigt, wie eng Trump und Netanyahu verbunden sind – und wie selbstverständlich Trump politische und diplomatische Tabus überschreitet, wenn es der Show dient: Er mischt sich ohne Hemmungen in Justiz-Angelegenheit anderer Staaten ein.
«Das war effizient»
So kommentierte Trump den Moment, als zwei linke Knesset-Mitglieder mit «Recognize Palestine»-Schildern aus dem Saal geführt werden. Der Satz fällt beiläufig – und doch verrät er viel. Für Trump ist Autorität stets auch Unterhaltung. Sichtbare Gewaltausübung stört ihn nicht. Ordnung wird zur Pointe.
«Steve, konzentrieren wir uns auf Russland.»
Der Satz fällt in einer seiner berüchtigten Abschweifungen – diesmal an seinen Vertrauten Steve Witkoff (68) gerichtet, als Trump plötzlich über Russland zu reden beginnt. Es ist ein typischer Trump-Moment: spontan, unberechenbar, persönlich. Die Grenze zwischen Rede, Smalltalk und Selbstdarstellung verschwimmt. Er zeigt auch: Trump hat weiterhin Grosses vor – als Nächstes möchte er augenscheinlich – also doch noch – den Ukraine-Krieg beenden.
Trump vermarktet sich selbst
Zwischen diesen Zitaten schweift Trump ab. Trump verliert kein Wort über die noch offenen, komplexen Detailfragen im Friedensprozess – oder über die Zukunft der Zweistaatenlösung. Stattdessen schmäht er über Joe Biden (82) und Barack Obama (64), Russland und seine Tochter Ivanka (43). Der Teleprompter läuft, doch er redet längst frei – improvisierend, charmant, laut. Es ist weniger eine Rede über Frieden als eine Performance über Stärke, Loyalität und Charisma.
Am Ende verspricht er, «ein Vermächtnis, auf das alle Menschen dieser Region stolz sein können» zu hinterlassen. Trumps Knesset-Auftritt war kein nüchterner diplomatischer Appell, sondern ein Stück politische Selbstvermarktung – getragen vom Glauben, dass ein grosser Auftritt manchmal mehr bewirken kann als jede Vereinbarung auf Papier.