Rentnerin Maria Kempf (67) legt Budget offen
«Ich möchte meiner Tochter keine Schulden hinterlassen»

Maria Kempf ist pensioniert und erhält Ergänzungsleistungen. Sie hat immer etwas Angst, sich einmal zu verschulden. Zu ihrer Enkeltochter aber will sie grosszügig sein. Für die Beobachter-Serie legt sie ihr Budget offen.
Publiziert: 12:27 Uhr
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Aktualisiert: 14:00 Uhr
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Maria Kempf lebt bescheiden. Ab und zu gönnt sie sich auswärts einen Kaffee und ein Gipfeli, einmal im Monat ein Menü. (Symbolbild)
Foto: Keystone

Darum gehts

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Katrin Reichmuth
Beobachter

Maria Kempf ist es gewohnt, mit wenig Geld auszukommen.

Nach einer Bürolehre in einem Industriebetrieb arbeitete sie in einem Lebensmittelgeschäft und in einer Schuhfabrik. Sie heiratete mit 19, mit 25 kam ihre Tochter zur Welt, mit 27 folgte die Scheidung. Weil die 500 Franken Alimente für den Lebensunterhalt nicht reichten, musste sie ihre Tochter den Eltern abgeben, um arbeiten zu können.

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Mit 30 erkrankte sie schwer und musste mehrmals für längere Zeit in eine Klinik. Sie konnte nur noch in einem geringen Pensum Teilzeit arbeiten und bezog eine IV-Rente.

Heute lebt Kempf, die in Wirklichkeit anders heisst, von der AHV-Rente und Ergänzungsleistungen. Die 67-Jährige wohnt in der Nähe von Altdorf im Kanton Uri. 

In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» zeigt Kempf ihren Kontoauszug und erzählt, wie sie mit ihrem Budget lebt. Wie viel Geld steht ihr zur Verfügung? Wofür gibt sie es aus?

Einnahmen

Ich bekomme eine AHV-Rente, monatlich 1719 Franken. Vorher hatte ich eine IV-Rente, die bei der Pensionierung umgewandelt wurde. 

Meine Rente aus der Pensionskasse beträgt 248 Franken pro Monat. Zusätzlich erhalte ich pro Monat 688 Franken Ergänzungsleistungen, um meine Lebenskosten zu decken. 

Insgesamt stehen mir so jeden Monat 2655 Franken zur Verfügung.

Ausgaben

Wohnen: Ich wohne seit über 30 Jahren in der gleichen Wohnung. Das Bad sowie die Küche wurden vor vier Jahren renoviert. Meine Vermieterin ist eine gemeinnützige Genossenschaft. Der Mietzins ist dementsprechend tief. Ich zahle für meine 60 Quadratmeter grosse 2,5-Zimmer-Wohnung mit Balkon pro Monat 928 Franken. Das ist inklusive Nebenkosten. Dazu kommen noch 30 Franken pro Monat für Strom vom regionalen Elektrizitätswerk. Als EL-Bezügerin bin ich von der Serafe-Gebühr befreit.

Manchmal schaue ich Wohnungsinserate an und denke mir: Eine solche Wohnung für diesen Preis würde ich wohl kaum mehr finden. 

Telefon, Internet und Abos: Mein Handyabo habe ich bei Yallo. Ich zahle monatlich 25 Franken. Bis vor ein paar Wochen hatte ich das TV-Abo auch dort. Aber weil ich ständig Probleme mit dem Empfang hatte, wechselte ich zu Swisscom. Das kostet mich 80 Franken im Monat, 10 Franken mehr als vorher. 

Eigentlich lese ich lieber. Aber ab und zu ist es schon spannend, die Nachrichten oder eine Reisesendung zu schauen. Und wenn man dann jedes Mal alles ein- und ausstecken muss, bevor der Fernseher läuft, nervt das sehr. So war das bei mir mit Yallo.

Versicherungen: Ich bin seit 40 Jahren bei der gleichen Versicherung, der Baloise, und hatte noch nie einen Schadenfall. 

Ich habe dort meine Hausrat-, Haftpflicht- und Reiseversicherung. Die Reiseversicherung kam erst vor ein paar Jahren dazu, weil ich Ferien gebucht hatte, dann aber krank wurde. Das Hotel konnte ich nicht mehr stornieren, das ärgerte mich. Deshalb habe ich mich nun für solche Fälle versichert. 

Für diese drei Versicherungen zahle ich pro Jahr 470 Franken. 

Gesundheit: Meine Krankenkassenprämien für die Grundversicherung betragen 420 Franken. Sie werden von den EL übernommen, der Betrag wird direkt an die Krankenkasse überwiesen. Der Posten Gesundheit ist in meinem Budget darum sehr klein.

Alle drei Monate muss ich wegen meiner Zuckerkrankheit das Blut kontrollieren lassen. Die Arztrechnung kann ich dann bei den EL einreichen, dort übernimmt man den Selbstbehalt von 10 Prozent und auch die Franchise, falls sie noch nicht aufgebraucht ist. 

