Aeschbacher ganz offen über Zigaretten, Alkohol und Gras
«Der Schwingsport war meine Rettung»

Matthias Aeschbacher entwickelte sich erst spät zu einem Spitzenschwinger. Was auf seine ungesunde Teenagerzeit zurückzuführen ist. Inzwischen lebt er professionell und möchte am Sonntag zum zweiten Mal das Schwarzsee-Bergschwinget gewinnen.
Publiziert: 11:59 Uhr
|
Aktualisiert: 12:54 Uhr
Teilen
Schenken
Anhören
Kommentieren
1/8
Matthias Aeschbacher arbeitet noch immer dort, wo er als Teenager seine Maurerlehre gemacht hat.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
RMS_Portrait_AUTOR_1051.JPG
Nicola AbtReporter Sport

Blick: Herr Aeschbacher, seit wann trinken Sie keinen Alkohol mehr am Abend vor einem Schwingfest?
Matthias Aeschbacher: Ernsthaft? Das hab ich noch nie gemacht. Ich bereite mich immer seriös vor.

Und was ist mit dem einen Schwingfest, das Sie verkatert verpassten?
(lacht) Woher wissen Sie das? Dieses eine Mal zählt nicht!

Weshalb?
Das war zu Nachwuchsschwingerzeiten. Ein dummer Fehler, wie er einem Teenager passieren kann.

Wie kam es dazu?
Wenn ich mich richtig erinnere, war die ganze Familie beim Nachbarn zu einem runden Geburtstag eingeladen. Da gab es alkoholische Getränke, die letztlich dazu führten, dass ich am anderen Morgen gehörig verschlief.

Was hatte das für Konsequenzen?
Die Eltern waren nicht zu Hause. Vor lauter schlechtem Gewissen habe ich angefangen, meine Hausaufgaben zu erledigen. Mehr weiss ich nicht mehr. Aber es war mir auf jeden Fall eine Lehre.

Das ist Matthias Aeschbacher

Matthias Aeschbacher ist mit seinen drei Brüdern auf dem elterlichen Bauernhof in Heimisbach BE aufgewachsen. Der zweifache Eidgenosse stammt nicht aus einer klassischen Schwingerfamilie. Einen Bezug zum Nationalsport hatte einzig der Vater seiner Mutter. Ernst Steffen war Kassier beim Schwingklub Sumiswald. Durch seine Brüder fand Aeschbacher zum Nationalsport. Mittlerweile ist er der Einzige in der Familie, der noch regelmässig im Sägemehl steht. Als 15-facher Kranzfestsieger gehört er zu den ganz Bösen. Mit seiner Frau Madlen hat er einen Sohn namens Nino.

Matthias Aeschbacher ist mit seinen drei Brüdern auf dem elterlichen Bauernhof in Heimisbach BE aufgewachsen. Der zweifache Eidgenosse stammt nicht aus einer klassischen Schwingerfamilie. Einen Bezug zum Nationalsport hatte einzig der Vater seiner Mutter. Ernst Steffen war Kassier beim Schwingklub Sumiswald. Durch seine Brüder fand Aeschbacher zum Nationalsport. Mittlerweile ist er der Einzige in der Familie, der noch regelmässig im Sägemehl steht. Als 15-facher Kranzfestsieger gehört er zu den ganz Bösen. Mit seiner Frau Madlen hat er einen Sohn namens Nino.

Apropos Lehre. Was haben Sie sich mit Ihrem ersten Lohn gekauft?
Sehr wahrscheinlich brauchte ich das Geld im Ausgang.

Für Zigaretten?
Ja, unter anderem. Während meiner Maurerlehre bin ich dieser dummen Mode verfallen – obwohl ich wusste, wie ungesund es ist. Darauf bin ich überhaupt nicht stolz. Ich war ein Mitläufer. Anfangs versteckte ich die Zigaretten vor meinen Eltern. Doch irgendwann wurde ich erwischt.

Wie haben sie reagiert?
Sagen wir es so: Ihre Freude darüber hielt sich in Grenzen. (lacht)

Blieb es bei den Zigaretten?
Nein. Ich habe auch einige Joints geraucht. Aus reiner Neugierde und Dummheit. Zum Glück liess ich das mit dem Kiffen relativ schnell wieder sein. Wenig später hörte ich ganz mit dem Rauchen auf.

Weshalb?
Der Schwingsport war diesbezüglich meine Rettung. Als Wendepunkt würde ich das Emmentalische Schwingfest 2008 bezeichnen.

