Darum gehts
Die Idylle in der Heimat von Alexis Monney (25) trügt. Der zweifache WM-Medaillengewinner sitzt oberhalb am Lac des Joncs und erzählt eine gruselige Geschichte: «Dieser See ist zwar sehr klein, dafür extrem tief. Vor ungefähr zwanzig Jahren wollte ein Mann in diesem Gewässer eistauchen. Er ist nie mehr aufgetaucht. Seither ist das Baden in diesem See strengstens verboten.»
Einen Steinwurf vom Lac des Joncs liegt das Ski-Gebiet, in dem Monney als Knirps seinen ersten bemerkenswerten Auftritt als Riesenslalomfahrer hatte.
Papa Louis, der bis zur Jahrtausendwende als Swiss Ski-Trainer Hochkaräter wie Didier Cuche oder Paul Accola betreute, erinnert sich: «Alexis war ungefähr vier, als er beim Schülerrennen als Vorfahrer starten durfte. Dummerweise gab er sich mit einer Fahrt nicht zufrieden. Während das Rennen in vollem Gange war, fuhr Alexis immer und immer wieder in den Parcours hinein. Um eine Kollision mit einem Rennfahrer zu verhindern, musste der Wettkampf unterbrochen werden.»
«Wir haben in der Jugend einigen Blödsinn gemacht»
Alexis lächelt wie ein Spitzbub, wenn er an seine Jugendzeit zurückdenkt. «Im Winter habe ich mit meinen Kollegen praktisch jede freie Minute auf der Skipiste verbracht. Wir haben einigen Blödsinn gemacht.» Welchen Blödsinn? «Das bleibt mein Geheimnis», antwortet der 25-Jährige augenzwinkernd.
Monney residiert ein paar Autominuten vom Lac des Joncs entfernt in Châtel-Saint-Denis. «Ich kann mir nicht vorstellen, in einer anderen Region zu wohnen. Es ist hier landschaftlich wunderschön und ruhig. Und die Leute gehen mit mir nach wie vor so um, wie sie es vor meinem ersten Weltcupsieg getan haben.»
Diesen ersten Triumph hat der Romand in Bormio eingefahren. Drei Wochen später grüsste der Stöckli-Pilot als Zweiter bei der Hahnenkamm-Abfahrt in Kitzbühel erneut vom «Stockerl».
Nachdem sich Monney bei der WM in Saalbach Bronze in der Abfahrt und Silber in der Teamkombination (mit Tanguy Nef) sicherte, bejubelte der Freiburger in Crans-Montana zwei weitere Podestplätze (2. im Super-G, 3. in der Abfahrt).
Der schwierige Moment mit 150 Kindern
Monney macht aber auch keinen Hehl daraus, dass er in Crans-Montana neben der Piste komplett an den Anschlag gekommen ist. «Ich finde es wunderbar, dass sich so viele Menschen in der Schweiz für den Skisport interessieren. Aber der Rummel in Crans-Montana war extrem. Nach dem zweiten Training habe ich eine Stunde benötigt, um die kurze Distanz vom Zielraum auf den Parkplatz zurückzulegen.»
Einen besonders schwierigen Moment hat Monney im WM-Ort von 2027 in der Wettkampfvorbereitung erlebt: «Als ich 25 Minuten vor dem Rennstart vom Team Hospitality in Richtung Skilift marschieren wollte, standen auf einmal 150 Kinder vor mir. Jedes dieser Kinder wollte ein Selfie mit mir machen. Ich hätte ihnen diesen Wunsch so gerne erfüllt, aber wenn ich das getan hätte, hätte ich den Rennstart verpasst. Deshalb musste ich diesen Kids eine Absage erteilen, was mir sehr weh getan hat.»
Handy-Verbot bei der nächsten Hahnenkamm-Party?
Unangenehm hat sich Monney auch am Morgen nach seiner grandiosen Abfahrtsleistung in Kitzbühel gefühlt. «Die Bilder von unserer krachenden Party im Londoner-Pub waren bereits auf diversen Online-Portalen, als ich aus dem Bett gekommen bin. Da habe ich mir gedacht: Oh scheisse, das wird mir ein paar böse Kommentare einbringen.»
Tatsächlich hat der geniale Abfahrer danach einige Briefe erhalten, welche nicht besonders nette Worte beinhaltet haben. Aber sein Partyverhalten nach einem grossen Erfolg wird Monney deshalb nicht verändern: «Wenn ich einen Podestplatz auf der berühmtesten Abfahrt der Welt nicht gebührend feiern darf, verstehe ich die Welt nicht mehr. Vielleicht sollte sich der Chef vom Londoner-Pub Gedanken über ein Handy-Verbot machen.»
Trainer ist hin- und hergerissen
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Monney auch nach dem Super-G am Donnerstag in Copper Mountain Grund zum Feiern haben wird. Obwohl sein Trainer Reto Nydegger auf die Euphorie-Bremse steigt: «Ich weiss nach dieser Saisonvorbereitung nicht so recht, wo Alexis steht. Es hat Trainings gegeben, in denen er sehr schnell war. Es hat aber auch Einheiten gegeben, in denen er sich im Mittelfeld klassiert hat. Aber das war im Vorjahr nicht anders, deshalb hätte ich vor der letzten Saison keine 100 Franken auf einen Top-3-Platz von Alexis gesetzt. Bekanntlich hätte ich diese Wette haushoch verloren …»
Abfahrts-Olympiasiegerin Corinne Suter glaubt kompromisslos an Monney: «Ich bin total fasziniert von seiner ruhigen Fahrweise. Alexis ist mein grosser Favorit auf den Gewinn von Olympia-Gold!»
Suter könnte mit ihrem Tipp goldrichtig liegen, schliesslich wird die Olympia-Abfahrt im Februar auf der Piste gestartet, wo Monney im letzten Winter in unwiderstehlicher Manier triumphiert hat – auf der Stelvio in Bormio.