Darum gehts
- Zalando sperrt Kundenkonten bei übermässigen Retouren für bis zu einem Jahr
- Kunden werden zuerst gewarnt, bevor Einschränkungen oder Kontosperrungen erfolgen
- 98 Prozent der retournierten Kleider werden angeblich wiederverkauft oder weitergegeben
Jetzt greift Zalando offiziell durch! Wer zu viel Ware zurückschickt, dem sperrt der deutsche Moderiese das Kundenkonto – für die Dauer von bis zu einem Jahr. Das neue Retouren-Regime hat Zalando am letzten Freitag auf seiner deutschen Firmenwebsite publik gemacht. Es gilt auch für die Schweizer Kundschaft.
Zur Erinnerung: Blick berichtete bereits im März von einer Zalando-Kundin, deren Bestellkonto für zwölf Monate gesperrt wurde – ohne Vorwarnung! «So eine Sperrung ist eine Frechheit», ärgerte sich die langjährige Kundin. Sie hatte in einem Jahr 57 Bestellungen aufgegeben – war damit aber kein Einzelfall. Auf Nachfrage bestätigte Zalando 10'500 Sperrungen von Kundinnen und Kunden – allein im März. «Diese Kundengruppe hat in den letzten zwölf Monaten sehr viele Bestellungen getätigt und den überwiegenden Teil der bestellten Artikel retourniert», begründete eine Sprecherin die Massnahme.
Wer nicht hören kann, muss fühlen
Ein halbes Jahr später schaltet Zalando nun einen Gang hoch – wenn auch etwas weniger drastisch. Neu werden Kundinnen und Kunden in einem ersten Schritt vorgewarnt, wenn sie «übermässige Retouren» machen. Wer weiterhin unverhältnismässig viel retourniere, müsse mit Einschränkungen bestimmter Funktionen des Kundenkontos rechnen. Auch hier kommuniziert Zalando nun öffentlich, was bislang unter dem Deckel gehalten, aber bereits gemacht wurde: die Einschränkung des Kaufs auf Rechnung. Blick-Ressortleiterin Jessica von Duehren durfte beispielsweise eine Weile nicht mehr auf Rechnung bestellen – sie hatte zu viele Schuhe für ihre Zwillinge retourniert.
Wer sein Bestellverhalten trotzdem nicht anpasst, dem sperrt Zalando das Kundenkonto künftig für zwölf Monate. «Diese Massnahmen betreffen nur einen sehr kleinen Teil unserer Kundinnen und Kunden», betont der Moderiese in einer Mitteilung. Und führt ins Feld, dass unverhältnismässig hohe Retourenquoten nicht nur das eigene Unternehmen betreffen. Das sei ein Problem der gesamten Online-Modeindustrie.
Doch kaum einer hat sein Retourengeschäft dermassen beworben wie Zalando – mit Werbesprüchen wie: «Schrei vor Glück! Oder schick's zurück.» Seit 2019 hat sich der Moderiese zwar vom Slogan verabschiedet – doch die Botschaft hat sich in den Köpfen der Käuferschaft verankert.
Enthüllungen bei Blick geben zu denken
Laut dem deutschen Konzern werden 98 Prozent aller retournierten Kleider wieder über den Zalando-Shop direkt angeboten oder später an Outlets und Hilfsorganisationen weitergereicht. Ganz anders tönt es bei einem Mitarbeiter von MS Direct – die Firma aus St. Gallen kümmert sich um die Zalando-Retouren in der Schweiz. Statt die Retouren wiederzuverkaufen, zerstöre der Moderiese rund 15'000 Artikel pro Monat. «Die Vernichtung sei kostengünstiger als ein Weiterverkauf – so habe ich das von Verantwortlichen gehört», sagt der Angestellte, der anonym bleiben möchte, kürzlich im Blick. Alles, mit einem Warenwert von deutlich unter 100 Franken, werde weggeworfen.
Pikant: Der Bundesrat empfiehlt einen Verzicht bei Regulierungen zu Retouren im Onlinehandel. Auch staatliche Interventionen könnten die Umweltbelastung nicht massgeblich reduzieren, teilte er letzte Woche mit. Ob Zalando mit den neuen Massnahmen den Retouren-Wahnsinn stoppen kann, ist zu bezweifeln.