Was geschah dort?
Nach vier Gängen musste ich unter die Dusche. Ich war zu schlecht. Wie bereits bei den Jungschwingern fehlte mir in dieser Phase der nötige Biss. Am Abend sah ich, wie meine Emmentaler Kollegen Christian Gerber und Niklaus Wüthrich ihren ersten Kranz gewannen. Das spornte mich an. Ich wollte es ihnen nachmachen. Von da an war ich deutlich zielstrebiger und fleissiger.

Davor schraubten Sie lieber an Ihrem Töffli herum.
Stimmt. Das war als Teenager eine grosse Leidenschaft von mir. Manchmal war ich erfolgreicher und manchmal weniger. Es kam ab und zu vor, dass ich am Abend das Töffli noch reparieren musste, damit ich am anderen Morgen zur Arbeit fahren konnte.

Stimmt es, dass Sie das schnellste Töffli hatten?
Nein, da gab es noch Verrücktere. Wobei ich mich sicher auch im Graubereich bewegt habe. Dass es nie eine Busse gab, lag auch an der mangelnden Polizeipräsenz in der Region Heimisbach. Teilweise war ich sehr unvernünftig.

Das heisst?
Ich fuhr mit gar keinem Licht oder nur mit einem Velolicht. Wenn ich heute ein Töffli ohne Licht sehe, denke ich mir, wie dumm das ist. Aber damals machte man sich darüber keine grossen Gedanken.

Sie sind auf einem Bauernhof aufgewachsen. Das tönt nach viel Arbeit und wenig Freizeit.
Tatsächlich mussten wir oft mithelfen, sei es im Stall oder auf den Feldern. Einmal hatte ich die Aufgabe, eine grosse Fläche allein zu heuen. Als ich damit fertig war, erhielt ich 30 Franken, um mein Handy aufzuladen. Meine Eltern zeigten sich jeweils sehr dankbar. Wir durften beispielsweise auch in die Badi gehen oder andere Dinge unternehmen.

Es heisst, Sie seien kein guter Melker gewesen.
Das war so. Ich hatte viel zu wenig Geduld. Deshalb gingen jeweils einige Milchtropfen daneben.

Geduld brauchten Sie auch im Schwingen.
Absolut. Obwohl ich irgendwann regelmässig dreimal die Woche ins Training ging, kamen die grossen Erfolge nicht sofort. Den ersten Kranz gewann ich 2011 im Alter von 19 Jahren. Verglichen mit einem Wicki oder einem Giger ist das relativ spät. Aber ich blieb immer dran und konnte mich so zwar langsam, dafür stetig verbessern.

Ihre grösste Waffe ist der innere Haken. Wer hat Ihnen diesen beigebracht?
Fritz Bähler. Ein Eidgenosse aus unserem Schwingklub hat ihn mir einmal gezeigt. Er war ein kleiner und leichter Schwinger. Eigentlich passte dieser Schwung gar nicht zu mir, weil ich schon immer relativ gross war. Doch irgendwie konnte ich ihn trotzdem richtig gut einsetzen.

Lange hiess es, dass Sie zu einseitig seien.
Das hörte ich oft, es störte mich aber nie. Hanspeter Latour hat das einmal sehr gut gesagt. Er meinte: «Man sollte das trainieren, was man gerne macht und wo man gut darin ist. Und dort noch besser werden.» Klar, im Kraftraum muss man auch an den Defiziten arbeiten. Aber ich bin ein Fan davon, seine Stärken zu stärken.

Ihre Stärken funktionierten im letzten Jahr aber nicht wie gewünscht. Sie gewann erstmals seit 2016 kein Kranzfest.
Das lag unter anderem an den starken Mittelländern um Staudenmann und Walther. Zudem plagte mich eine leichte Verletzung am Ellbogen. Ich sprang fast das ganze Jahr meiner Topform hinterher. Dass es am Jubiläumsfest doch noch für den dritten Platz reichte, verdankte ich einem Tipp von Bernhard Kämpf.

Was hat der Berner Eidgenosse Ihnen gesagt?
Er meinte, ich solle während der Saison nicht mehr so viele Schwingtrainings absolvieren. Also auch einmal früher eine Einheit beenden. Ab da ging es besser. Durch die vielen Stunden im Sägemehl war ich irgendwie ausgebrannt. Ich war nicht mehr so «giggerig» und fühlte mich an den Schwingfesten ideenlos.

Weshalb hat es in diesem Jahr noch nicht zum Sieg gereicht?
Die Saison ist noch jung. Bis auf einen bis zwei Gänge bin ich sehr solide unterwegs. Jetzt darf ich auf keinen Fall nervös werden. Dann kommt es gut. 

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?