Bauprojekte werden zu Fässern ohne Boden
Umbau von Walliser Hotel verschlingt zusätzliche Steuermillionen – das ist kein Einzelfall

Die Sanierung des Grand Hotel Glacier du Rhône im Wallis kostet immer mehr – bereits 50 Prozent mehr als einst geplant. Das Umbauprojekt ist damit nicht allein: Auch anderswo in der Schweiz schiessen die Kosten für ehrgeizige Baupläne regelmässig in die Höhe.
Publiziert: 18:25 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/5
Das denkmalgeschützte Grand Hotel Glacier du Rhône in Gletsch VS wird umgebaut.
Foto: goms.ch

Darum gehts

  • Das denkmalgeschützte Walliser Grand Hotel Glacier du Rhône muss saniert werden
  • Der Umbau kostet deutlich mehr als geplant, auch die Eröffnung verschiebt sich
  • Das Hotel in Gletsch VS reiht sich in viele weitere staatlich finanzierte Bauprojekte ein, bei denen die Kosten explodiert sind
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Nathalie_Benn_Praktikantin Wirtschaft _Blick_2-Bearbeitet.jpg
Nathalie BennRedaktorin Wirtschaft

Im Wallis soll das historische Grand Hotel Glacier du Rhône in Gletsch saniert werden. 1857 am Furkapass erbaut, gehört es zu den wichtigsten Berghotels der Schweizer Alpen. Es beherbergte bereits illustre Gäste wie Queen Victoria von England. 

Nur: Das Traditionshaus, das sich mittlerweile im Kantonsbesitz befindet, ist stark in die Jahre gekommen. 2022 verkündete das zuständige Walliser Kantonsdepartement deshalb Sanierungspläne. Die bisherigen 55 Zimmer sollen um 30 weitere ergänzt werden, die preislich im Mittel- bis Luxussegment liegen sollen. Neben Ausflüglern und Touristinnen will das Hotel künftig auch Geschäftsleute anziehen, indem es Platz für Seminare und Veranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit bietet. 

Umbau kostet 14,3 statt 9 Millionen Franken

Ein denkmalgeschütztes Gebäude umzubauen, geht ins Geld. Im Fall vom Grand Hotel Glacier du Rhône mehr, als anfangs gedacht, wie der «Walliser Bote» berichtet. So gingen die Verantwortlichen im Frühjahr 2025 von Kosten von insgesamt 12,5 Millionen Franken aus – was bereits gut 40 Prozent über dem ursprünglich vorgesehenen Budget lag.

Jetzt kommen weitere Zusatzkosten von knapp zwei Millionen Franken hinzu. Rita Wagner (58), stellvertretende Kantonsarchitektin, bestätigt gegenüber der Zeitung: «Es ist richtig, dass es einige Überraschungen gegeben hat. Die heutige Kostenkontrolle für das Hotel beläuft sich auf rund 14,3 Millionen Franken.» Mittlerweile kostet die Sanierung also über 50 Prozent mehr als geplant. «Aufgrund der Budgetsituation des Kantons werden die Bauarbeiten etwas verzögert», sagt Wagner weiter. Eigentlich sollte das Hotel 2026 wiedereröffnet werden. Jetzt ist dies frühestens 2027 der Fall.

Finanziert wird das Vorhaben in Gletsch über den kantonalen Figi-Fonds und somit vom Steuerzahler. Im Vergleich zu anderen Schweizer Bauprojekten aus der Vergangenheit sind Zusatzkosten von gut fünf Millionen Franken aber relativ harmlos. Blick kennt weitere Beispiele, in denen deutlich mehr Steuergelder in ambitionierte Baupläne flossen als ursprünglich vorgesehen.

1

Luxusschulhaus Zürich-Leutschenbach

Das futuristisch anmutende Zürcher Schulhaus Leutschenbach gilt als architektonisches Aushängeschild und hat bereits mehrere Architekturpreise abgeräumt. Der Bau im Zürcher Stadtteil Oerlikon kostete 64 Millionen Franken. Allerdings stellte sich nach der Eröffnung heraus, dass es für den Unterricht unpraktisch war. 4,27 Millionen mussten für nachträgliche Korrekturen investiert werden.

