Darum gehts
Der Wecker von Schwinger Armon Orlik (29) wird am kommenden Samstag früher klingeln als gewöhnlich. Der Bündner muss für einmal bereits zum Wochenendstart in die Zwilchhosen steigen. Traditionell finden die Kranzfeste am Sonntag statt. Nicht so das Zürcher Kantonale in Urdorf. Für mehr Umsatz am Abend entschieden sich die Verantwortlichen, den Wettkampf vorzuverlegen.
Beim Verband zeigte man sich darüber nur mässig begeistert. «Das Schwingfest soll im Zentrum stehen und nicht die Party am Abend. Es darf zudem nicht vergessen werden, dass es doch einige Festbesucher gibt, die samstags noch arbeiten müssen», liessen sie ausrichten. Deutlich positiver reagieren die Schwinger auf den Traditionsbruch.
Orlik begrüsst zusätzliche Familienzeit
Unspunnensieger Samuel Giger (27) würde sich über ein paar freie Sonntage mehr freuen. «Wir sind es gewohnt, dann immer zu schwingen. Deshalb sind mir die freien Sonntage sehr heilig.» Zudem schätzt er es, am Sonntagabend zu Hause zu sein. «Dann kann ich meine Sachen vorbereiten, um optimal in die Woche zu starten.» Mit den ganzen Feierlichkeiten nach einem Kranzfest wird es meist sehr spät. «Dann kommst du nach Hause und gehst mehr oder weniger direkt ins Bett.»
Ähnlich sieht es Orlik. Auch der Bündner schätzt den freien Tag nach einem Schwingfest. «Dann kannst du dich erholen oder etwas mit der Familie und Freunden unternehmen.» Für ihn spielt es aber grundsätzlich keine Rolle, wann ein Kranzfest stattfindet. «Meine Vorbereitung läuft genau gleich ab und startet dann eben einen Tag früher in der Woche.»
König Wenger mit klarer Meinung
Zurückhaltend äussert sich der letztjährige Saisondominator Fabian Staudenmann (25). «Ich sehe das sehr neutral. Da ich es sowieso nicht mitbestimmen kann, mache ich mir darüber keine Gedanken.» Verständnis für die wirtschaftlichen Interessen der Veranstalter zeigt der zurückgetretene Schwingerkönig Kilian Wenger (35). «Es macht Sinn, da man am Samstagabend mehr Geld verdienen kann.»
Als Aktiver habe ihn das nie gestört: «Mir gefiel es, am Samstag zu schwingen.» Danach konnte Wenger das Wochenende mit der Familie noch richtig geniessen. Das war nicht gleich gut möglich, wenn das Schwingfest am Sonntag stattfand. «Bereits am Tag zuvor war ich leicht angespannt. Da hatte die Familie nicht gleich viel von mir.»
Kurze Nacht für die Jungschwinger
Zudem schätzen viele Schwinger die Wettkämpfe am Samstag, weil sie abends nicht nach Hause hetzen müssen. Bis die letzten Athleten ihren Preis aus dem Gabentempel abholen dürfen, kann es 21 Uhr werden. Für einige Gästeschwinger dauert der Heimweg mehrere Stunden. Was eine äusserst kurze Nacht zur Folge hat, wenn am anderen Tag die neue Arbeitswoche beginnt.
Nun müssen sich die Jungschwinger auf weniger Schlaf einstellen. Denn diese kämpfen erst am Sonntag. Was Stefan Hungerbühler, Medienverantwortlicher des Thurgauer Verbands, kritisiert. «Ich habe es selbst erlebt: So ein Fest kann lange dauern. Einmal war ich erst um 23 Uhr zu Hause. Und am nächsten Tag mussten wir in die Schule. Erwachsenen kann man das eher zumuten – Kindern nicht.»