Darum gehts
- Business-Apartments boomen in Zürich, sorgen für Unmut bei Einheimischen
- Sexgewerbe verlagert sich zunehmend in Apartment-Hotels für mehr Diskretion
- Zürich hat 5320 Business-Apartments, 1850 mehr als im Jahr 2020
Business-Apartments sind in der Immobilienbranche grad schwer in Mode. Investoren wittern das schnelle Geld. Firmen, die möblierte Wohnungen auch kurzfristig und befristet anbieten, schiessen deshalb wie Pilze aus dem Boden. Die Angebote richten sich an Geschäftsleute, bei denen Geld keine Rolle spielt, und an wohlhabende Touristen, die länger bleiben – entsprechend hoch sind die Mieten. Bei Einheimischen kommen sie nicht gut an, weil die Apartments den sowieso schon überhitzten Wohnungsmarkt zusätzlich austrocknen.
Besonders angespannt ist die Lage in Zürich, wie neue Zahlen zeigen. 5320 Business-Apartments gibts in der grössten Stadt der Schweiz. Das sind 1850 mehr als 2020. Die Wohnungen befinden sich vor allem in der Innenstadt, wo Wohnraum sowieso schon knapp und entsprechend teuer ist. Im Langstrassenquartier seien 8,4 Prozent der Wohnungen Business-Apartments, heisst es weiter. Auch der Kreis 1 und die Quartiere Werd und Hard hätten einen hohen Anteil. Steigend sei zuletzt auch der Bestand in Oerlikon mit einem Anteil von 2,8 Prozent gewesen. 2020 waren es dort erst 0,8 Prozent.
«Meine Kunden schätzen die Privatsphäre»
Auch das Sexgewerbe macht sich in den Business-Apartments breit. Immer mehr Prostituierte verlagern ihre Arbeit in grosse Apartment-Hotels, wie Recherchen der «Rundschau» von SRF zeigen. Kunden schätzen dort die Diskretion und Anonymität. Die Prostituierte schickt dem Freier den Zugangscode zum Gebäude per SMS. Drin ist er, an einer Rezeption melden und ausweisen muss er sich nicht. «Hier bin ich unabhängiger», sagt die 58-jährige Sexarbeiterin Claudia Nova, die in einem Basler Self-Check-in-Hotel arbeitet. «Meine Kunden schätzen die Privatsphäre hier.» Eine andere Prostituierte berichtet von negativen Erlebnissen. Und von Zuhältern, die vor dem Haus warten und Geld abzügeln.
Auch für Milieu-Kenner Stephan Fuchs, er ist Co-Leiter der Opferschutzorganisation Victras ist, ist der Trend gefährlich. Er warnt, viele Frauen seien nicht freiwillig da: «Häufig ist ein Zuhälter in der Nähe. Es ist eigentlich die klassische Strassenprostitution, die sich in die Hotels zurückgezogen hat», sagt er im Bericht. Die Täter nutzten die Anonymität: «Es ist wie ein Wanderzirkus.» Gruppen aus Zuhältern und Frauen zögen von Haus zu Haus, um nicht aufzufallen. Sie seien nie länger als zwei Wochen am gleichen Ort.
«Wir reagieren auf alle Hinweise, die auf Prostitution hindeuten»
Im Bericht der Rundschau fällt immer wieder der Name von Visionapartments. Die Firma gehört der millionenschweren Unternehmerin Anja Graf (48). Visionapartments bewirtschaftet 2500 Apartments in der Schweiz, deren 1500 im Grossraum Zürich. SRF hat 100 Prostituierte angeschrieben und sich als Freier ausgegeben. 60 antworteten – praktisch alle gaben eine Vision-Adresse an. Dabei ist Sexarbeit laut den allgemeinen Geschäftsbedingungen dort verboten. Visionapartments weist gegenüber SRF jede Verantwortung zurück, die Prostituierten würden dort nur wohnen.
«Weniger als ein Prozent unserer Apartments werden von Prostituierten belegt, sie gehen ihrer Arbeit ausserhalb der Apartments nach», sagt eine Sprecherin zu Blick. Sie spricht von «Einzelfällen». Visionapartments habe verschiedene Massnahmen gegen eine missbräuchliche Nutzung umgesetzt. «Wir leiten die Ausweisdaten an die Polizei weiter, an der Rezeption kontrollieren unsere Mitarbeiter», sagt sie. Zudem sei Sicherheitspersonal vor Ort, öffentliche Bereiche würden videoüberwacht. «Mit der Legalisierung der Prostitution in der Schweiz wurden die problematischen Nebenwirkungen des Gewerbes auf die Privatwirtschaft verlagert», führt sie aus.
Laut den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Visionapartments dürfen sich zudem nur angemeldete Gäste uneingeschränkt im Haus aufhalten. «Dies wird stichprobenartig kontrolliert», sagt die Sprecherin zu Blick. Bei Verstössen würden die betroffenen Personen ausgewiesen und gegebenenfalls die Polizei informiert. «Wir reagieren umgehend auf jegliche Hinweise, die auf Prostitution hindeuten. Wir weisen die Personen sofort aus den Liegenschaften und setzen sie auf eine schwarze Liste.»