So sieht der Mega-Konsumtempel von innen aus
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Mit Freizeitpark:So sieht der Mega-Konsumtempel von innen aus

Blick fühlt den Puls der US-Konsumenten im grössten Einkaufszentrum Nordamerikas
So sehr müssen Amis sparen, so sehr hoffen sie auf Trump

Trumps Wirtschaftspolitik verunsichert die Welt. Ein Besuch in der grössten Mall der USA zeigt: Seine Unberechenbarkeit veranlasst viele Amerikaner zum Sparen. Und doch halten manche unbeirrt an dem Glauben fest, dass Trump ihre Wirtschaft wieder ins Lot bringen wird.
Publiziert: 00:03 Uhr
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Aktualisiert: vor 10 Minuten
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Die Mall of America im Mittleren Westen der USA ist das grösste Einkaufszentrum der USA – fünfeinhalbmal so gross wie das Schweizer Shoppi Tivoli.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Viele Mall-Besucher reagieren auf die wirtschaftliche Unsicherheit mit Zurückhaltung beim Konsum
  • Trump-Anhänger glauben weiter an den ökonomischen Kurs ihres Präsidenten
  • Einige müssen ihre täglichen Einkäufe anpassen
  • Bei jungen Menschen wächst die Sorge vor dem Berufseinstieg in einer Rezession
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Blick-Redaktion

Freitagnachmittag im grössten Einkaufszentrum Nordamerikas: Die Mall of America – fünfeinhalb Mal so gross wie das Shoppi Tivoli in Spreitenbach AG – ist gut besucht. Wohlhabende Pärchen stöbern in Luxusboutiquen nach dem nächsten Designerstück, Grossfamilien strömen mit ihren Zuckerwatte essenden Kindern durch die breiten Gänge. 

Es gibt keinen besseren Pulsmesser für die aktuelle Konsumstimmung der US-Amerikaner als der Einkaufs- und Freizeitpark-Koloss in Bloomington, Minnesota. Von einer US-Konsumflaute ist bei dem Getümmel vorderhand wenig zu sehen. Doch der Schein trügt, wie sich im Gespräch mit Blick zeigt. 

Die Devise vieler Einkäufer: Geshoppt wird jetzt mit Bedacht. Das macht auch Geenou N.* (44), der mit seiner Familie in der Mall unterwegs ist und sein Gesicht lieber nicht in der Zeitung sehen möchte. «Wir legen jetzt auf jeden Fall Geld auf die Seite, falls sich Produkte verteuern, Regale leer bleiben oder ich meinen Job verliere», sagt er zu Blick. «Shoppen werden wir jetzt sicher weniger – das muss ich meinen Mädchen erst beibringen», führt er aus und blickt auf seine beiden kleinen Töchter. Die steigenden Preise würden ihm definitiv Sorgen bereiten. 

Konsum bricht seit Trumps Amtsantritt ein

Damit ist N., der in der Tech-Branche tätig ist und die Auswirkungen von Donald Trumps (78) Zoll-Wirrwarr bei ausbleibenden Aufträgen seiner Firma merkt, nicht allein. Vielen ist die Lust auf exzessives Shoppen vergangen: Der Konsumklimaindex der Universität Michigan sackte im April auf 50,8 Punkte ab – der zweittiefste Wert seit Aufzeichnungsbeginn 1952.

Geenous republikanische Mitbürger, die Trump im November 2024 erneut ins Amt gewählt haben, machen ihn fassungslos: «Ich schäme mich ehrlich gesagt gerade, Amerikaner zu sein», sagt er und verzieht das Gesicht. 

Auch in der Mall ist die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft spürbar: «Trump ist das Beste, was den USA je passiert ist», findet dagegen das Ehepaar Robert «Bob» und Catherine M.*. Sie halten den Präsidenten weniger für einen Politiker als vielmehr für einen Geschäftsmann, der weiss, wie man ein Unternehmen profitabel macht. Dasselbe versuche er nun mit den USA. 

