Darum gehts
- Meyer Burger steht vor dem Aus: Die stille Nachlassstundung wird als ordentliche provisorische Nachlassstundung weitergeführt
- Zu viele Strategiewechsel und die starke Abhängigkeit von Fördergeldern führten zu Problemen
- Fast alle Angestellten wurden entlassen, nur ein kleines Abwicklungsteam bleibt
Der ehemalige Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt (52) hatte mit seinem Unternehmen grosse Pläne: Nicht weniger als die «Renaissance der Solarenergie in Europa» wollte er auslösen. Das war 2021.
Vier Jahre später steht die Konzernleitung des Solarzellenherstellers mit Sitz in Thun BE vor einem Scherbenhaufen. Reparieren kann man ihn nicht mehr – seit Mittwoch ist das Ende des ehemaligen Schweizer Überfliegers definitiv. Wie konnte es so weit kommen? Und was passiert jetzt mit den Aktien der Anleger? Blick beantwortet die drängendsten Fragen.
Was waren die Probleme von Meyer Burger?
Die Solarzellenfirma drückte der Schuh an vielen Stellen, bereits nach ihrem letzten grossen Strategiewechsel 2020 geriet sie in Schieflage. Damals wandelte sich Meyer Burger vom Präzisionsmaschinenhersteller und Ausrüstungslieferanten zum Produzenten eigener Solarzellen für die Endkundschaft. 2021 führte das zu einem Megaverlust von 100 Millionen Franken.
Es war nicht das letzte Mal, dass die Firma abrupt den Kurs ändern sollte: Drei Jahre später wurde die erst kurz zuvor hochgefahrene Produktion in Sachsen (D) abgebaut und nach Arizona in die USA verlegt. Doch nach wenigen Monaten war auch im Westen wieder Schluss.
Meyer Burger hatte massiv auf staatliche Fördergelder gesetzt – erst in der EU, später in den USA unter Präsident Joe Biden (82) –, statt ein solides Geschäftsmodell aufzubauen. Mit dem politischen Umschwung in Washington durch Trump brachen auch die Subventionen weg. Hinzu kam die Fehleinschätzung, man könne sich als kleiner Thuner David gegen die Goliaths aus China behaupten. Hausbesitzer kauften lieber die günstigen chinesischen Solarpanels. Nachdem im November 2024 schliesslich der grösste Kunde abgesprungen war, verlor auch die Anlegerschaft den Glauben an Meyer Burger. Nach einem zweistündigen Handelsstopp an der Schweizer Börse brach die Aktie um 60 Prozent ein.
Was passiert mit meinen Meyer-Burger-Aktien?
In der Mitteilung vom Mittwoch verkündet das Unternehmen, dass Aktionäre keine Liquidationsdividende erhalten würden. Eine solche gebe es nur, wenn nach Ende aller Abwicklungen ein Überschuss bleibe, der ausgeschüttet werden kann. Doch Aktionäre haben im Liquidationsverfahren unterste Priorität – zuerst werden Gläubiger, Lieferanten, Banken und Obligationäre ausbezahlt. Wenn nichts übrig bleibt, ist die Aktie wertlos.
Die Schweizer Börse SIX gibt auf Blick-Anfrage an, dass die Aktien von Meyer Burger noch an der Börse gehandelt werden. Erst nach dem letzten Handelstag im Dezember findet eine «definitive Preisbildung» statt. Bedeutet: Bis dahin können Anleger versuchen, die Aktien zu verkaufen. Falls das überhaupt noch gelingt, dann wohl nur zu einem sehr tiefen Kurs im einstelligen Rappenbereich.
Wie viele Mitarbeitende sind betroffen?
Für die Belegschaft ist der Konkurs ihres Arbeitgebers ein harter Schlag. Seit November ist das Team am Hauptsitz in Thun um 58 Mitarbeitende auf 45 Angestellte geschrumpft. Auch diese stehen jetzt – bis auf ein kleines Abwicklungsteam – auf der Strasse. Per 1. September wurde auch den verbliebenen 600 Mitarbeitenden in Deutschland gekündigt. Die 300 Angestellten in den USA entliess der Konzern bereits im Mai.
Wie wurde versucht, den Konzern zu retten?
Die Teppichetage von Meyer Burger spannte bis zuletzt alle Rettungsnetze aus, um das schwächelnde Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Mit einem Mix aus Finanzspritzen und verschiedenen Strategiewechseln sollte der Turnaround gelingen. Nachdem dieser in den USA nicht gelungen war – dem Unternehmen fehlte es schlicht an Geld –, folgten Kosteneinsparungen in Deutschland und der Schweiz. Die Chefs prüften Teilverkäufe von Geschäftsbereichen und verhandelten mit Gläubigern. SIX gewährte Meyer Burger auch Fristverlängerungen für die verspätete Publikation des Geschäftsberichts. Doch die Hoffnung auf eine Lösung zerschlug sich. Sämtliche Rettungsversuche schlugen fehl.