Darum gehts
- Drohnen über Polen abgeschossen. Nato-Partner informiert und Luftraumüberwachung erhöht
- Verdacht auf Russland als Urheber. Mögliche Ziele: Spionage oder Systemtests
- Mehrere US-Politiker sehen Vorfall als Test der Nato-Entschlossenheit
Ein Surren in der Nacht. Dann ein lauter Knall. Im Osten Polens sind in der Nacht auf Mittwoch mehrere Drohnen vom Himmel geholt worden, bevor sie tiefer ins Landesinnere vordringen können. Mindestens zehn der feindlichen Flugobjekte sollen abgeschossen worden sein, wie das Nachrichtenportal Nexta berichtet.
Bereits vor knapp drei Wochen explodierte ein mutmassliches Flugobjekt auf einem Feld bei Lublin. Polens Verteidigungsminister Wladislaw Kosiniak-Kamysz (44) schloss auch damals Sabotage oder russische Beteiligung nicht aus. Die Angst vor hybrider Kriegsführung wächst.
Viele Fragen sind nach dem erneuten Angriff auf Polen noch offen – Blick zeigt mögliche Szenarien und die Reaktionen der Nato-Verbündeten.
Wer steckt hinter dem Angriff?
Offiziell hat sich niemand zu den Drohnen bekannt. Doch der Verdacht fällt erneut auf Russland – wie schon bei früheren Vorfällen. Polen selbst spricht von einem «Akt der Aggression» und informierte umgehend die Nato, wie Ministerpräsident Donald Tusk auf X bestätigte. Später am Morgen bestätigte Tusk auf X: «Gestern Abend wurde der polnische Luftraum von einer grossen Anzahl russischer Drohnen verletzt.» Laut Reuters wurden die Flugobjekte in der Nähe der ukrainischen Grenze abgefangen, zeitgleich mit einem russischen Raketenangriff auf das Nachbarland.
Was war das Ziel der Drohnen?
Ein gezielter Angriff? Unwahrscheinlich. Militärexperten vermuten einen anderen Zweck: Spionage, Systemtests oder psychologische Kriegsführung. Die Drohnen könnten bewusst geschickt worden sein, um die Reaktionszeit der polnischen Armee zu testen – oder um Stützpunkte, Transporte und Infrastruktur auszukundschaften. Ben Hodges (67), ehemaliger Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, sagt zur Nachrichtenagentur Reuters, die Zahl der feindlichen Drohnen im Nato-Luftraum mache «deutlich, dass es sich dabei um gezielte Tests der Luftabwehr- und Frühwarnsysteme der Nato und der einzelnen Länder handelt». Essenziell für ihn: «Wir müssen in der Lage sein, jedes Mal effektiv zu reagieren.»
Drohnen als Sabotagewerkzeug?
Ein weiterer beunruhigender Aspekt: Auch gezielte Sabotage ist denkbar. Drohnen könnten kritische Infrastruktur lahmlegen – Strommasten, Pipelines, Bahnlinien. Noch gibt es keine Hinweise auf konkrete Schäden in Polen. Doch ähnliche Vorfälle in Norwegen und Finnland haben gezeigt: Unbemannte Flugobjekte sind schwer zu stoppen – und brandgefährlich.
Wie reagiert die Nato?
Polen hat die Nato-Partner sofort informiert. Das polnische Militär spricht von einem «Akt der Aggression». Gegen 7.30 Uhr wurde der Luftraum wieder geöffnet, Flüge vom Warschauer Flughafen Chopin fanden aber zunächst nicht statt. Auch wenn Artikel 5 – der Bündnisfall – noch nicht zur Anwendung kommt, ist klar: Die Allianz beobachtet den Vorfall sehr genau. Mehrere US-Politiker sprechen bereits von einem möglichen «Test der Nato-Entschlossenheit». Der demokratische Senator Dick Durbin schreibt auf X, die erneute Verletzung des Luftraums könnte ein Zeichen dafür sein, dass «Wladimir Putin unsere Entschlossenheit zum Schutz Polens und der baltischen Staaten auf die Probe stellt».