Darum gehts
- Dauercamper müssen Campingplatz Lido in Rapperswil-Jona SG bis Ende Jahr räumen
- Vor allem der Trend hin zu «Glamping» setzt Dauercamper unter Druck
- Ein Beispiel aus Winterthur ZH zeigt, dass Luxuscamping nicht bei allen gut ankommt
Und wieder einmal heisst es für hiesige Dauercamper: Abschied nehmen. Diesmal trifft es die langjährigen Bewohner vom Campingplatz Lido in Rapperswil-Jona SG. Bis Ende Jahr müssen sie den Platz – oder ihr Paradies, wie es viele nennen – samt ihren Wohnwagen geräumt haben, wie der «Tagesanzeiger» berichtet.
Die Stadt plant, die angrenzende Badewiese direkt am Zürichsee zu vergrössern. Dafür hat sie mit den Landbesitzern ein Deal abgeschlossen: Die Eigentümer erhalten eine Fläche an der nahe gelegenen Schönbodenstrasse für ein geplantes Bauprojekt. Die Stadt übernimmt im Gegenzug das Campingplatz-Grundstück.
Bewohnerinnen fällt der Abschied schwer
Für die Dauercamper und -camperinnen im Lido ist es ein emotionales Unterfangen: Manche zählen den Platz bereits seit mehr als 20 Jahren zu ihrem zweiten Zuhause. Bewohnerin Debora Büsser findet gegenüber der Zeitung klare Worte: «Schon als wir zurück rücken mussten, dachte ich, das sei der Weltuntergang.» Jetzt ist das definitive Aus bald Realität.
Ein weiteres Beispiel, wo Dauercamper ihr heiss geliebtes Paradies räumen mussten, ist der Campingplatz Gampelen in Bern direkt am Neuenburgersee. Vergangenen Oktober schloss der Betrieb, da er sich mitten in einem Naturschutzgebiet befindet. Fast 800 Campingplätze verschwanden so.
Auch beim Campingplatz Erlach in Biel BE mussten langjährige Saisonmieter weg: Nach einem Pächterwechsel im Jahr 2021 stiegen die Preise kräftig an. Und viele Dauercamper beschlossen schweren Herzens, den Platz zu verlassen.
Anhaltender Campingboom setzt Saisonmieter unter Druck
Dass Dauercamper in der Schweiz zunehmend unter Druck geraten, beobachtet auch Marcel Zysset (58). Er ist Präsident vom Campingverband Swisscamps, dem mehr als 200 Campingplätze angegliedert sind. «In den letzten Jahren sind vermehrt Dauer- und Saisonplätze abgebaut worden», sagt der Branchenkenner gegenüber Blick. Dies habe mehrere Gründe. Zum einen rentieren sich touristische Gäste deutlich mehr. «Wirtschaftlich betrachtet bieten die wiederkehrenden Touristen eine stärkere Kaufkraft und somit eine grössere Wertschöpfung», sagt Zysset.
Ein weiterer Punkt, den der Swisscamp-Präsident nennt, ist der stets beliebter werdende «Glamping»-Trend. «Glamping» ist eine Wortschöpfung aus Glamour und Camping und steht für die Luxusvariante des Campens: Touristen bekommen das Camping-Feeling, aber in voll ausgerüsteten Hütten.
Die Situation am Schützenweiher in Winterthur ZH veranschaulicht das Problem. Der dortige Campingplatz soll für 6,9 Millionen Franken zu einem 4-Sterne-Camping aufgewertet werden – unter anderem sind rund zehn Unterkünfte im «Glamping»-Stil vorgesehen. Der Touring Club Schweiz (TCS) soll dann als neuer Pächter übernehmen.
Winterthurer kämpfen gegen Luxuscamping
Doch das Vorhaben stösst in Winterthur auf Widerstand: Insgesamt wurden 600 Unterschriften gegen den neuen Campingplatz Schützenweiher gesammelt, wie die Stadt Winterthur Ende November mitteilte. Ein Referendum kam zustande. Schlussendlich hat also das Winterthurer Stimmvolk bei der Zukunft des Schützenweihers das letzte Wort.
Beim Campingplatz La Nouvelle Plage in Estavayer-le-Lac FR kam es zu einem ähnlichen Knatsch. Auch dort steht ein Umbau zu einem 4-Sterne-Camping an – bis Ende 2026 soll er abgeschlossen sein. Und auch dort verlieren Dauercamper ihr Zuhause. Ihre Parzellen werden zusammengestrichen – von heute über 100 auf rund 20. Interessant: Den Auftrag für den Umbau und den Betrieb des Campings hat die Gemeinde ebenfalls dem TCS vergeben.
Glamping ist also voll im Trend: Für hippe Bungalows oder Safarizelte müssen zwangsläufig andere Angebote weichen, was für Dauercamper immer mehr zur Belastung wird.