Darum gehts
- Swiss verbessert Service in Business und First Class mit neuen Angeboten
- Tischdecken, Suppe und grössere Auswahl an Käse, Desserts und Pralinen
- 130'000 neue Geschirrstücke für die First Class angeschafft
Wo waren nochmals die Untertassen für die Suppen? Über den Wolken beginnt eine Suchaktion. Wurden die Untertassen gar nicht geladen? Oder in welcher der vielen Schubladen sind sie versteckt? «In der Bordküche müssen wir Tetris spielen», sagt Annabelle Reichen (39) zu Blick. Sie leitet den Catering-Bereich der Swiss und macht sich eine Notiz: Nach der Landung in Washington will sie den fliegenden Untertassen nachgehen. Später gibts Entwarnung: Die Untertassen sind gefunden.
Die Business Class auf dem Flug in die USA ist bis auf einen Platz ausgebucht. Die knapp 50 Passagiere erhalten die Trüffelsuppe auf schmuckem Porzellan serviert. Reichen hat an der renommierten École hôtelière de Lausanne studiert. «Wir möchten Schweizer Gastfreundschaft im Restaurant-Stil über den Wolken anbieten und haben dafür unseren Service rundum erneuert.»
Tischdecken in der Business Class
In der Holzklasse gibts schon seit März Sbrinz-Käse zum Apéro. Die Neuerungen in der Business und First Class waren aufwendiger – und traten erst vor ein paar Tagen in Kraft. Die Business-Class-Passagiere essen nicht mehr vom Tablett, sondern bekommen einen Tisch eingedeckt – mit Tischdecke und allem, was dazugehört. «Wie in einem gehobenen Restaurant», sagt Reichen.
Neu sind eine Suppe und eine grössere Auswahl an Käse, Desserts und Pralinen. Die Bettwäsche ist ebenfalls neu, auf Nachtflügen von über zehn Stunden gibt es künftig ein Schlafshirt und eine Extra-Sitzauflage. Allein in Zürich fallen sechs Tonnen Wäsche pro Tag an. Kurz vor der Landung gibt es ein zweites Essen – dann allerdings auf dem Tablett serviert. «Unsere Gäste schätzen die Ruhezeit an Bord. Es wäre zeitlich zu aufwendig, ein zweites Mal den Tisch einzudecken», sagt Reichen.
«Leider hat die Swiss das Trio-Brot abgeschafft»
Auch die First Class erhält ein Upgrade – und zwar einen Servierwagen, auf dem die Vorspeisen präsentiert werden. «Wir hatten schon früher einen Servierwagen in der First Class und mussten ihn wegen Corona abschaffen», sagt Flugbegleiter Ralph Zysset (40). Es gibt Balik-Lachs, Forellentatar mit Forellenkaviar, Trockenfleisch und Kürbismousse. Zwischen Suppe und Hauptgang gibts ein Avocado-Sorbet. Auf anderen Strecken wird Zysset zum High Tea einladen und dazu Tee und Häppchen servieren. «Wir hatten das früher schon auf einzelnen Flügen. Mich freuts, dass der High Tea zurück ist.»
Swiss Senses ist Teil einer Qualitätsoffensive, mit der die Swiss ihr Image als Premium-Airline aufpolieren will. So mancher Passagier der Lufthansa-Tochter bleibt skeptisch. Ein Top-Vielflieger zu Blick: «Leider hat die Swiss das Trio-Brot abgeschafft. Stattdessen gibt es jetzt nur noch einen Brotkorb mit gewöhnlichen Brötchen.» Was sagt Reichen zur Kritik? «Wir wollten etwas Neues machen und eine Auswahl bieten.»
Kein Aufstand der Belegschaft
Mit dem neuen A350, der im Herbst kommt, soll die Premium-Offensive weitergehen. Dann gibt es in der First Class eigene Suiten. Künftig haben nur noch vier Passagiere Platz und nicht mehr acht. Die teuerste Kategorie ist selten ausgebucht: Auf dem Flug nach Washington bleiben fünf First-Class-Sitze leer.
Für die Neuerungen hat Swiss zweieinhalb Jahre gebraucht. Warum dauerte das so lange? «Die verschiedenen Prozesse müssen mit den Crews und den weltweiten Cateringbetrieben abgestimmt werden. Zudem wurden Tausende Cabin Crew Member in separaten Schulungen auf den neuen Service intensiv vorbereitet», sagt Reichen. Allein für die First Class wurden 130'000 neue Geschirrstücke angeschafft.
Anders als bei der letzten Reform gabs dieses Mal keinen Aufstand der Belegschaft. Vor Jahren sorgte ein Projekt für Ärger, das von manchen intern «Five-Stars-Service» genannt wurde. «Wir mussten alles in der Bordküche vorbereiten und waren nur noch am Rennen. Wir hatten gar keine Zeit mehr für die Passagiere», erinnert sich eine erfahrene Flugbegleiterin. Dieses Mal liefs anders: An dem Prozess konnten sich alle Swiss-Ebenen beteiligen, von der Cabin Crew bis zum Top-Management.
Internet kostet 35 Franken – viel zu viel
Ein Wermutstropfen bleibt: Selbst die Business-Class-Kunden, die über 11'000 Franken für ein Ticket zahlen, erhalten keine Internet-Flatrate.
Gratis gibts nur Textnachrichten – fürs Surfen über den Wolken müssen sie bis zu 35 Franken zahlen. Das ist noch immer viel zu viel.