Odermatt bekommt Unterstützung
Jansrud beschimpft Renn-Boss als Diktator

Bei unseren Olympia-Abfahrern ist 24 Stunden vor dem wichtigsten Wettkampf der letzten vier Jahre der Teufel los! Ausschlaggebend ist neben dem Wind ein Jury-Entscheid, der zu Gunsten der Mitfavoriten Mayer und Kilde ausfällt.
Publiziert: 05.02.2022 um 06:49 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2022 um 11:19 Uhr
Marco Odermatt verlässt das Zielgelände unverrichteter Dinge.
Foto: keystone-sda.ch
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Marcel W. Perren aus Yanqing

Yanqing Ski-Ressort, 11.15 Uhr Ortszeit: Im Abfahrts-Startgelände herrscht das nackte Chaos. Die meisten Rennfahrer schäumen vor Wut. Athletensprecher Johan Clarey versucht via Funk verzweifelt bei der Jury um FIS-Rennleiter Markus Waldner Gehör zu finden.

Doch was ist das Problem? Um 11 Uhr wird das dritte Training gestartet. Doppel-Olympiasieger Matthias Mayer eröffnet das dritte Abfahrtstraining. Der Österreicher kommt nach dem ersten Sprung komplett von der Ideallinie ab und legt den Rest der Strecke in nahezu aufrechter Position zurück. Nach Mayer wartet auch der Italiener Christof Innerhofer mit einer besseren Besichtigungsfahrt auf, ehe Norwegens Super-Elch Alexander Aamodt Kilde von Start bis ins Ziel ordentlich Gas gibt und entsprechend deutlich die Führung übernimmt.

«Wir werden eine olympische Lotterie erleben!»
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Ski-Experte Marcel Perren:«Wir werden eine olympische Lotterie erleben!»

Die Fahrer sind sauer: Training wird sofort abgebrochen, statt verschoben

Doch dann bricht die Jury das Training ab. Der Gegenwind beim ersten Sprung sei angeblich zu stark. Der grosse Teil des Fahrerfeldes reagiert deshalb richtig wütend, weil nicht versucht wird, das Training zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen.

Marco Odermatt poltert: «Seit Tagen erzählt man uns, dass der Wind in dieser Gegend um 12 Uhr nachlassen würde. Und nun bricht man um 11.15 Uhr ab, nachdem zwei Mitfavoriten eine dritte Trainingsfahrt machen durften. Das ist einfach unfair!» Der Weltcup-Leader kritisiert zudem die lausige Kommunikation der Rennleitung: «Ich war ganz in der Nähe von unserem Sprecher Johan Clarey. Der hat der Jury vorgeschlagen, das wir eine Trainingsfahrt mit Jacke und dicker Skihose machen, damit das Tempo um rund 20 km/h geringer ist. Doch nach zwei, drei Sätzen ist von der Jury keine Antwort gekommen. Es ist schon sehr bedenklich, wie man hier mit uns Athleten umgeht.»

Bernhard Russi macht Hoffnung

Und noch etwas: «In den letzten Tagen war hier nicht weniger Wind als heute, da wurden die Trainings trotzdem durchgezogen.» Odermatts Schlussfolgerung: «Wenn vor dem theoretisch wichtigsten Wettkampf in den letzten vier Jahren solche Entscheidungen ohne ausreichende Begründung getroffen werden, ohne dass man die Athleten richtig einbezieht, ist das einfach nur lächerlich!»

Inzwischen hat sich auch der Norweger Kjetil Jansrud zum Trainings-Abbruch geäussert. Er beschimpft FIS-Renndirektor Markus Waldner dabei harsch. «Hier herrscht komplettes Chaos mit dem Informationsfluss, und man hat den Eindruck, dass Markus eine kleine Diktator-Linie ohne Informationen führt.» Es sei schwer seine Top-Leistung abzurufen, wenn man keine Ahnung habe, ob es stattfindet oder nicht, begründet der Super-G-Olympiasieger von 2014 seine heftige Kritik.

Zudem passt es ihm auch nicht, dass nach drei Athleten schon abgebrochen wurde. «Gleichzeitig merkt man im gesamten Feld einen grossen Unterschied zwischen denen, die eine dritte Fahrt hatten und denen, die keine hatten», legt Jansrud nach.

Gemäss Pistenbauer Bernhard Russi besteht dennoch Hoffnung auf ein olympisches Abfahrts-Happy-End in China: «Es ist möglich, dass wir die Startzeit des morgigen Wettkampfs um ein oder zwei Stunden nach hinten verschieben müssen. Aber gemäss unseren Meteorologen bekommen wir dann ein Wetterfenster, in dem ein faires Rennen möglich sein sollte.»

Mit der Wettervorhersage hängt auch die Erklärung von FIS-Renndirektor Markus Waldner zusammen. «Die war so mies, dass es keine Chance gab, das Training bei regulären Bedingungen zu beenden», sagt er. «Darum haben wir ultimativ entschieden, abzubrechen und die Fahrer am Tag vor dem Rennen früher ins Quartier zurückkehren zu lassen.»

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