Darum gehts
In Vaters Fussstapfen
Den Namen Pellet kennt wohl jeder Schwing-Fan. Hans-Peter Pellet (54), das Freiburger Kraftpaket, ist eine Legende. Nur 1,75 Meter gross, bodigte er dank seiner unbändigen Kraft und der ausgefeilten Technik so manchen Riesen. Und wurde zum Publikumsliebling. 2010 trat er von der Schwing-Bühne ab – und war zu diesem Zeitpunkt mit 136 Kränzen der erfolgreichste Schwinger aller Zeiten. Inzwischen hat ihn König Nöldi Forrer (46, 151 Kränze) überflügelt. Nun macht sich der nächste Pellet dran, in die Fussstapfen der Legende zu treten. Sohn Leon gewinnt beim Genfer Kantonalen den ersten Kranz seiner Karriere. Der 17-Jährige, der 1 Zentimeter kleiner ist als sein Vater, wird mit drei Siegen, zwei Niederlagen (gegen die Teilverbandskranzer Mickaël Matthey und Thomas Stoll) und einem Gestellten (56,25 Punkte) Achter. Ein Meilenstein in seiner Karriere. Und womöglich der Anfang der nächsten grossen Pellet-Sammlung.
Umstrittene Premiere
Noch immer gibt es viele Schwing-Fans, die der Meinung sind, der Nationalsport sei nur etwas für Männer. Frauen in Zwilchhosen lehnen sie ab. Meist, ohne je einen Kampf gesehen zu haben. Das könnte sich bald ändern. Denn am letzten Samstag kam es zu einer historischen Premiere. Erstmals kämpften Frauen und Männer in der gleichen Arena zur selben Zeit. Ein Meilenstein für den Eidgenössischen Frauenschwingverband (EFSV). «Früher war es verboten, so etwas durchzuführen», erklärt Matthias Schlüchter, der technische Leiter des EFSV.
Die Sägemehlringe am Genfer Kantonalen in Collex-Bossy wurden aufgeteilt. Drei für die Männer und zwei für die Frauen. Ein Ring wurde abwechselnd benutzt – je nach Bedarf. Als die Idee entstand, gab es Bedenken, ob das funktionieren würde. Nach der Premiere zieht Schlüchter eine positive Bilanz. «Es war ein voller Erfolg.» Auch Christian Kolly, der technische Leiter der Südwestschweizer, ist zufrieden. «Von den Zuschauern habe ich nur gute Rückmeldungen erhalten.» Bleibt eine Frage: War das eine einmalige Sache? Wenn es nach Schüchter geht, dann nicht: «Ich kann mir vorstellen, dass man das in Zukunft öfters kombiniert.» Man darf gespannt sein, wie die Schwinger-Szene darauf reagieren wird.
Verärgerter Eidgenosse
Zwei Jahre musste Lario Kramer (26) auf diesen Moment warten. Sechsmal klassierte er sich im vergangenen Jahr auf dem zweiten Rang. Nun hat es endlich wieder zum Sieg gereicht. «Die Zeit ohne grossen Erfolg hat schon ein wenig an mir genagt», gibt der Südwestschweizer nach seinem Sieg am Genfer Kantonalen zu. Um diesen zu sichern, wählte er im Schlussgang eine nicht sehr attraktive Taktik. Weil Kramer bereits derart viel Vorsprung hatte, reichte ihm ein Gestellter. Entsprechend passiv agierte der Gemüsegärtner. Zum Ärger seines Gegners Romain Collaud (23). Nach dem «Halt» des Kampfrichters stapft er wütend aus dem Sägemehlring. Draussen zieht er seine Zwilchhosen ab und wirft sie wuchtig zu Boden. Frust pur. Ganz anders die Stimmung bei Kramer. «Für mich ist das ein perfekter Auftakt. Das gibt mir viel Selbstvertrauen.»
Reichmuth sucht das Vertrauen
Wie unglaublich hoch die Ansprüche an Pirmin Reichmuth (29) sind, haben die letzten beiden Wochenenden gezeigt. Rang zwei am Zuger Kantonalen und Rang drei am Schwyzer Kantonalen. Trotzdem äussern einige Schwing-Experten ihre Zweifel. Ihnen fehlt beim 1,98-Meter-Mann die letzte Überzeugung. Einen Grund dafür liefert Reichmuth gleich selber: «Ich kann nicht so viel trainieren, wie ich möchte.» Nur zweimal pro Woche steht der Königsanwärter im Sägemehl. Mehr lässt das Knie nicht zu. Die vergangene Saison musste er vorzeitig beenden. Nach der Operation begann Reichmuth erst im Februar mit dem Schwingtraining. Nach den ersten beiden Kranzfesten zieht er Bilanz. «Es geht mir gut. Ich spüre nichts. Es wird aber noch etwas dauern, bis ich wieder volles Vertrauen in meinen Körper habe.» Einer der Gründe für die erste Niederlage gegen Schwingerkönig Joel Wicki (28).
Wickis Bilanz
Joel Wicki startet mit einem Ausrufezeichen ins Schwyzer Kantonale. Er bodigt im 1. Gang Pirmin Reichmuth. Das ist ihm bei einem Kranzfest zuvor in fünf Anläufen nie gelungen. Drei Gestellte standen zwei Niederlagen gegenüber.
Wie sieht Wickis Kranzfest-Bilanz gegen die anderen Königs-Favoriten aus? Gegen Samuel Giger (27) und Fabian Staudenmann (25) steht er noch ohne Sieg da. Dafür ist seine Bilanz gegen Werner Schlegel (22) makellos – das einzige Duell hat er 2023 auf der Rigi für sich entschieden. Am häufigsten hat sich Wicki indes mit Armon Orlik (29) duelliert. Achtmal standen sich die beiden bei Kranzfesten gegenüber. Eine äusserst ausgeglichene Affiche: Wicki hat dreimal gewonnen und zweimal verloren, dazu kommen drei Gestellte.
Die Königs-Favoriten
Mit Joel Wicki ist am Wochenende der Titelverteidiger in die ESAF-Saison gestartet. Über weite Strecken zeigt er einen dominanten Auftritt. Mit fünf Siegen (viermal Maximalnote), für die der König teilweise nur wenige Sekunden braucht, marschiert er auf souveräne Art und Weise in den Schlussgang. Und findet dort in Marcel Bieri (30) seinen Meister. Zum dritten Mal in Folge wird er vom Zuger auf den Rücken gelegt.
Pirmin Reichmuth bestreitet sein zweites Fest und überzeugt erneut. Zwar verliert er im Anschwingen gegen Wicki, danach reiht er aber fünf Siege aneinander (dreimal Maximalnote). Er wird am Ende einen halben Punkt hinter Wicki Dritter.