Die Zusatzversicherung wird nicht von den EL übernommen. Die monatliche Prämie von 30 Franken zahle ich aus dem eigenen Sack. Bei Bedarf würden sie einen Teil der Kosten für alternative Behandlungen übernehmen.

Mobilität: Meine Tochter lebt in Solothurn, meine Schwester in Zürich. Beide besuche ich regelmässig, meine Schwester fast wöchentlich. Ich mache auch gerne einen Tagesausflug ins Tessin, nach Luzern oder irgendwohin, wo gerade die Sonne scheint. Oder eine Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee. 

Die Einzelfahrten würden ins Geld gehen, deshalb habe ich ein GA. Ich zahle monatlich 275 Franken, das ist 20 Franken teurer, als wenn ich einmal jährlich zahlen würde. Aber ich kann so meine Kosten besser einteilen. 

Haushalt: Ich bin preissensitiv und kaufe keine teuren Produkte. Fleisch brauche ich kaum, Käse ist teurer geworden. Zum Frühstück gibt es meist Brot, Butter und Kaffee, abends oft Birchermüesli, Suppe oder Toast. 

Ich gebe im Monat rund 600 Franken für Lebensmittel und Haushaltsartikel aus. Meistens gehe ich zweimal pro Woche, am Montag und Donnerstag, zu Aldi oder Lidl einkaufen. Nur wenn etwas fehlt, gehe ich ausnahmsweise in die Migros. Coop meide ich, der ist mir zu teuer. Ich mache immer einen Einkaufszettel.

Mein achtjähriges Grosskind kommt mehrmals im Jahr für drei, vier Tage in die Ferien zu mir. Dann koche ich jeden Abend und sprenge das Haushaltsbudget ein wenig. Die Wochen danach schaue ich dafür noch mehr, was ich einkaufe, so gleicht sich das Budget wieder aus. 

Etwa 50 Franken im Monat gebe ich für den Coiffeur und für Kosmetikprodukte aus. Ich gehe in einen Salon in der Nähe, wo es einen AHV-Rabatt gibt. Das Waschen, Schneiden und Föhnen kostet 61 Franken. Ich gehe etwa alle sechs bis sieben Wochen hin. Ab und zu gönne ich mir auch einen Lippenstift für knapp 5 Franken oder ein Silbershampoo für die grauen Haare – das habe ich bei Rossmann gekauft für 4 Franken.

Verpflegung ausser Haus: Bei meinen Ausflügen kaufe ich manchmal einen Kaffee und ein Gipfeli, im Coop Pronto kostet das zusammen knapp 4 Franken. Das konsumiere ich dann im Zug. 

Mit meiner Schwester gehe ich manchmal spazieren, und danach trinken wir im Altersheim-Café einen Kaffee für 4 Franken. Das ist günstig für Zürich. 

Mit Freunden gehe ich manchmal in Altdorf Kaffee trinken, meist ohne ein Gebäck dazu. Etwa einmal im Monat esse ich richtig auswärts, mehrheitlich im Migros-Restaurant oder im SBB-Restaurant Oase in Zürich. Dort bekomme ich für knapp 16 Franken ein Menü mit Getränk. 

Insgesamt gebe ich etwa 100 Franken pro Monat für Essen auswärts aus.

Kleidung und Schuhe: Ich habe aufgehört, Kleider oder Schuhe online zu bestellen, sondern gehe lieber in den C&A oder Dosenbach einkaufen. Dort gibt es die Marke Medicus, die Schuhe sind etwas breiter und passen mir gut. Ein Paar kostet 60 Franken. 

Ich kaufe mir etwa zweimal im Jahr etwas Neues, manchmal auch gleich zwei Paar Schuhe. Wenn ich shoppen gehe, finde ich meistens etwas, das mir gefällt. Etwa alle drei Monate gönne ich mir ein Kleidungsstück. Wenn ich meine Kleider nicht mehr tragen will, gebe ich sie meiner Schwester weiter. 

Trotz knappem Budget: Es macht mir einfach Freude, mir ab und zu etwas Neues zu kaufen. Über den Daumen gerechnet, gebe ich rund 100 Franken im Monat für Kleidung und Schuhe aus.

Freizeit: Ich lese gerne, mache Ausflüge mit dem Zug, und im Winter stricke ich. 

Für mich kaufe ich nie neue Bücher, sondern hole sie im Bücherschrank im Dorf. Dort ist alles gratis. Meiner Schwester mache ich aber gerne ein Geschenk und kaufe ihr ein Buch. Das läuft dann aber über den Budgetposten Geschenke. 

Fürs Stricken brauche ich Wolle, die kaufe ich bei Otto’s oder im Aldi. Eine Packung kostet zwischen 9 und 11 Franken, damit kann ich zwei Paar Socken stricken. Das ist ein Winterhobby, im Sommer möchte niemand Wollsocken. 

