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Viel Handarbeit, viel Leidenschaft
Diese Frau nähte fürs ESAF 100 Zwilchhosen

Karin Ochsner, eine 35-jährige Sattlerin aus Glarus, nähte 100 Zwilchhosen für das Eidgenössische Schwingfest 2025. Mit dem Schwingsport hatte sie zuvor nicht viel am Hut. Und auch solche Hosen hatte sie noch nie genäht. Doch diese Frau ging schon immer ihren Weg.
Publiziert: 06.08.2025 um 18:25 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2025 um 18:26 Uhr
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Nele BachmannRedaktionelle Mitarbeiterin Sport

Bevor Karin Ochsner (35) fürs Eidgenössische Schwingfest 2025 genau 100 Zwilchhosen nähte, hatte sie mit Schwingen nicht viel am Hut. Im Gegenteil: Als der Auftrag kam und sie ihn nach einigem Hin und Her dann auch annahm, musste die gelernte Sattlerin zuerst einmal herausfinden, wie man so eine Schwinghose am besten näht. Aber fangen wir von vorne an.

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Eine Frau, eine Werkstatt und ein Hund. Hier entstanden die 100 Zwilchhosen fürs eidgenössische Schwingfest 2025.
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Am Anfang war ein Pferd. Noch davor war eine Bäcker-Konditorlehre, die Ochsner erfolgreich beendete. Doch den Beruf musste sie wegen einer Allergie wieder aufgeben. Dann kam eben das Ross, wie es die Glarnerin selbst nennt. Mit gerade einmal 21 Jahren erfüllte sich Ochsner im Jahr 2009 den langjährigen Traum eines eigenen Pferdes. Und was braucht man, um ein Pferd zu reiten? Richtig, einen Sattel.

Von der Bäckerin zur ESAF-Hosen-Näherin

«Mir wurde es irgendwann zu teuer, immer wieder neue Sättel zu kaufen», erzählt Ochsner. Die Lösung dieses Problems bestand für sie darin, eine Sattlerlehre zu beginnen. Gesagt, getan. Zwischen 2013 und 2015 absolvierte Ochsner ihre Ausbildung zur Sattlerin. Noch im gleichen Jahr, in dem sie die Lehre abschloss, konnte sie die Sattlerwerkstatt im Netstal GL übernehmen und machte sich so im Alter von 25 Jahren selbständig.

Nun steht sie in ihrem Laden, der nur durch einen Vorhang von der Werkstatt getrennt ist. Neben einem Pferd hat sie heute auch einen Hund namens Öörni, der jedoch fast so gross ist wie ein Pony. Aus dem Laden kann man durch ein Fenster ihren Arbeitsplatz sehen, der alles andere als ordentlich ist, aber deutlich macht, dass diese Frau für ihr Handwerk lebt.

Die Freiheit der Selbständigkeit

«Es ist wirklich kein Tag wie der andere. Wenn ich heute keine Lust habe zu sticken, dann nähe ich eben etwas oder umgekehrt. Diese Freiheiten sind mir sehr viel wert», sagt die Glarnerin. Ihre häufigsten Kunden sind Bauern. Immer wieder näht sie Schellenriemen oder Nasenbänder. Doch auch kunstvoll gefertigte Glockenriemen für Geburtstage oder Hochzeiten finden sich bei ihr in der Werkstatt. Auch fürs ESAF fertigte sie einige Ehrengaben. Doch den grössten Beitrag zum diesjährigen Schwingfest leistete sie mit dem Nähen von 100 Hosen.

Als Ochsner sich dazu entschied, den Auftrag anzunehmen, galt es erstmal herauszufinden, wie man so eine Schwinghose konstruiert. Nachdem sie ein Probeexemplar genäht hatte, welches gründlich getestet wurde, konnte sie sich richtig an die Arbeit machen. Das heisst konkret, sie durfte hundertmal das Gleiche nähen. Um den Arbeitsfluss zu erleichtern, nähte sie keine ganze Hose am Stück, sondern das gleiche Teil hundert Mal, bevor sie zum nächsten Schritt überging. Ihre Mutter und ihre Tante halfen ihr, den Berg an Arbeit zu stemmen.

Handarbeit und Hilfe von der Familie

Einen erheblichen Teil der Nähte mussten die drei Frauen von Hand vornehmen, da der Stoff so dicklagig und kompliziert geschichtet werden musste, dass keine der Maschinen dazu in der Lage war. Der Flachs, aus dem der Leinenstoff besteht, kommt übrigens aus der Schweiz. Genauso wie das Leder, das Ochsner verwendet. «Wir sassen oft zu Hause auf dem Sofa und haben während des Fernsehschauens eine Schwinghose nach der anderen genäht, bis uns die Hände weh taten», erzählt Ochsner. «Da wir alles in einzelne Arbeitsschritte aufgeteilt haben, ist es schwer zu sagen, wie hoch der Arbeitsaufwand war. Doch ich würde schätzen, dass wir pro Hose circa drei Stunden brauchten.»

Ein Hosenberg, bereit zum Einschwingen

Das Ergebnis war ein Berg an Zwilchhosen, die sich in der Werkstatt auf dem Tisch stapelten. Im November letzten Jahres mussten die Hosen fertig sein, damit sie eingeschwungen werden konnten und jetzt fürs Eidgenössische zwar immer noch robust und fest, aber eben auch weich und geschmeidig sind. Kurz: die perfekten Zwilchhosen. Gefertigt im Kanton Glarus, von einer Frau mit einem Pferd und einem grossen Hund.

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