Darum gehts
- Polen rüstet massiv auf und wird zur drittgrössten Nato-Armee
- Enge Zusammenarbeit mit Südkorea bei militärischer Ausstattung und Modernisierung
- Militärausgaben sollen auf 4,8 Prozent des BIP steigen
Bis vor wenigen Jahren war Polen militärisch eher ein Leichtgewicht. Das begann sich zu ändern, nachdem Russland 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte. Diese Einverleibung von ukrainischem Boden war für das Land an der Nato-Ostflanke ein Weckruf. Warschau begann aufzurüsten und legte nochmals Schub nach, als der russische Machthaber Wladimir Putin (72) sein wahres Gesicht zeigte und 2022 die Ukraine mit Gewalt überfiel.
Polen hat sich zum Ziel gesetzt, die Armee bis 2035 von heute rund 220’000 auf 300’000 Soldaten aufzustocken. Damit würde das Land innerhalb von zehn Jahren von der neuntgrössten zur drittgrössten Armee der Nato aufsteigen – hinter den USA und der Türkei. Gleichzeitig werden auch die Militärausgaben von 4,2 Prozent (2024) auf 4,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigen. Es ist der höchste Wert innerhalb des westlichen Militärbündnisses.
Moderne Technik aus Südkorea
Auch beim Material hat sich Polen einen massiven Schub gegeben. Dabei setzt das Land auf eine enge Zusammenarbeit mit Südkorea. Die letzten Su-22-Kampfjets aus der Sowjetzeit wurden durch südkoreanische KAI FA-50 und amerikanische F-35-A ersetzt. Die Landstreitkräfte werden mit Hunderten von südkoreanischen K2 Black Panther-Panzern und bestehenden Leopard 2 zu einer der grössten Panzerarmeen ausgebaut. Auch die Luftabwehr ist, wie sich in der Nacht auf Mittwoch gezeigt hat, auf dem neuesten Stand. Die alten Bestände haben mit der Ukraine eine dankbare Abnehmerin gefunden.
2024 hat Polen die «East Shield»-Initiative ins Leben gerufen, um seine östlichen Grenzen mit Belarus und der russischen Exklave Kaliningrad zu sichern. Das Programm umfasst den Bau von Verteidigungsanlagen, Überwachungssystemen und weiterer Infrastruktur.
Putin fernhalten
Mit seiner militärischen Offensive ist Polen der zentrale Akteur der Nato an der Ostflanke geworden – da, wo Putin neben seinem Krieg in der Ukraine an der Grenze zur EU züngelt. Seine Absicht ist klar: Er will den ehemaligen sowjetischen Einfluss wiederherstellen und somit Länder wie die Ukraine, Polen und die baltischen Staaten einverleiben.
Den grossen Plänen von Polen kommt allerdings die demografische Entwicklung in die Quere. Die Bevölkerung schrumpft. Auch fehlt es noch teilweise an genügend Munition und eigenen Rüstungsbetrieben. Dem soll abgeholfen werden.
Polen meint es ernst
Auch ist klar, dass Polen alleine niemals russische Truppen aufhalten kann. Marcel Hirsiger, Osteuropaexperte an der Fachhochschule Nordwestschweiz, sagt gegenüber Blick: «In Warschau ist man sich bewusst, dass eine glaubwürdige Abschreckung nur mit der Unterstützung der USA funktioniert. Diese ist in den vergangenen Monaten aber auf die Probe gestellt worden.» Zudem habe Polen immer wieder deutlich gemacht, dass es beispielsweise nicht in der Lage sei, Friedenstruppen in die Ukraine zu schicken, weil die primäre Aufgabe der eigenen Armee die Sicherung der polnischen Grenzen sei.
Georg Mader, Autor beim österreichischen «Militär aktuell» kommt zum Fazit: «Am Ende steht ein mutiger Plan – visionär, aber auch risikobehaftet. Ob er dauerhaft politisch und gesellschaftlich getragen werden kann, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur: Polen meint es ernst – sehr ernst.»