Darum gehts
Das Solarunternehmen Meyer Burger war jahrelang der Liebling der Schweizer Anlegerschaft. Die Ausgangslage war attraktiv und weckte Emotionen: Da kämpft ein kleiner David – ein PV-Hersteller aus Thun BE - gegen den mächtigen Goliath aus China. Nun musste der Solarpanel-Bauer seine Produktion einstellen, ein Totalabschreiber für die Investoren droht. Es sind diese vier Gründe, die zum Debakel führten.
Mal Hüst, mal Hott in der Chefetage
Einer Firma kann man viel zumuten. Gerichtsklagen, Chefwechsel, Personalabbau, aber nicht alle paar Jahre einen abrupten Strategiewechsel wie bei Meyer Burger. Bis 2019 setzte die Firma auf Präzisionsmaschinen zur Herstellung von Solarmodulen, etwa hochpräzise Bandsägen für die Wafer-Produktion, dann stand plötzlich das B2C-Geschäft im Visier, indem man für die Endkundschaft Module fabrizierte und vermarktete.
Dieser Artikel wurde erstmals im Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
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Drei Jahre später gabs den nächsten Schwenker, denn nun war die Produktion, die man im deutschen Bundesland Sachsen eben noch hochgefahren hatte, nicht mehr gefragt. Also wurden die teuren Apparate in Deutschland abgeschraubt, in die USA verschifft und in Arizona endmontiert. Doch innert weniger Monaten war auch im Westen wieder Schluss, weil der Hauptkunde die Verträge kurzerhand aufkündigte, weil ihm die Preise für die Panels mittlerweile zu teuer waren. Eine langfristige, durchdachte Strategie sieht anders aus.
Die Jagd nach Subventionen ist kein Geschäftsmodell
Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt sah sich als Lichtfigur, der die «Renaissance der Solarenergie in Europa» auslösen würde. Er lag damit im Trend und kannte obendrein die Telefonnummern der Politiker, die Zugriff auf Fördergelder für die Solarbranche hatten. So brachte es Erfurt fertig, mal Subventionen in Sachsen, mal in der EU locker zu machen. Damit blieben die Arbeitsplätze zwar fürs erste erhalten, aber ein Garant für eine nachhaltige Existenz war die Jagd nach Subventionen nicht.
Als in Deutschland nichts mehr zu holen war, verlegte die Firma ihre Produktion in die USA, wo unter Präsident Joe Biden nochmals Millionen an Subventionen flossen. Mit der Wahl von Donald Trump kam die Trendwende. Er setzte auf Öl und Gas («Drill, Baby, drill!») und strich Meyer Burger die Fördergelder.
Bang & Olufsen war ein schlechtes Vorbild
Meyer Burger sah sich stets als Premium-Anbieter, der meilenweit über der Billigware aus China schwebt. Im Selbstbeschrieb schwärmte man von «Made in Germany. Designed in Switzerland», dazu von «bahnbrechender Effizienz». Mit all den Superlativen nahm man eine Premium-Kundschaft ins Visier, die für Meyer-Burger-Panele gerne einen Aufpreis bezahlen. Das war ein Irrtum, denn Hausbesitzer kalkulieren spitz und streben eine möglichst schnelle Amortisation an – und verzichten lieber auf ein Designstück auf dem Dach.
Eine Anlegerschaft, die viel zu lange an das Gute glaubte
Klar, eine eigenständige PV-Herstellung in Europa wäre wichtig, eine ernsthafte Konkurrenz zu den unzimperlichen Chinesen eine Notwendigkeit. Doch der Aufbau einer Unabhängigkeit hat ihren Preis: Einen langen Schnauf und eine hohe Investitionsbereitschaft. Über Jahre hat die Anlegerschaft in der Schweiz, Grossbritannien und Deutschland der Meyer-Burger-Führung vertraut und Hunderte von Millionen in ihre Aufbaupläne gesteckt. Selbst Rückschläge wie ein zu langsames Hochfahren konnte sie nicht erschüttern, auch nicht Gezänke im Verwaltungsrat.
Erst als die Konkurrenz im Verdrängungswettbewerb weitere Marktanteile holte und der Grossaktionär nicht noch weitere Millionen einschiessen wollte, kam dem Kleinaktionär der Mut zum Risiko abhanden. Manch technologieverliebter Investor hat lange am Traum vom Schweizer PV-Edelhersteller geglaubt. Dabei hätten sie längst gewarnt sein sollen: Meyer Burger hat in den letzten 15 Jahre fast 1,5 Milliarden Franken an Verlusten angehäuft.