Eine drohende Wirtschaftsflaute beunruhigt das Rentnerpaar nicht. «Sowas gabs schon früher, und wir haben uns immer wieder erholt», sagt Catherine. «Und wenn sie kommt, werden wir das überleben.» Kurz hält sie inne, dann schiebt sie nach: «Der Weg ist vielleicht gerade ein bisschen holprig, aber manchmal muss das so sein, wenn man etwas Besseres erreichen will.»

Trump der Prophet

Wirtschaftsexperten halten eine bevorstehende Rezession in den USA derweil für wahrscheinlich, Medien warnen vor einer drohenden «Trumpcession». 

Selbst Trump sprach im März gegenüber dem rechtsgerichteten Sender Fox News von einer «Übergangsphase», in der die Wirtschaft zuerst schrumpfen könnte. IWF-Chefin Kristalina Georgieva (71) warnte Ende April: Die Gefahr für eine Rezession liege aktuell bei 37 Prozent – ein Anstieg um 15 Prozentpunkte gegenüber Dezember 2024.

Das macht auch dem Ehepaar Hector (43) und Michelle H.* (48) keine Angst. Die bekennenden MAGA-Anhänger glauben an die Vision ihres Staatsoberhauptes. Für sie ist Trump nicht nur einfach ein Politiker, sondern gar ein Prophet: «Bevor man in das Reich Gottes kommt, braucht es schliesslich erst eine schmerzhafte Prüfung. So stehts schon in der Bibel», sagt Hector und meint mit der schmerzhaften Prüfung die aktuelle Wirtschaftslage. Doch auch sie schauen aufs Geld: «Die Lebensmittel sind auf jeden Fall viel zu teuer. Vor allem die Eier», sagt Michelle. 

Lebensmittelpreise gehen durch die Decke

Die Eierpreise stehen symbolisch für die Inflationsängste vieler Amerikaner. Im März kostete ein Dutzend Eier im Schnitt 6 Dollar und 20 Cent – rund zwei Drittel mehr als im Vorjahr, wie das Bureau of Labor Statistics vermeldete.

Das Ehepaar H. passt seine Einkäufe deshalb an. «Wir kaufen jetzt kleinere Mengen als früher. Statt sechs Orangen sind es vielleicht noch drei», sagt Michelle. 

Auch bei Hectors Arbeitgeber, einem Traktorenhersteller, gab es kürzlich aufgrund ausbleibender Aufträge eine Entlassungswelle. Trotzdem hält er an seinem Glauben fest: «Im Sommer wird es besser.» Das sagen ihm schliesslich sein Chef und sein Präsident. 

«Wird wahrscheinlich noch viel schlimmer»

Die 22-jährigen Studentinnen Cate S.* und Audrey F.* merken von alledem noch wenig. «Wir sind noch im College, also können wir bei vielem noch auf die Unterstützung unserer Eltern zählen», sagt Audrey. 

«Ich denke, dass krasse Umstellungen vielleicht etwas Zeit brauchen. Klar, Lebensmittel sind definitiv teurer geworden», ergänzt Cate. Für sie sei das aber noch kein grosser Einschnitt. Nach ein paar Sekunden Pause sagt sie noch: «Ich fürchte, dass es mit der Teuerung aber wahrscheinlich noch viel schlimmer wird.» Auch der Gedanke an den baldigen Einstieg ins Berufsleben, während das Land vielleicht inmitten einer Rezession steckt, bereitet den beiden Sorgen. 

In der Mall of America, wo sonst Konsumrausch sondergleichen herrscht, macht sich ein neues Grundgefühl breit: Vorsicht beim Geldausgeben. Zwar ist die Mall nach wie vor belebt – doch egal, ob Trump-Fan, besorgter Familienvater oder angehende Berufseinsteigerinnen: Alle sind sich einig, dass Sparen das neue Gebot der Stunde ist.

* Namen der Redaktion bekannt 

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