Darum gehts
- In Huttwil kämpften die Frauen um den Königinnentitel
- Weit weg vom ESAF-Gigantismus der Männer
- Jasmin Gäumann durfte sich die Krone aufsetzen
Statt von einem 21 Meter hohen Holz-Muni werden die Zuschauer am Eidgenössischen Frauen- und Meitlischwingfest in Huttwil BE von einer echten Kuhherde begrüsst. Die Tiere grasen gemächlich direkt neben dem Festplatz. Um die drei Sägemehlringe stehen Holzbänke.
Während die Männer ihren Königskampf in einer 56'500 Zuschauer grossen Arena austragen, schwingen die Frauen auf der Wiese hinter einem Bauernhaus.
Was nach einem Grund tönt, sich tierisch aufzuregen, bewertet die vierfache Schwingerkönigin Jeannette Burri-Arnold (46) als grossen Fortschritt. Die Urnerin erinnert sich noch gut an die Zustände, als sie um die Jahrtausendwende kämpfte. «Als Frau durftest du keinen Fuss in gewisse Schwingkeller setzen», erzählt Burri-Arnold, die als Zuschauerin vor Ort ist.
Zuschauer bauen Zelte auf
Mittlerweile sind die Mädchen in vielen Schwingklubs willkommen. In Huttwil kämpfen sie in den jüngeren Kategorien auch gegen Jungs. Ein Wettkampf nur für die Aktiven, wie das bei den Männern üblich ist, würde keinen Sinn machen. «Dafür fehlt uns leider die Breite», erklärt Mathias Schlüchter, Technischer Leiter des Eidgenössischen Frauenschwingverbands.
Am Sonntag waren nicht einmal 40 aktive Schwingerinnen gemeldet. So wurde das Fest in Huttwil zu einem Familienausflug – mit Kühltruhen, Campingstühlen und nicht selten auch mit einem Zelt im Gepäck. Entlang der Sägemehlringe entstand im Laufe des Morgens eine ganze Reihe von Pavillons. An einem Männer-Kranzfest würde schon ein einzelner Sonnenschirm für Diskussionen sorgen, hier dagegen stört sich niemand daran.
Hinter den Zelten gibt es ohnehin keinen weiteren Platz für Zuschauer, denen die Sicht genommen würde. Die Stimmung erinnert fast ein wenig an den legendären Brünig-Schwinget: Auch dort ist der Raum knapp bemessen, und jeder Quadratmeter wird genutzt.
Weniger Drama bei den Frauen
Am Nachmittag meldete der Veranstalter 1200 Zuschauer vor Ort. «Bei uns ist noch alles sehr übersichtlich und familiär. Hier kennt jeder jeden», erklärt Schlüchter. Das schätzen auch viele Festbesucher. Einige beklagen sich über die inzwischen zu grossen Arenen bei den Männern.
Ihnen imponiert zudem, wie die Frauen Niederlagen kommentarlos akzeptieren. «Bei den Männern gibt es mehr Drama», ist sich ein Familienvater sicher. Was man ebenfalls kaum sieht, ist der obligate Wachmacher am Brunnen. Was aber auch damit zusammenhängt, dass von einem Brunnen keine Rede sein kann.
Spezielle Regelung beim Lebendpreis
Es handelt sich nicht um einen kunstvoll aus Holz geschnitzten Blickfang, sondern um einen einfachen Trog, aus dem sonst die Kühe trinken. Was einige Lacher und hämische Kommentare zur Folge hatte. Für Verwunderung sorgte auch der Umgang mit den Notenblättern. Diese wurden nicht – wie bei den Männern – digital an die Kampfrichtertische übertragen, sondern von einem Boten gebracht.
Es blieb genug Zeit, um sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Denn der Königinnenkampf war bereits nach dem ersten Gang entschieden. Jasmin Gäumann (25) hatte einen so grossen Vorsprung, dass ihr die Krone nicht mehr zu nehmen war. Das liegt daran, dass bei den Frauen die Jahreswertung zählt.
So konnte sich die Bernerin vor Heimpublikum feiern lassen. Als Preis erhielt sie einen in Holz gerahmten Spiegel. Bei den Männern darf sich der König dagegen über einen Siegermuni im Wert von mehreren Zehntausend Franken freuen.