Netflix-Boss Ted Sarandos und sein Mega-Coup
Auf diesen Mann ist gerade ganz Hollywood stinkhässig

Er übernahm Serien, ohne sie je gesehen zu haben, machte Netflix zur Erfolgsmaschinerie – und will jetzt Warner Brothers schlucken. Netflix-Chef Ted Sarandos ist gerade «der König von Hollywood» – eigentlich. Doch wegen des neuen Mega-Deals leidet sein Ansehen.
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Er landete einen der grössten Medien-Deals der US-Geschichte: Netflix-Co-Chef Ted Sarandos.
Foto: Jordan Strauss/Invision/AP

Darum gehts

  • Netflix plant die Übernahme von Warner Brothers für 82,7 Milliarden US-Dollar
  • Federführend bei dem Mega-Deal ist Netflix-Co-Chef Ted Sarandos
  • In Hollywood sorgt die geplante Fusion für heftige Kritik
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Nathalie BennRedaktorin Wirtschaft

Hollywood ist der Ort, wo Träume Wirklichkeit werden. Auf der Leinwand, aber auch im realen Leben. 2,3 Millionen Menschen arbeiten in der Filmfabrik der Vereinigten Staaten. Knapp 650 Milliarden Dollar setzt die Branche laut dem US-Handelsministerium um – jedes Jahr. Jetzt versetzt eine neue Zahl ganz Hollywood in Aufregung: 82,7 Milliarden Dollar. 

Für diese Summe will der Streaminganbieter Netflix den legendären Filmkonzern Warner Brothers kaufen – zumindest dessen Studios sowie die Streaming-Sparte der Töchter HBO und HBO Max. Damit kämen prestigeträchtige Filmmarken wie Harry Potter, Herr der Ringe, Superman oder Game of Thrones ins Portfolio des roten Streaming-Riesen. Der Deal gehört zu den grössten in der Entertainment-Branche. Konkurrent Paramount will diesen nun mit einem Konterangebot von 108 Milliarden Dollar torpedieren. 

Dabei haben sich Netflix und Warner Brothers eigentlich bereits geeinigt – und mit dem Deal die Branche durchgeschüttelt. Der Architekt des Mega-Deals: Ted Sarandos (61), Co-Chef von Netflix. Ein Filmproduzent nannte ihn in einem Artikel der «Los Angeles Times» kürzlich ehrfürchtig «den König von Hollywood». Doch selbst Könige verlieren an Ansehen – und Sarandos ist keine Ausnahme.

Steiler Aufstieg bei Netflix

Der Mann aus Phoenix im US-Bundesstaat Arizona ist bereits seit 25 Jahren für Netflix tätig. In dieser Zeit hat er die frühere DVD-Ausleihe-Bude aus dem Silicon Valley in den weltweit führenden Streaming-Konzern verwandelt. Vom Programmchef für Inhalte stieg der Sohn eines Elektrikers schliesslich zum Co-CEO neben Gründer Reed Hastings (65) auf. Heute führt er das Unternehmen zusammen mit Greg Peters (54).

Klar ist: Ohne Sarandos wäre Netflix nicht die Erfolgsmaschine, die wir heute kennen. Denn in seiner Zeit als Programmchef trieb der ehemalige Inhaber einer Videoverleih-Kette so manche internationale Serien-Hits voran. Ein prominentes Beispiel: die Polit-Serie House of Cards. 2011 hat er dem Regisseur David Fincher (63) 100 Millionen Dollar für zwei Staffeln geboten. Ein grosses Wagnis. Gerüchten zufolge hat Sarandos aber nicht einmal die Pilotfolge angeschaut. Auch den mehrfach abgewiesenen Autoren-Zwillingen Matt und Ross Duffer (beide 41) gab Sarandos eine Chance: Bei Netflix wurde ihr Projekt Stranger Things schliesslich zum Welterfolg. 

Nun will der Netflix-Chef mit dem Mega-Deal «jährlich zwei bis drei Milliarden Dollar an Kosten einsparen.» Daneben will er aber das Angebot für Netflix-Abonnenten massiv ausbauen, wie es in einer Mitteilung des Konzerns heisst. 

Macht Netflix-Chef das Publikum zu «Binge Zombies»?

Mit diesen Sparplänen sorgt Sarandos für viel Unmut – über Hollywood hinaus. Die demokratische US-Senatorin Elizabeth Warren (76) nannte die geplante Fusion einen «Alptraum für die Monopolbekämpfung». Star-Regisseur James Cameron (71), bekannt für Blockbuster wie Titanic oder die Avatar-Reihe, bezeichnete das Vorhaben noch vor der offiziellen Bekanntgabe als «eine Katastrophe». Und Schauspielerin Jane Fonda (87) sprach in einer gemeinsamen Mitteilung mit ihrer Künstlerorganisation «Committee for the First Amendment» davon, dass durch den Deal «die kreative Branche kaputtgemacht wird». 

Stein des Anstosses: die stark kriselnde Kinobranche. Denn mit dem Aufkommen von Streaming-Plattformen wie Netflix veränderte sich auch der Medienkonsum: weg von der Leinwand, hin zum Sofa. Kritiker werfen Sarandos vor, hauptverantwortlich für diese Entwicklung zu sein. Er hätte das Publikum zu «Binge Zombies» erzogen, die sich Filme nicht mehr häppchenweise im Kino, sondern gleich am Stück reinziehen. Jetzt geht in Hollywood die Angst um, dass Sarandos künftig sämtliche Warner-Produktionen direkt zu Netflix holen wird. Er ist deshalb wohl gerade ein der am meisten gehassten Personen in Hollywood.

Was bedeutet der Deal also für die Zukunft des Kinos? Am Freitag versuchte Sarandos zu besänftigen: Man habe nichts gegen Filme in Kinos, sagte er in einem Call mit Investoren. Entscheidend sei einzig das Zeitfenster, in denen Kinos exklusiv einen neuen Film spielen dürfen. Kinobetreiber wollen, dass Filme möglichst lange nur im Kino zu sehen sind. Sarandos hingegen kündigt an, dass die Zeitfenster «deutlich kundenfreundlicher» werden dürften. Wahrscheinlich wandern Filme also bald deutlich schneller auf die Streaming-Plattform als bisher. Für Abonnenten erfreulich, für viele in der Unterhaltungsbranche aber ein Alptraum. Für sie trägt Sarandos keine Krone – sondern die Schaufel für das Kino-Grab.

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