Darum gehts
- Schweizer Regierung erwägt Lockerung des Importverbots für Chlorhühner aus USA
- Chlorbehandlung dient der Keimreduzierung auf US-Megafarmen
- Landwirtschaft als symbolischer Trumpf für US-Deal?
Landen in den Schweizer Haushalten bald Chlorhühner auf dem Teller? Die Schweizer Regierung soll für einen Deal mit den USA am Importverbot für Chlorhühner rütteln wollen, wie die «NZZ am Sonntag» mit Verweis auf gut informierte Quellen schreibt.
Die Haltungsbedingungen auf den Megafarmen in den USA sind mit der Schweizer Landwirtschaft nicht vergleichbar. Damit bei mehreren Hunderttausend oder gar über einer Million Hühner auf einer US-Farm keine Salmonellen oder Keime ins Pouletfleisch gelangen, werden die Hühner nach der Schlachtung in ein Chlorbad getaucht und danach gewaschen. Der Chlorgehalt liegt dabei tiefer als in einem Freizeitbad.
Landwirtschaft noch stark geschützt
Doch die Praxis steht für die tieferen Hygienestandards sowie schlechtere Haltungsbedingungen und ist in der EU und der Schweiz verboten. Nun soll dieses Verbot fallen. Bereits im Deal mit den USA, der im Juli auf dem Tisch gelegen ist, war eine Lockerung beim Chlorhühnerimport vorgesehen.
Die Landwirtschaft ist praktisch der einzige Bereich, in dem die Schweiz noch hohe Handelshürden gegenüber den USA aufrechterhält. Industriezölle hat die Schweiz per 1. Januar 2024 abgeschafft. Deshalb forderte SP-Urgenstein Peter Bodenmann (73) bereits im April, dass die Agrarzölle als «symbolische Opfergabe für Trump» fallen sollen. Die «absurd hohen Landwirtschaftszölle sollten wir endlich abschaffen», schrieb er in einer «Weltwoche»-Kolumne.
«Das war bisher tabu»
Bei den in den USA verbreiteten Hormonrindern ist eine Ausfuhr in die Schweiz möglich. Weil die Tiere in der Schweiz keine wachstumsfördernden Hormone erhalten dürfen, muss das Fleisch jedoch entsprechend deklariert werden. Das wäre auch bei Chlorhühnern der Fall. Ist das Chlorhuhn im Laden als solches deklariert, können Konsumenten immer noch selbst entscheiden, ob sie das Produkt kaufen möchten oder nicht.
Beim Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern weibelte man im Frühling für einen ambitionierten Deal, nach dem die Schweiz gar ein Freihandelsabkommen mit den USA anstreben solle. Bei den damaligen Berechnungen ging das IWP davon aus, dass die Schweizer Landwirtschaftsproduktion realistischerweise um rund ein Prozent schrumpfen würde. An einem solchen Abkommen dürfte US-Präsident Donald Trump (79) jedoch kaum Interesse haben – plant er doch mit festen Zolleinnahmen, dank denen er die eigenen Kassen aufpolieren kann.
Würde man nur den Chlorhuhnimport erlauben, wäre der Schaden in der Landwirtschaft um einiges kleiner. Doch bei den Geflügelproduzenten stösst der Plan bereits auf wenig Gegenliebe. «Ich finde es absolut inakzeptabel, dass der Bundesrat die Grenzen für Chlorhühner öffnen will. Das war bisher tabu», sagt Adrian Waldvogel, Präsident der Schweizer Geflügelproduzenten zur «NZZ am Sonntag».