Die Regierungskrise in Frankreich spitzt sich weiter zu: Nur ein Tag nach Bekanntgabe seiner neuen Regierung trat der vor erst 27 Tagen ernannte französische Premierminister Sébastien Lecornu (39) am Montagmorgen überraschend zurück. Das am Sonntagabend bekannt gegebene neue Mitte-Rechts-Kabinett wurde von allen Seiten kritisiert.
Wenige Stunden später folgte der Paukenschlag: Am Montagmorgen teilte Lecornu Präsident Emmanuel Macron (47) überraschend mit, er ziehe sich vom Amt zurück. Macron akzeptierte den Rücktritt. Vor den Medien verkündete der scheidende Premier seine Gründe für den Rückzug. Er sei der Ansicht, dass die Aufgabe, eine Regierung zu bilden «schwierig ist, wahrscheinlich derzeit sogar noch schwieriger», und glaubt, dass die Voraussetzungen für eine Regierungstätigkeit «nicht gegeben» seien. Die Parteien haben nur an ihre eigenen Interessen gedacht – das habe Kompromisse praktisch unmöglich gemacht. «Man kann nicht Premierminister sein, wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind.»
Wie geht es jetzt weiter?
Diese neuste Entwicklung stürzt Frankreich erneut in eine tiefe Krise. Bereits nach der Verteilung der Schlüsselressorts war zwar klar, dass sich die neue Regierung mit einer internen Krise auseinandersetzen muss – dennoch kommt der Rücktritt überraschend.
Wie es nun mit der Regierung weitergeht, ist völlig unklar. Macron ist jetzt gezwungen, zum dritten Mal in diesem Jahr auf die Suche nach einem neuen Premierminister zu gehen. Allerdings kann er auch das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Klar ist: Die Luft für den Präsidenten wird immer dünner. Erste Stimmen glauben, dass er für die jüngste Entwicklung die Verantwortung übernehmen muss. Mathilde Panot, Parteivorsitzende der linkspopulistischen Partei LFI fordert den Präsidenten zum Rücktritt auf. «Lecornu tritt zurück. Drei Premierminister innerhalb eines Jahres besiegt. Der Countdown läuft, Macron muss gehen.»
In einem Interview mit dem Sender BFMTV kurz nach der Ankündigung des Rücktritts meinte der Vorsitzende der rechten Oppositionspartei Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, dass «der kurzlebige Premierminister keinen Handlungsspielraum hatte. Es war mit Sicherheit Emmanuel Macron, der diese Regierung selbst gebildet hat», behauptete er und versicherte, dass dieser «die Situation, in der wir uns befinden», nicht verstanden habe. «Ohne eine Rückkehr zu den Wahlen und ohne die Auflösung der Nationalversammlung kann es keine Wiederherstellung der Stabilität geben», betonte er.
«Die Zukunft des Landes steht auf dem Spiel»
Und auch aus dem Lager der konservativen «Les Républicains», die an der neuen Regierung beteiligt waren, kommen Stimmen, die Macron zum Rücktritt auffordern. «Im Interesse Frankreichs muss Emmanuel Macron seinen Rücktritt planen, um die Institutionen zu schützen und eine Situation zu entschärfen, die seit der absurden Auflösung unvermeidlich war. Er ist der Hauptverantwortliche für diese Situation. Nach der Wahl des neuen Präsidenten müssen Neuwahlen folgen, nach einem Wahlkampf, in dem starke Projekte demokratisch miteinander konkurrieren. Die Zukunft unseres Landes stehen auf dem Spiel.»
Was sich an den ersten Aussagen klar zeigt: Die Parteien schieben sich gegenseitig die Schuld zu. «Wie viele von Ihnen verzweifle ich an diesem Zirkus, bei dem jeder seine Rolle spielt, aber niemand Verantwortung übernimmt», reagierte die kürzlich wiederernannte und bereits zurückgetretene Ministerin für den ökologischen Wandel, Agnès Pannier-Runnacher, auf X. Sie stammt aus Macrons Partei Renaissance.