Formel-1-Plan wird diskutiert
Kommts im Bob-Sport zur Sicherheitsrevolution?

Nicht der Weltverband, sondern eine private Initiative aus Deutschland will die Sicherheit im Bob-Sport verbessern. Nun gibts erste Ergebnisse. Die Experten wollen Kopfverletzungen mit dem neuen HIP-System verhindern.
Publiziert: 00:03 Uhr
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Ein ungewohnter Anblick: Der Prototyp mit dem neuen Sicherheitsbügel, der bei Stürzen die Köpfe der Insassen besser schützen soll.
Foto: Allianz Zentrum für Technik

Darum gehts

  • Sicherheitsexperten entwickeln neues Schutzsystem für Bobsport
  • HIP-System ähnelt Formel-1-Halo und soll Köpfe bei Stürzen schützen
  • Der verunfallte Schweizer Sandro Michel begrüsst die Entwicklung grundsätzlich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Matthias DubachLeiter Reporter-Pool Blick Sport

Der Satz klingt erschreckend. «Die aktuellen Bobs sind von der Sicherheit her gesehen vergleichbar mit offenen Autos aus den 1960er-Jahren», sagt Carsten Reinkemeyer, der sich als Leiter der Sicherheitsforschung im AZT (Allianz Zentrum für Technik) beruflich mit der Thematik Autosicherheit auseinandersetzt – aber nun eben auch seit rund einem Jahr mit der Sicherheit des Bob-Sports.

Auslöser war der schwere Unfall des Schweizer Bob-Anschiebers Sandro Michel (29). Der Aargauer überlebte 2024 das Drama auf der gefährlichen Bahn von Altenberg (De) nur knapp.

Das neue System erinnert an den Halo aus der Formel 1

Weil daraufhin eines Tages Personen aus dem deutschen Bob-Lager und von Versicherer Allianz, seit Jahren deutscher Olympia-Partner, zusammensitzen und über Michels Unfall diskutieren, entsteht eine ungewöhnliche Initiative: Die Allianz mit seinem AZT und der deutsche Bob-Verband (BSD) wollen die fragwürdige Sicherheit im Eiskanal verbessern.

Nun wurden in München die ersten Ergebnisse präsentiert. Und siehe da: Die Sicherheitsexperten denken tatsächlich wie gemunkelt an den aus der Formel 1 bekannten Halo-Sicherheitsbügel, um bei einem Bob-Sturz die Köpfe der Piloten und Anschieber besser vor den Einschlägen an der Eiswand zu schützen.

Wobei nicht von Halo die Rede ist, sondern vom HIP-System. Das heisst «Head Impact Protector» und meint einen neuartigen Rollbügel, der beim Umstürzen des Schlittens eine grössere Sicherheitszelle bieten würde. Mit erhöhten Anschubbügeln am Hinterteil des Bobs würde der sichere Raum zusätzlich vergrössert. 

Ob bald im Weltcup mit dem HIP-System gefahren wird? Wohl noch länger nicht. Der Prototyp wird nun zuerst in den Sport- und Materialkommissionen von Weltverband IBSF besprochen, der mögliche Zeitpunkt einer Homologation ist noch nicht absehbar.

Beim zweiten Kernpunkt der Sicherheit wird ohnehin noch weitergetüftelt. An einem Sicherungssystem, dass das Herausfallen der Anschieber aus dem Schlitten verhindert. Aktuell werden die Entwürfe mit Piloten und Pilotinnen aus verschiedenen Ländern diskutiert, spruchreif ist ein solches Gurt-System, das wohl eher Richtung Einklink-System geht, aber noch nicht.

Nun wird an einem Insassen-Halte-System geforscht

Was sagt Sandro Michel zum HIP? «Sofern der Bügel den Piloten nicht beim Einsteigen behindert und das Sichtfeld eingeschränkt ist, scheint es eine gute Sache zu sein», sagt der Anschieber zu Blick, «meine Teamkollegen hätten vermutlich keine Gehirnerschütterungen erlitten. Aber meinen Unfall hätte er nicht verhindert.»

Das hätte womöglich das noch nicht ausgereifte Insassen-Halte-System. Allerdings nicht das beim Schweizer ebenso fatale Zurückrutschen des schweren Schlittens. Dieses Infrastrukturthema liegt bei den Bahnbetreibern und bei Weltverband IBSF. Aber da ist man längst zur Tagesordnung übergegangen.

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