Darum gehts
- Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest in Mollis: 274 Schwinger kämpfen um Kranz
- Respektvoller Umgang, Tabus und Fan-Knigge prägen das traditionelle Sportereignis
- 350'000 Besucher erwartet, 270'000 Liter Bier und 8000 freiwillige Helfer
Die Regeln sind hart, die Zahlen verrückt, und es kann am Ende nur einen geben – den neuen Schwingerkönig. Vom 29. bis 31. August verwandelt sich das idyllische Glarner Dorf Mollis zum Epizentrum des grössten Spektakels im Sägemehl, dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest, auch ESAF genannt, das alle drei Jahre ausgetragen wird. Während der drei Tage werden bis zu 350'000 Menschen erwartet.
274 wild entschlossene Schwinger werfen sich in die Sägemehlarena, doch nur einer erlebt den Krönungsmoment. Wer den Schlussgang gewinnt, erhält zwar keine Krone, dafür einen Kranz und den Sieger-Muni Zibu.
Sonia Kälin (40), vierfache Schwingerkönigin, «Donnschtig-Jass»-Schiedsrichterin und Event-Moderatorin, erklärt hier die wichtigsten Begriffe, Tabus im Ring, inklusive Benimm-Knigge für Schwinger und Gäste.
Verrückte Zahlen
Das Festgelände in Mollis ist 70 Hektar gross, das entspricht rund 100 Fussballfeldern. Die 56'500 Plätze sind ausverkauft. Während der drei Tage werden 270'000 Liter Bier für die erwarteten 350'000 Besuchenden ausgeschenkt. 8000 freiwillige Helfer unterstützen den Mega-Event. Extra für das Fest wurde ein riesiger Holz-Muni errichtet: Max ist 21 Meter hoch, 10 Meter breit und 36 Meter lang, wiegt 182 Tonnen. Die Kosten für das Mega-Projekt belaufen sich auf 3,6 Millionen Franken. Der Gabentempel hat einen Wert von einer Million.
Die «Bösen»
Die «Bösen» werden die eidgenössischen Kranzgewinner genannt. Sie gehören zur Elite. Der liebevoll gemeinte Begriff «Böse» ist ein Ehrentitel für die stärksten und erfolgreichsten Schwinger im Land. Die besten 15 bis 18 Prozent erhalten einen Kranz, der aus Eichenlaub besteht.
«Wyberhaken»
Der Angreifer attackiert mit dem Oberkörperdruck. Klemmt das gegnerische Bein mit dem eigenen ein und hakt übers Kreuz mit dem anderen Bein ein. Der Gegner kann sich so kaum mehr ausdrehen. «Ein technisch hochstehender Schwung, ich finde den Begriff ‹Wyberhaken› passend», sagt Sonia Kälin.
Respekt im Sägemehl
Ein Gang ist entschieden, wenn ein Schwinger mit dem Rücken ganz oder bis Mitte beider Schulterblätter den Boden innerhalb des Sägemehlrings berührt. Mindestens eine Hand muss dabei an der Hose des Gegners bleiben. Wenn der Sieger dem Unterlegenen das Sägemehl vom Rücken wischt, ist das ein stilles Ritual. Gleichbedeutend mit einem respektvollen Handschlag.
Schwingfest ist kein Catwalk
Edelweiss-Mode ist nicht Pflicht, aber willkommen. High Heels haben rund um die Sägemehl-Arenen nichts verloren, gutes Schuhwerk schon. Ein bodenständiges, wetterfestes Outfit ist angesagt. Lieber genug Sonnencreme auftragen als Make-up. Wer mit einem Lächeln Wind, Wetter und Bierduschen übersteht, hat als Gast schon einmal gewonnen. Und wenn es nur Herzen sind.
Hoi Bundesrat
Am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest sind alle Menschen gleich viel wert. Begrüsst werden daher alle bewusst mit einem Lächeln und freundlichem Duzis. Ein «Hoi» oder «Sali» ist sogar Pflicht. Auch dann, wenn einem eine Bundesrätin oder der Glarner-Schabziger-Chef über den Weg läuft.
Tabus im Ring
Für Schwinger ist es tabu, sich unsportlich zu verhalten oder nicht regelkonform zu kämpfen. Es wird nicht absichtlich gefoult, nicht vorsätzlich der Gegner verletzt. Doping ist genauso untersagt und tabu, wie sich gegenüber den Kampfrichtern und Zuschauenden respektlos zu verhalten. Und die Athleten im Ring müssen komplett werbefrei sein.
Fan-Knigge
Den Favoriten laut, aber nicht zu laut und respektvoll anfeuern. Es wird nicht gepfiffen und schon gar nicht ausgebuht. Sonstiges, störendes Verhalten während der Kämpfe ist ebenfalls untersagt. Schwingen ist ein emotionaler Sport, für Fans sowieso. Umso wichtiger ist es, allen mit Anstand zu begegnen, den eigenen Müll entsorgen und jegliche Art der Gewalt zu unterlassen.
Sonia Kälin hält fest: «Das Schwingfest ist ein Ort der Gemütlichkeit und optimal zum Netzwerken. Ich wünsche allen, dass sie mit Gleichgesinnten eine gute Zeit haben und sich gleichzeitig am Sport erfreuen.»