Darum gehts
- Arbeitnehmer fordern 2% mehr Lohn, Arbeitgeber halten 1% für realistisch
- US-Präsident Trumps Zölle beeinflussen die Schweizer Wirtschaft negativ
- Reallöhne sind seit 2020 gesunken, 2024 Erholung mit 0,7% Steigerung
Der Kampf um die Lohnrunde 2026 ist in vollem Gang: Der Arbeitnehmer-Dachverband Travailsuisse lancierte am Dienstag den Lohnherbst mit einer klaren Forderung. Durchschnittlich zwei Prozent mehr Lohn soll es nächstes Jahr geben. Noch gleichentags konterte der Arbeitgeberverband mit einer Stellungnahme. Man müsse «Stabilität wahren mit massvollen Lohnerhöhungen», schreibt er darin. Mehr als ein Prozent sei «nicht mehr realistisch». Was sind die Argumente der beiden Seiten? Blick klärt auf.
Arbeitgeberseite – Trump macht uns das Leben schwer
2025 sei «kein normales Jahr», argumentiert der Arbeitgeberverband. Sein Grund: US-Präsident Donald Trump und seine Zölle von 39 Prozent, mit denen er die Schweizer Wirtschaft gängelt. Die Forderungen von zwei Prozent mehr Lohn seien sowieso schon «überhöht» gewesen. «Angesichts der neuen Ausgangslage sind sie noch überzogener», schreiben die Arbeitgeber in ihrer Mitteilung.
Trumps Zollhammer ist entsprechend auch das Hauptargument des Arbeitgeberverbands, weshalb zu hohe Lohnforderungen nicht gerechtfertigt seien. Der US-Zoll mache zahlreichen Firmen einen Strich durch die Rechnung. In vielen Branchen gehe es nun darum, die Existenz der Betriebe zu sichern und damit möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Laut dem Verband dürften «früher oder später» nahezu alle Schweizer Unternehmen von Trumps Zollpolitik betroffen sein – zumindest indirekt, weil der Strafzoll die Unsicherheit erhöhe und letztlich den Schweizer Wirtschaftsmotor bremse.
Arbeitnehmerseite – steigende Kosten sollen ausgeglichen werden
Die Gewerkschaften unter dem Dach von Travailsuisse führen zwei Hauptargumente für ihre Forderung von zwei Prozent Lohnerhöhung ins Feld. Erstens seien die Lebenshaltungskosten zuletzt stark gestiegen – insbesondere die Mieten und die Krankenkassenprämien. Letztere haben sich von 2023 bis 2025 zwischen 5,4 und 8,1 Prozent verteuert. «Die Arbeitgebenden haben es in den letzten Jahren vielerorts versäumt, die Löhne an die höheren Lebenshaltungskosten der Arbeitnehmenden anzupassen», so Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travailsuisse.
Zweitens seien die Reallöhne, also die Löhne unter Berücksichtigung der Teuerung, in den Jahren 2021 bis 2023 «in einem für die Nachkriegszeit beispiellosen Ausmass» gesunken. Dieser Rückgang müsse weiter ausgeglichen werden, so die Forderung – auch wenn sich im letzten und in diesem Jahr eine «deutliche Erholung dank wachsenden Nominallöhnen und einer tieferen Inflation» zeige.
So haben sich die Reallöhne zuletzt entwickelt
Die realen Löhne sind tiefer als zu Beginn der Corona-Pandemie. Tatsächlich sind die Reallöhne nach 2020 drei Jahre in Folge gesunken. Seit 2024 geht es aber wieder aufwärts. Die UBS gibt die inflationsbereinigte Lohnerhöhung für dieses Jahr mit durchschnittlich 0,7 Prozent an. Und für nächstes Jahr rechnet die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich in ihrer neusten Lohnumfrage mit einem höheren Reallohn von 0,8 Prozent.
Was auffällt: Besonders die männlichen Arbeitnehmer mussten in den letzten Jahren starke Einbussen beim Reallohn hinnehmen. Trotzdem aber verdienen Männer im Schnitt weiterhin mehr als Frauen. Das Lohngefälle lag 2022 bei 9,5 Prozent.