Überwachungen, Drohungen, Ausraster
Ex-Mitarbeitende erheben schwere Vorwürfe gegen Zürcher Luxusmodelabel Vetements

Das Zürcher Modelabel Vetements hat schwere Vorwürfe am Hals. Ex-Angestellte sprechen von einer Angstkultur, Drohungen und Ausraster ihres Chefs. Während endlosen Arbeitstagen seien sie mit Kameras überwacht worden.
Publiziert: 15:24 Uhr
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Aktualisiert: 15:25 Uhr
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Ausgefallene Designs und hohe Preise – dafür ist Vetements bekannt.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Ex-Vetements-Mitarbeiter berichten von Angstkultur und prekären Arbeitsbedingungen
  • Kreativdirektor Guram Gvasalia wird als «Diktator» bezeichnet, der Mitarbeiter beleidigt
  • Praktikanten verdienten 1000 Franken pro Monat
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Robin WegmüllerRedaktor Wirtschaft

Ein Jäckli kostet 925 Franken, das Hemd 1075 und die Handtasche 1820 Franken. Mit Sitz im hippen Binz-Quartier konkurriert das Zürcher Modelabel Vetements mit Grössen wie Gucci, Balenciaga und Louis Vuitton. Im umkämpften Luxusmarkt kletterte die Marke in wenigen Jahren auf die oberste Etage – droht jetzt aber an Glanz zu verlieren.

20 ehemalige Mitarbeitende von Vetements und der Tochterfirma VTMNTS packen gegenüber dem deutschen «Spiegel» und dem Schweizer Recherche-Netzwerk investigativ.ch aus. Sie berichten von einer Angstkultur, Drohungen und Überwachungen des Kreativdirektors Guram Gvasalia (40). Die Ex-Angestellten belegen ihre Erzählungen teils mit eidesstattlichen Versicherungen, Chatnachrichten, Arztzeugnissen und Bildern.

Der Diktator

Die Liste der Vorwürfe ist riesig. Ihren deutsch-georgischen Ex-Chef Guram Gvasalia bezeichnen sie als «den Diktator». Praktikanten hätten Gvasalia nicht anschauen und ansprechen dürfen. Der Boss entscheide, mit wem er wann spreche. Ein Praktikant erzählt gegenüber dem «Spiegel», dass Gvasalia bei kleinsten Fehlern einem Beleidigungen wie «Halt den Mund, du bist dumm» oder «Idiot» an den Kopf geworfen habe. 

Immer wieder sei der Chef ausgerastet und habe Stühle, Tische und Material umgeworfen. Alle Ex-Mitarbeitenden sprechen gegenüber dem deutschen Magazin anonymisiert, unter anderem aus Angst vor ihrem ehemaligen Chef.

Überwachungskameras und Mega-Schichten

Daneben waren auch die Arbeitsbedingungen prekär. «22 Uhr war ein früher Feierabend», erklärt ein Praktikant. Jeder Angestellte erwähnte zahlreiche unbezahlte Überstunden. In der Hochsaison wie der Pariser Fashion Week standen sie mehrere Wochen lang bis früh am Morgen auf den Beinen.

Gvasalia liess zudem Überwachungskameras installieren. Auf seinem Handy und Laptop konnte er jederzeit prüfen, wer wie lange am Schreibtisch sass. Der Zürcher Arbeitsrechtler Roger Rudolph erklärt im Bericht, dass bei einem solchen Fall ein klarer Rechtsverstoss vorliege.

Die Folge für die Ex-Mitarbeitenden: gesundheitliche Probleme. Eine Designerin habe während einer 15-Stunden-Schicht einen Kreislaufkollaps erlitten. Auch stressbedingter Haarausfall und Alpträume seien vorgekommen. Das alles zu einem Praktikumslohn von 1000 Franken pro Monat.

Chef will sich nicht äussern

Trotz der Umstände sind Arbeitsplätze in der Luxusbranche beliebt. Auf jemanden, der geht, stehen Hunderte bereit. Denn zur Wahrheit gehört auch: Für viele ehemalige Mitarbeitende war Vetements ein Sprungbrett. «Ohne Vetements im Lebenslauf wäre ich nicht da, wo ich heute bin», zitiert der «Spiegel» einen Angestellten. Das scheint sich Gvasalia zunutze zu machen. 

Das Luxuslabel Vetements entstand vor gut zehn Jahren aus dem Nichts. Guram Gvasalia gründete Vetements damals zusammen mit seinem Bruder Demna. Dieser galt als Jahrhundert-Design-Talent und verliess das Unternehmen bereits im Jahr 2019. Er ist heute Chef von Gucci. Beide haben sich auf Anfragen des «Spiegel» nicht zu den Vorwürfen geäussert.

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