Darum gehts
- Bankiervereinigung nutzt Podcasts für Kampf gegen strengere Regulierung
- Bezahltes Lobbying in Form von Influencer-Marketing ohne klare Kennzeichnung
- Vier Podcast-Folgen mit FinanzFabio, einem der erfolgreichsten Finanz-Influencer der Schweiz
Die Schweizerische Bankiervereinigung greift zu unkonventionellen Mitteln. Im Kampf gegen eine strengere Regulierung des Bankensektors setzt sie neuerdings auf Onlineformate mit grossem Potenzial: Podcasts.
Wie es in einer diese Woche verschickten Medienmitteilung heisst, stelle sich der Branchenverband dabei den Fragen des Bloggers «FinanzFabio», eines der erfolgreichsten Finanz-Influencer der Schweiz. Auf diese Weise wolle man «hochrelevante, aber komplexe Themen einem breiten Publikum – insbesondere auch jungen Menschen – verständlich und unterhaltsam zugänglich» machen. In der ersten von vier Folgen spricht Fabio Marchesin (37), wie FinanzFabio in Wirklichkeit heisst, mit August Benz, dem stellvertretenden CEO des Verbands.
Im Gespräch warnt Benz vor übermässiger Regulierung und nennt die geplanten Massnahmen des Bundesrats ein Risiko für den Finanzplatz. Die Politik habe als Folge der CS-Krise überreagiert, so Benz weiter. Die UBS müsse zu viel Eigenkapital vorhalten, was letztlich die Kreditvergabe verteuere. Hypotheken würden teurer, Investitionen verlagerten sich ins Ausland. Arbeitsplätze gingen verloren. Zu befürchten sei ein schleichender Niedergang des Wirtschaftsstandorts Schweiz – ähnlich wie in Deutschland.
Das totale Desaster also.
Was die Bankiervereinigung allerdings nicht offenlegt: Die Podcast-Folgen sind bezahlte Produktionen – also keineswegs unabhängige redaktionelle Beiträge, wie es den Anschein macht, sondern bezahltes Lobbying in Form von Influencer-Marketing – eine Praxis, bei der Unternehmen Personen dafür entlohnen, Produkte oder Positionen auf Social-Media-Kanälen zu pushen.
Der Haken dabei: Diese Art von Werbung muss laut der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) unmissverständlich deklariert werden. Denn das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verlangt Transparenz – auch für digitale Formate. Mitte-Nationalrat Philipp Kutter, Präsident der SLK, sagt zwar nichts zu diesem spezifischen Fall. Er verweist aber auf Grundsatz 15 der Kommission: «Kommerzielle Kommunikation, gleichgültig in welcher Form sie erscheint oder welches Medium sie benutzt, ist unlauter, wenn sie nicht als solche eindeutig erkennbar und vom übrigen Inhalt nicht klar getrennt ist.»
FinanzFabio: «Es ist nichts kommerziell»
Doch weder auf Spotify noch auf der Website der Bankiervereinigung ist erkennbar, dass es sich bei den FinanzFabio-Podcasts um kommerzielle Kommunikation handelt. Auf Nachfrage von Blick bestätigt der Verband: «Swiss Banking zahlt für die Nutzung der Plattform FinanzFabio.» Dabei verfüge der Influencer über «redaktionelle Freiheit».
Inzwischen hat Fabio Marchesin reagiert. Dem Begleittext zur Podcast-Folge ist nun zu entnehmen: «Diese Folge ist eine bezahlte Koproduktion mit Swiss Banking.» Um den Hinweis lesen zu können, muss man allerdings in den Begleittext hineinklicken und weit nach unten scrollen – was kaum ein Podcast-User tun dürfte.
Marchesin bestätigt, dass er von der Bankiervereinigung Geld erhält. Ein Problem sieht er darin nicht. An seinem Podcast «ist nichts kommerziell», behauptet er in einer Textnachricht. Das Geld habe er «für die Produktion» erhalten. Was er anbiete, sei «reine Aufklärung».