Darum gehts
- Spitzenschwinger Fabian Staudenmann trainiert in der Höhe für das ESAF
- Höhentraining kann die Ausdauerleistung steigern und als legales Doping wirken
- Ein Experte schätzt ein, wie gross der Effekt bei Staudenmann sein wird
Auf den ersten Blick verbindet Spitzenschwinger und Radprofis nicht viel. Dass es trotzdem gewisse Gemeinsamkeiten gibt, beweist Königsfavorit Fabian Staudenmann (25). Während der Schwingfeste schwört er wie Pogacar und Co. auf Gels. Seine unmittelbare ESAF-Vorbereitung absolviert Staudenmann zudem in einem Höhentrainingslager.
In dieser Woche weilt er auf der Kleinen Scheidegg im Berner Oberland. Auf 2000 Metern über Meer steigt er unter anderen mit den Berner Eidgenossen Adrian Walther (24), Severin Schwander (29), Michael Ledermann (24) und Curdin Orlik (32) ins Sägemehl. Sie alle wollen in Mollis GL für Furore sorgen. Und könnten dabei einen entscheidenden Vorteil haben.
Staudenmanns Körper reagiert auf die Höhe
Schliesslich wird der Höheneffekt im Radsport oft auch als unmittelbare Wettkampfvorbereitung genutzt. Unzählige Spitzenfahrer verziehen sich im Vorfeld einer wichtigen Rundfahrt in die Berge. In der Höhe steht weniger Sauerstoff zur Verfügung – der Körper reagiert, indem er mehr rote Blutkörperchen und Hämoglobin bildet. Das steigert langfristig die Ausdauerleistung.
Nun tut Staudenmann es den Radprofis gleich. Am ESAF könnte er davon profitieren. Schliesslich ist auch in Mollis grosse Ausdauer gefragt. Der Königskampf erstreckt sich über zwei Tage. Und im Schlussgang wartet ein 16-minütiger Abnutzungskampf. Zahlt sich dieser Aufenthalt in der Höhe für Staudenmann also aus?
Blick hat bei einem nachgefragt, der es wissen muss. Patrik Noack ist Health Performance Officer von Swiss Olympic und erklärt, wie sich die Höhe auf den Körper von Staudenmann auswirkt. «In der ersten Woche reagiert dieser vor allem mit akuter Anpassung: Die Herzfrequenz steigt, die Atemfrequenz erhöht sich, und die Sauerstoffaufnahme wird ökonomischer.»
Ernährung besonders im Fokus
Zu Beginn eines Höhentrainingslagers gibt es verschiedene Dinge zu beachten. So empfiehlt Noack beispielsweise, die Intensität zu reduzieren, um Überlastung und Erschöpfung zu vermeiden. Die trockene Höhenluft führt zudem zu einem grösseren Flüssigkeitsverlust. «Deshalb sollten die Athleten genügend trinken.»
Um den angestrebten positiven Effekt auf die Ausdauer zu erreichen, muss auch auf die Ernährung geachtet werden. «Sie müssen mehr Eisen zu sich nehmen als üblich. Das Eisen wird für die Bildung der roten Blutkörperchen gebraucht.» Als grösste Herausforderung bezeichnet Noack aber etwas anderes.
Aufenthalt von Staudenmann ist zu kurz
Für ihn entscheidend ist die Balance zwischen genug Reiz (Höhe) und ausreichend Erholung. «Wer zu hart trainiert, kann das Immunsystem schwächen und den positiven Effekt zunichtemachen.» Doch wie gross ist dieser Effekt bei Staudenmann tatsächlich?
Schliesslich bleibt der Spitzenschwinger nur knapp eine Woche auf der Kleinen Scheidegg. «Für den klassischen Höheneffekt – also mehr rote Blutkörperchen und höheres Blutvolumen – braucht es mindestens zwei bis drei Wochen in 1800 bis 2500 Metern Höhe», erklärt Noack.
Perfektes Timing der Berner
Diese Zeit hatte Staudenmann vor dem ESAF nicht. Deshalb bezeichnet Noack den physiologischen Ausdauergewinn als «eher klein». Im Königskampf geht es aber bekanntlich um Details. Und da könnte so ein ganz kleiner Vorteil dann letztlich doch entscheidend sein.
Vom Timing her haben Staudenmann und seine Kollegen zumindest alles richtig gemacht. «Der Höheneffekt ist meistens 7 bis 14 Tage nach der Rückkehr ins Flachland am grössten.» Am Sonntag in genau zwei Wochen steigt am ESAF der Schlussgang.