Darum gehts
- Swiss und Air Baltic streiten mit den Gewerkschaften über Wet-Lease-Vereinbarung
- Zürcher Volkswirtschaftsdirektion: Air-Baltic-Kabinenpersonal fällt nicht unter Schweizer Entsendegesetz
- Air-Baltic-Flugbegleiterin verdient 1500 Franken – weniger als die Hälfte des Swiss-Einstiegslohns
Seit fast drei Jahren streiten sich Gewerkschaften, Swiss und Air Baltic. Grund für den Zoff ist eine Vereinbarung der Swiss mit der Air Baltic. Bei Wet-Lease geht es darum, dass die Swiss nicht nur Flugzeuge von der baltischen Fluggesellschaft mietet, sondern die komplette Crew inklusive Piloten und Kabinenpersonal, Wartung und Versicherung. Das Personal trägt die Air-Baltic-Uniform, serviert aber Swiss-Produkte.
Kein Schweizer Arbeitnehmerschutz
Eine Air-Baltic-Flugbegleiterin, die für die Swiss fliegt, bekommt als Monatslohn nur 1500 Franken. Ist das Lohndumping? Die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion findet: nein. Das Kabinenpersonal von Air Baltic, das im Auftrag der Swiss fliegt, gilt nicht als entsandt und fällt somit nicht unter das Schweizer Entsendegesetz. Künftig erhält das Kabinenpersonal also einen baltischen und keinen schweizerischen Lohn. Und: Für die Air-Baltic-Crews gilt kein Schweizer Arbeitnehmerschutz.
Die Entscheidung bedeutet eine Niederlage für die Gewerkschaften und ein Sieg für Air Baltic und Swiss. Allerdings kassierten die Unternehmen auch einen kleinen Dämpfer: Anders als bei der fliegenden Belegschaft handelt es sich beim Air-Baltic-Bodenpersonal durchaus um eine Entsendung. Davon betroffen sind indes deutlich weniger Mitarbeitende als die vielen Piloten und Flugbegleiterinnen, die für die Swiss durch ganz Europa jetten.
Gewerkschafterin warnt vor Lohndumping
Die Kabinengewerkschaft Kapers kritisiert den Ausgang des Verfahrens. «Dieser Entscheid öffnet Lohndumping Tür und Tor», sagt Gewerkschafterin Sandrine Nikolic-Fuss (56). «Die Air-Baltic-Crews verdienen mit 1500 Franken brutto weniger als die Hälfte des Swiss-Einstiegslohns. Der Entscheid bedroht Schweizer Arbeitsplätze und schwächt flankierende Massnahmen gegen Dumping.»
Was die oberste Flight Attendant besonders stört: Eine Vorinstanz hatte behauptet, die Flugbegleiter würden lediglich «Betreuung beim Ein- und Aussteigen» leisten. «Das ist eine bewusste Herabsetzung des Berufsbilds. Die Cabin Crew trägt Verantwortung für sicherheitskritische Aufgaben – von Briefings und Checks über Notfall- und Evakuationsverfahren bis zu medizinischer Erstversorgung», sagt Nikolic-Fuss. Sie warnt vor einem «Dammbruch für den Schweizer Arbeitsmarkt». Der Schutz von Beschäftigten dürfe nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden. Die Gewerkschaft kündigt weiteren Widerstand gegen Lohndumping und weiteres Engagement für mehr Fairness im Wet-Lease-Bereich an.
Swiss will Zusammenarbeit mit Air Baltic beenden
Wie lange die Swiss weiterhin Air-Baltic-Flieger einsetzt, ist unklar. CEO Jens Fehlinger (44) hat Anfang Jahr mitgeteilt, dass die Swiss in den kommenden Jahren die Zusammenarbeit mit Air Baltic beenden und ganz auf die Schweizer Airlines Helvetic und Edelweiss setzen werde.
Gewerkschafterin Nikolic-Fuss gibt sich kämpferisch: «Es wurden weder unabhängige Experten konsultiert, noch wurde überprüft, was die Parteien tatsächlich behaupten. Erst jetzt, mit Veröffentlichung des Entscheids, haben wir die rechtliche Möglichkeit, eine Beschwerde einzureichen – das prüfen wir gerade.»