Darum gehts
Darauf hätte die Schweizer Industrie gerne verzichtet: Ein weiteres Nachbarland in der Krise! Frankreich gehört zu den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz und nun lähmt die komplette politische Blockade auch die französische Wirtschaft. Gerade mal 0,6 Prozent soll diese 2025 noch wachsen, was von vielen Beobachtern als «unterdurchschnittlich» eingestuft wird.
Das spürt vor allem die Schweizer Techindustrie, die unter dem US-Zollhammer von 39 Prozent und der viel zu langsamen Erholung bei Nachbar Deutschland sowieso schon leidet. Das sind zwar die beiden wichtigsten Absatzmärkte – doch auch Frankreich als viertgrösster Absatzmarkt ist für die Schweizer Industrie von einiger Bedeutung. «Die instabile politische Situation fördert die Investitionstätigkeit in Frankreich nicht», sagt Jean-Philippe Kohl (59), Vizedirektor und Leiter Wirtschaftspolitik beim Branchenverband Swissmem. «Das werden wir als Exporteure von Investitionsgütern nach Frankreich deutlich spüren.»
Schon weniger Exporte im zweiten Quartal
Denn Investitionsgüter werden vor allem dann gekauft, wenn Firmen an den Aufschwung glauben, neue Maschinen brauchen, um daran partizipieren zu können. Danach sieht es in Frankreich derzeit eher weniger aus. In der Exportstatistik zu unserem westlichen Nachbarn zeigen sich bereits erste Bremsspuren: «Im ersten Quartal waren die Exporte noch positiv, während die Ausfuhren nach Frankreich im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal um 4,3 Prozent geschrumpft sind», so Kohl. Mit der aktuellen Politikkrise dürfte sich dieser Rückgang in den kommenden Quartalen weiter verschärfen.
Auch Johannes von Mandach (31), Ökonom bei Wellershoff & Partners, weiss um die Bedeutung von Frankreich für die Schweizer Wirtschaft: «Es würde nur schon helfen, die politische Blockade löste sich auf und die Verabschiedung eines vernünftigen Budgets wäre möglich.» Doch danach sieht es im Moment nicht aus. Das Problem: «Die politische Situation schlägt den Leuten aufs Gemüt, die Konsumentenstimmung in Frankreich ist stark unterdurchschnittlich.»
Tickende Zeitbombe
Das trifft zwei andere Schweizer Branchen hart: die Landwirtschaft und den Tourismus. Denn gerade Schweizer Fleisch gehört zu den wichtigsten Exportgütern nach Frankreich. Und wissen die Konsumenten nicht, ob das Land seine Verschuldung in den Griff bekommt, werden sie es sich zweimal überlegen, zum Beispiel für ein verlängertes Wochenende in die nahe – aber auch teure – Schweiz zu reisen.
Die Verschuldung Frankreichs ist eine tickende Zeitbombe, das Land hat nach Griechenland und Italien gemessen an der Wirtschaftsleistung die dritthöchste Schuldenquote in der EU. «Das Problem liegt in der politischen Uneinigkeit, wie Frankreich sich aus der Schuldensituation befreien könnte», sagt Fredy Hasenmaile (58). Auch wenn es noch nicht so weit sei, das «Gespenst einer neuen Euro-Schulden-Krise» zeichne sich ab, so der Chefökonom von Raiffeisen.
Und was dann passiert wissen wir alle: Fliegen die Schulden den Franzosen um die Ohren, dann wird das den im Moment recht stabilen Euro schwächen: «Das würde dann wohl zu einer massiven Aufwertung des Schweizer Frankens führen, mit der bekannten Belastung für die Schweizer Exporte in die Eurozone», gibt Kohl von Swissmem zu bedenken.