Das architektonische Luxusschulhaus in Zürich Oerlikon benötigte millionenteure Korrekturen.
Foto: RETO OESCHGER
2

Zürcher Rathausbrücke

Die Rathausbrücke in der Zürcher Innenstadt muss ersetzt werden. Dafür haben die Zürcher Stimmberechtigten vergangenen November Kosten von 58 Millionen Franken gutgeheissen. Jetzt soll der Neubau 19 Millionen mehr kosten – wegen «unvorhersehbarer Kostensteigerungen», wie der Stadtrat Ende August verkündete.

Die neue Rathausbrücke in der Zürcher Altstadt wird kleiner und schlanker sein als die jetzige.
Foto: Sven Thomann
3

Campus Weyermannshaus in Bern

Auch ein neuer Campus der Berner Fachhochschule wird deutlich teurer als geplant. Die Anlage Weyermannshaus sollte ursprünglich 384 Millionen Franken kosten. Mittlerweile ist das Budget um 44 Millionen Franken gewachsen. 

Als Gründe für die gestiegenen Kosten des Campus Bern nennt der Kanton die veränderte Marktsituation nach Corona und die Komplexität des Projekts.
Foto: Kanton Bern
4

Bauprojekte im Kanton Luzern

Der Kanton Luzern verschätzte sich gleich um über eine halbe Milliarde Franken. 700 Millionen waren für fünf Bauprojekte vorgesehen. Vier davon – darunter ebenfalls ein Campus, ein Verwaltungs- und ein Sicherheitsgebäude – wurden aber massiv teurer. Jetzt sind insgesamt 1,3 Milliarden Franken veranschlagt.

Ursprünglich sollte der Campus Horw in Luzern 365 Millionen Franken kosten. Mittlerweile sind es rund 600 Millionen.
Foto: Visualisierung Architekturbüro Penzel Valier AG

5 Sportzentrum Oerlikon in Zürich

Auch die Kosten für das geplante Sportzentrum in Oerlikon in Zürich schossen massiv in die Höhe. Die Stadt Zürich erhöhte ihre anfängliche Schätzung von 175 Millionen Franken prompt auf 210 Millionen. Zuletzt bewilligte der Zürcher Gemeinderat einen Kredit von 373 Millionen Franken. Das Nachrichtenportal Tsüri.ch rechnet vor: Mit dem Geld könnte man jedem Zürcher ein halbes Jahr lang ein Fitnessabo in einem Billigcenter spendieren.

Zuletzt genehmigte der Zürcher Gemeinderat teils zähneknirschend einen massiv höheren Kredit als ursprünglich geplant für das Sportzentrum in Oerlikon.
Foto: Stadt Zürich
6

Lötschbergtunnel

Auch bei der Sanierung des alten Lötschbergtunnels explodierten die Kosten: Statt 105 Millionen mussten rund 180 Millionen Franken investiert werden.

Beim Baustart der Sanierung des Lötschberg-Seitentunnels im Jahr 2018 ging die Bahn von 105 Millionen Franken aus.
Foto: BLS

7 Bahnhof Stadelhofen in Zürich

2019 ging der Bund davon aus, dass für den Ausbau des Bahnhof Stadelhofens – der zum Projekt AS2035 der SBB gehört – Kosten von 900 Millionen Franken anfallen werden. Die aktuellste Prognose: 300 Millionen Franken mehr als kommuniziert – mindestens. Gleichzeitig verschiebt sich die Eröffnung um Jahre nach hinten.

Die Arbeiten zum Ausbau des Bahnhof Stadelhofens haben bereits begonnen. Sie werden bis mindestens 2037 andauern.
Foto: Keystone SDA
8

Eisstadion in Thun

Die geplante Sanierung der Eissportanlagen in Thun BE haben sich ebenfalls massiv verteuert – noch bevor die Arbeiten überhaupt gestartet sind. Statt 19,7 Millionen wurden die Gesamtkosten nun mit 28,5 Millionen Franken veranschlagt.

Blick vom Ausseneisfeld auf das Eissportzentrum Grabengut in Thun.
Foto: Stadt Thun
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Externe Inhalte
      Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
      Meistgelesen