Zeitungen, Zeitschriften: Früher habe ich den Beobachter hin und wieder am Kiosk gekauft. Heute habe ich ein Abo, das kostet mich pro Jahr knapp 190 Franken. 

Zudem habe ich ein Probeabo von der Zeitung «Bote der Urschweiz». Zurzeit zahle ich 35 Franken im Monat.

Geschenke: Ich gebe regelmässig und gerne Geld für Geschenke aus, vor allem für meine Familie. Ich schätze, dass ich pro Jahr 250 Franken dafür aufwende.

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Meine Schwester wünscht sich meistens ein Buch, und ich bringe ihr oft etwas Kleines mit – Guetsli, Schokolade oder Lebkuchen. Meiner Enkelin schenke ich lieber Erlebnisse, etwa Ausflüge oder Eintritte, die kosten schnell um die 100 Franken. Und zum Geburtstag schenke ich ein 50er-Nötli.

Für meine Tochter nehme ich manchmal einen Urner Biräwegge oder einen Nussgipfel mit. Es freut mich, anderen eine kleine Freude zu machen. 

Ferien und Ausflüge: Ich mache jedes Jahr im Sommer eine Woche Ferien in Arosa, seit rund zehn Jahren im selben familiär geführten Hotel. Ich habe dort Halbpension und wohne im Einzelzimmer, das kostet 170 Franken pro Tag. Ich bleibe jeweils sechs Nächte. 

Zu den Mahlzeiten trinke ich nur Mineralwasser oder Kaffee, Alkohol trinke ich nie. Insgesamt kostet mich die Ferienwoche rund 1100 Franken. Da es meine einzigen Ferien sind, macht das 90 Franken im Monat.

Steuern: Ich lasse meine Steuererklärung von einem Treuhänder ausfüllen. Seit ich das mache, zahle ich weniger Steuern, insgesamt habe ich schon mindestens 500 Franken gespart. Vorher habe ich oft nicht alle Abzüge richtig gemacht. Dazu kommt, dass ich keinen Computer habe. Das macht das Ausfüllen von Steuererklärungen umständlich. 

Letztes Jahr habe ich total 826 Franken Steuern bezahlt. Dazu kamen noch die 80 Franken für den Treuhänder. 

Altersvorsorge: Auch wenn ich immer wenig Einkommen hatte, habe ich es, so gut es ging, in die Säule 3a einbezahlt. So konnte ich 30’000 Franken herausnehmen, als ich pensioniert wurde.

Sparen und Vermögen: Ich mache jeden Monat ein Budget. Für mich ist wichtig, dass die Rechnungen bezahlt sind. Das, was übrig bleibt, kann ich ausgeben. Schulden habe ich keine, das ist für mich sehr wichtig. Ich möchte meiner Tochter keine Schulden hinterlassen und auch nicht, dass bei meinem Tod ein Schuldenruf gemacht werden muss. Ich lese das Amtsblatt jede Woche, unser Kanton ist klein, und ich möchte nicht, dass dort einmal mein Name publiziert wird.

Von den 30’000 Franken sind nur noch 500 Franken auf meinem Konto. Ich habe mir ein neues Sofa und für meine Enkeltochter ein Bett bei mir zu Hause gekauft. Vor allem aber habe ich meine Tochter während des Studiums finanziell unterstützt.

Mein grösster Luxus

Ich habe kurz nach 50 probiert, Auto fahren zu lernen. Leider wollte es nicht so recht klappen. Nach 50 Fahrstunden schickte mich mein Fahrlehrer zum Verkehrspsychologen. Damit war das Kapitel Autofahren für mich abgeschlossen. 

Alles in allem habe ich 5000 Franken für Fahrstunden ausgegeben. 

So fühle ich mich

Ich bin zufrieden und möchte gar keinen Luxus, aber manchmal gegen Ende Monat, wenn nichts mehr im Portemonnaie ist, fühle ich mich schlecht. Ich mache mir dann Vorwürfe, dass ich zu wenig diszipliniert war und zu viel Geld diesen Monat ausgegeben habe. 

Manchmal ist mir meine finanzielle Situation auch unangenehm. Wenn mich jemand fragt, ob wir einen Kaffee trinken gehen, muss ich mir ab und zu eine Ausrede überlegen, weil es im Moment nicht drinliegt. Ich finde das nicht gut für die Freundschaft, wenn mir jemand Geld ausleiht – das möchte ich vermeiden. Ich habe auch schon einmal meine Tochter um Hilfe gefragt, aber ich habe ihr immer alles zurückgegeben. Ihr geht es heute finanziell gut, und das freut mich sehr. Trotzdem möchte ich so unabhängig wie möglich bleiben.

Mein Wunsch ist, einen Notgroschen für Unvorhergesehenes anzulegen. Bis jetzt hat es leider nicht geklappt.

Aufgezeichnet von Katrin Reichmuth. 

Hier findest du die bisherigen Folgen der Rubrik «Die Abrechnung». 

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