Jetzt sollen Kantone ran
Bancomat-Sprenger bringen Bundesermittler ans Limit

Kriminelle greifen Bancomaten vermehrt mit Sprengstoff an – die Fallzahlen steigen weiter. Das bringt die Bundesbehörden an ihre Grenzen. Nun fordern Politiker von links bis rechts eine Gesetzesänderung: Künftig sollen die Kantone zuständig sein.
Publiziert: 13:39 Uhr
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Aktualisiert: vor 42 Minuten
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Letztes Jahr wurden hierzulande so viele Bancomaten gesprengt wie noch nie. Hier im Bild: ein zerstörter Automat in Kölliken AG.
Foto: Kantonspolizei Aargau

Darum gehts

  • Bundesanwaltschaft hat so viele Verfahren wegen Geldautomat-Sprengungen auf dem Tisch wie nie
  • Niederländische Banden mit Verbindungen zur Mocro-Mafia vermutlich verantwortlich
  • Politiker wollen Kantonspolizeien mit Ermittlung beauftragen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Diesmal ging der Plan nicht auf: Letzte Woche versuchte eine Bande, mithilfe von Sprengstoff einen Bancomaten in Lützelflüh-Goldbach BE in die Luft zu sprengen. Die Täter deponierten eine Sprengstoffladung neben dem Geldautomaten, die jedoch nicht explodierte. Sie flüchteten ohne Beute.

Für die Untersuchung wurden aus Sicherheitsgründen gleich mehrere umliegende Gebäude evakuiert und Strassen gesperrt. Vorsorglich wurde ein Ambulanzteam aufgeboten.

Viel Beute gemacht, Verwüstung hinterlassen

Nicht immer verlaufen solche Aktionen so glimpflich. Bancomatsprengungen hinterlassen in der Schweiz vermehrt Spuren der Verwüstung. Letztes Jahr sind so viele Bancomaten gesprengt worden wie noch nie. Nach Angaben des Bundesamts für Polizei (Fedpol) jagten Kriminelle insgesamt 25 Bancomaten in die Luft. Der Trend hält an: Seit Anfang Jahr kam es bisher zu acht Bancomatsprengungen in der Schweiz.

Mehrheitlich für diese Angriffe verantwortlich sind kriminelle Banden aus den Niederlanden, vermutet das Fedpol. Ihnen werden Verbindungen zur niederländischen Drogenmafia, der sogenannten Mocro-Mafia, nachgesagt. In Deutschland sprengen sie seit Jahren täglich mindestens einen Automaten.

Die Geldautomaten-Angriffe erfolgen auf verschiedene Weisen: Während vor 2018 hauptsächlich sogenannte Lasso-Angriffe verübt wurden, nutzen die Täter heute auch Sprengstoff, wie das Fedpol mitteilt. Bei den Lasso-Angriffen versuchen die Täter, die Geldautomaten mit einem Seil herauszureissen, um so an die Geldkassetten zu gelangen.

Die Angriffe sind offensichtlich lukrativ. Das zeigt beispielsweise die Aargauer Kriminalstatistik 2022: Bei zwölf Sprengungen erbeuteten die Täter dort total 1'600'000 Franken.

Kantonspolizeien sollen übernehmen

Wird ein Geldautomat mittels Gas-Explosion, Werkzeugen oder elektronischer Manipulation aufgebrochen, ist die Kantonspolizei vor Ort zuständig. Ist jedoch Sprengstoff im Spiel, muss zwingend das Fedpol den Lead für die Ermittlungen übernehmen, die Bundesanwaltschaft das Strafverfahren.

Und dort stapeln sich inzwischen die Fälle, weil es so viele Sprengungen gab. Die Verfahren sind zudem aufwendig, weil internationale Rechtshilfe nötig ist. Ende 2024 führte die Bundesanwaltschaft rund 100 Strafverfahren im Zusammenhang mit Bancomatsprengungen – «ein Phänomen mit seit Jahren steigenden Fallzahlen», heisst es dort auf Anfrage.

Nun will die Politik eingreifen: 28 Parlamentarier von links bis rechts haben einen Vorstoss unterzeichnet. Darin fordern sie den Bundesrat auf, die Gesetze so zu ändern, dass auch Angriffe auf Geldautomaten mit Sprengstoff in die kantonale Zuständigkeit fallen; wie dies bei anderen Arten von Angriffen auf Geldautomaten bereits der Fall ist. «Damit erhält das Fedpol die Möglichkeit, sich wieder vermehrt auf die Bekämpfung der Mafia oder Geldwäscherei zu konzentrieren», so GLP-Motionärin Céline Weber (50). Angesichts der aktuellen Bedrohungslage sei dies wichtig, so die Waadtländer Nationalrätin.

Mehr Polizistinnen und Ermittler gefordert

Die vielen Ermittlungen von Bancomatsprengungen bringt das Fedpol und die Bundesanwaltschaft an den Anschlag. Die Bundesanwaltschaft schlug bereits Alarm, sie könne Fälle von organisierter Kriminalität und Cyberdelikte wegen des Personalmangels bei der Bundeskriminalpolizei nicht sofort bearbeiten.

Matthias Müller, Kommunikationschef der Bundesanwaltschaft, fordert einen kontinuierlichen Ausbau um jährlich fünf bis zehn zusätzliche Stellen bei der Bundeskriminalpolizei, um die Verbrechen zu bekämpfen.

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