Im Visier der Kriminellen, Bargeld wird unbedeutender, Konkurrenz durch Supermärkte
Bancomat gerät zunehmend unter Druck

Die hiesigen Geldautomaten werden immer wieder Opfer von Sprengangriffen. Der klassische Bancomat verschwindet jedoch aus anderen Gründen zunehmend. Das hat etwa auch mit den Supermärkten zu tun.
Publiziert: 13:01 Uhr
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Aktualisiert: 13:07 Uhr
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Neue Kundengewohnheiten und alternative Lösungen setzen die Betreiber von Bancomaten unter Zugzwang.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Darum gehts

  • Bancomaten-Sprengungen nehmen ab, bleiben aber ein Problem für Schweizer Behörden
  • Professionelle Banden nutzen geografische Lage und dichte Automatenabdeckung der Schweiz aus
  • Seit 2020 ist die Anzahl der Geldautomaten um 18 Prozent gesunken
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Die Schweiz ist ein Land, in dem Bargeld immer noch eine grosse Bedeutung hat – trotz des Trends hin zum digitalen Zahlen mit der Karte oder dem Smartphone. Entsprechend gibt es hierzulande im Vergleich mit anderen europäischen Ländern relativ viele Bankautomaten. Das ruft aber immer wieder Kriminelle auf den Plan ruft.

Die gute Nachricht zuerst: Die Zahl der Anschläge auf Schweizer Bancomaten ist im ersten Halbjahr zurückgegangen. Von Januar bis Juni wurden laut dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) 8 Bancomaten gesprengt. Im gesamten Jahr 2024 waren es noch 48 Vorfälle gewesen, wobei insbesondere die Nordwestschweiz betroffen war.

Täter werden immer professioneller

Die Sprengungen von Geldautomaten sind aber trotzdem alarmierend, denn sie bringen die Bundesbehörden an ihre Grenzen. Die Bundespolizei Fedpol sieht diese Masche von kriminellen Banden als Teil eines europäischen Phänomens, denn auch in Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden ist die Problematik bekannt. Aufgrund ihrer geografischen Lage und der dichten Automatenabdeckung ist die Schweiz aber ein besonders beliebtes Ziel. Im Jahr 2022 wurden gar 52 Angriffe verzeichnet – ein europäischer Spitzenwert.

Weil die Tätergruppen immer professioneller werden, haben viele Institute ihre Sicherheitsvorkehrungen nun überarbeitet. Details zur Beute oder den eingesetzten Schutzmassnahmen bleiben jedoch meist unter Verschluss. Zudem fordern Politiker von links bis rechts eine Gesetzesänderung: Künftig sollen die Kantone zuständig sein.

Jeder fünfte Geldautomat seit 2020 verschwunden

Unabhängig von kriminellen Angriffen stellt sich zunehmend die Frage, ob klassische Geldautomaten überhaupt noch eine Zukunft haben. Der Rückgang des Bargeldgebrauchs, neue Kundengewohnheiten und alternative Lösungen setzen die Betreiber der Geräte unter Zugzwang. Entsprechend ist die Anzahl der Bancomaten in der Schweiz seit Jahren rückläufig. Laut Zahlen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gibt es hierzulande noch gut 6000 Automaten für den Bargeldbezug. 2020 waren es noch knapp 7300 – ein Rückgang von 18 Prozent innert 5 Jahren.

Das ist eine Folge einer geringeren Nachfrage nach Bargeld: Postfinance etwa registrierte bei den Transaktionen an ihren 777 Postomaten in den ersten Monaten dieses Jahres ein Minus von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den Vorjahren sei ein ähnlicher Rückgang beobachtet worden, sagte ein Sprecher der Post-Tochter der Nachrichtenagentur AWP.

Supermärkte konkurrenzieren Bancomaten

Dieser Entwicklung steht ein wachsender Trend zu digitalen Zahlungsmethoden gegenüber. Hinzu kommen neue Bezugsmodelle für Bargeld: So ist es beispielsweise seit März 2025 in allen 247 Aldi-Filialen in der Schweiz möglich, beim Bezahlen an der Kasse zwischen 20 und 300 Franken abzuheben.

Vor dem Hintergrund der rückläufigen Nutzung und steigenden Betriebskosten denken Banken zunehmend über gemeinsame Infrastrukturen nach. In Frankreich haben sich mehrere Institute – darunter BNP Paribas, Société Générale und Crédit Mutuel – zum Gemeinschaftsnetz CashServices zusammengeschlossen. Auch in der Schweiz gibt es erste Schritte in diese Richtung: Die Post verfolgt laut eigenen Angaben Partnerschaften mit Drittbanken, um dezentrale Automatenlösungen gemeinsam zu betreiben. Insbesondere Poststellennetz-Chef Thomas Baur (61) hat sich dem Kampf gegen eine Schweiz als Bargeld-Wüste verschrieben.

Ob der klassische Bancomat künftig ein Auslaufmodell ist, bleibt offen. Klar ist: Die Bargeldversorgung bleibt für viele Menschen ein zentrales Bedürfnis – auch in Zeiten digitaler Bezahltrends.

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