Darum gehts
- Nobelpreisträger Stiglitz kritisiert Trump und spricht von «Mafioso-Regierung»
- Stiglitz bezeichnet Trumps Wirtschaftspolitik als inkompetent und veraltet
- Wahrscheinlichkeit für Verlust der US-Demokratie liegt laut Stiglitz bei 50 Prozent
Wer Joseph Stiglitz (82) kennt, der weiss, dass der Nobelpreisträger selten ein Blatt vor den Mund nimmt. Für US-Präsident Donald Trump findet er deutliche Worte. «Trump ist ein korrupter Immobilienentwickler, der sich gerne Geld leiht und es nicht gerne zurückzahlt», sagt der Ökonom im Interview mit der «NZZ am Sonntag». Er rückt die US-Regierung in die Nähe des organisierten Verbrechens, spricht von «Mafioso-Wirtschaft»: «Wenn eine Mafioso-Regierung auf Unternehmen zugeht und sie mit Abgaben belastet, ist das sehr besorgniserregend.»
Obwohl Stiglitz wie auch Trump wenig Gutes an der Globalisierung finden, ist der Wirtschaftswissenschafter ein dezidierter Gegner der aktuellen US-Politik: «Trump profitiert davon, dass die Bevölkerung unzufrieden ist mit der schlecht umgesetzten Globalisierung. Aber er versteht nicht, was deren grundlegende Mängel sind.» Deshalb schade seine Politik dem US-Dienstleistungssektor massiv, beispielsweise in den Bereichen Bildung, Tourismus und sogar bei Gesundheitsdienstleistungen.
Für Stiglitz ist klar: Die Nachfrage nach amerikanischen Gütern und Dienstleistungen geht zurück, weil so viele Menschen wütend auf die USA sind. Trumps Wirtschaftspolitik gibt er keine Chance: «Trump wird auch deshalb keine Arbeitsplätze in die USA zurückbringen, weil die moderne Fertigung von Gütern immer stärker von Robotern ausgeführt wird. Trump befindet sich geistig in den 1950er Jahren, nicht im Jahr 2025.»
«Vieles ist reine Inkompetenz»
Der Ökonom macht sich grosse Sorgen um die USA: «Die Wahrscheinlichkeit, dass die Demokratie in den USA verloren geht, liegt bei mindestens fünfzig Prozent.» Selbst einen ausgeklügelten Plan mag Stiglitz hinter der Politik von Trump nicht erkennen, bestenfalls eine bestimmte nationalistische, christliche Agenda. «Sie fragen mich, ob ein Plan dahintersteckt. Vieles ist reine Inkompetenz», so das harte Urteil im Interview mit der «NZZaS».
Die Schweiz und der Bundesrat sollen nicht den Kopf einziehen, sondern zum Gegenangriff übergehen: «Ich würde Vergeltungsmassnahmen ergreifen und Chinas Ansicht vertreten, dass Trump nur Akteure respektiert, die aggressiv auf seine Vorhaben reagieren.»
Den Einwand bezüglich der Grösse der Schweiz lässt er nicht gelten, das Land habe einen globalen Markt und die USA nur einen Anteil von 13 Prozent am Welthandel. Deshalb ist für Stiglitz klar: «Die einzige Sprache, die Trump versteht, ist die Sprache der Macht.» Deshalb müssten die von den Zöllen betroffenen Länder untereinander besser zusammenarbeiten.
Also eine Art handelspolitische Allianz gegen Trump schliessen, anstatt einzeln den Deal mit dem US-Präsidenten suchen.