Ex-Sprinter Alex Wilson (34) hat sich schon seit Jahren nicht mehr öffentlich geäussert, er ist regelrecht abgetaucht. Doch jetzt stossen ihm die Schlagzeilen kürzlich um den Strafbefehl wegen Urkundenfälschung derart sauer auf, dass der frühere Leichtathletik-«Schnurri» beschliesst, aus der Deckung zu kommen.
«Ich will darüber öffentlich reden!», meldet er sich bei Blick. Der ans Tageslicht gekommene Fall um einen geplanten Kauf einer Traumvilla in Riehen BS habe sich ganz anders zugetragen.
Die Bedingungen für das Treffen im Grossraum Basel sind folgende: Das Thema Dopingsperre kommt nicht zur Sprache, dazu schweigt Wilson öffentlich weiterhin. Und der genaue Ort darf nicht publik werden.
Wilson empfängt Blick im Garten eines Hauses im ruhigen Wohnquartier. Ein Kindertrampolin, eine Sonnenliege, ein paar Plastikstühle. Also: Warum sind wir hier, Alex? Er legt sofort los: «Ich erzähle jetzt meine Version. Der Hausbesitzer hat es auf mich abgesehen und wollte von mir immer mehr Geld. Ich liess mich aber von ihm nicht unter Druck setzen. Die Strafanzeige und der Gang zu den Medien waren seine Racheaktion, weil ich ihm nicht noch mehr Geld als vertraglich vereinbart gegeben habe.»
Ermittlungen erhärten den Betrugsverdacht nicht
Zur Einordnung: Der «Tages-Anzeiger» berichtete im Juni, dass Wilson 2023 für stolze 6,9 Millionen Franken eine Villa kaufen wollte. Dann aber dem zuständigen Notar statt des Geldes lediglich eine Überweisungsbestätigung zusendete, die sich als gefälscht herausstellte.
«Ich war so nervös, ich habe mir fast in die Hosen gemacht!» Das ist nur einer der legendären Frei-Schnauze-Sätze, mit denen sich Alex Wilson (34) zur kultigen Figur der Schweizer Leichtathletik machte. Der auf Jamaika geborene Sprinter kam mit 15 Jahren in die Schweiz, wo er 2010 schliesslich die Staatsbürgerschaft erhielt und auf sportlicher Ebene erste Achtungserfolge erzielte. Daneben machte er in jungen Jahren ein einjähriges Praktikum in der Migros. «Ich habe in der Sportabteilung so viele Schlitten an den Mann und die Frau gebracht, bis sie ausverkauft waren. Und auch in der Schuhabteilung lief es gut, weil ich die Leute überzeugen konnte», erzählte er einst. Später machte er eine Lehre als Gärtner.
Auf der Tartanbahn deutete der Sprinter der Leichtathletiksektion Old Boys Basel sein Potenzial immer wieder an, doch so richtig durchgestartet ist er erst später. Der Höhepunkt: 2018 holte er an der Europameisterschaft in Berlin die Bronzemedaille über die längere Distanz. «Als ich auf den Aufwärmplatz ging, fühlte ich mich wie Gott. Ich wusste: Heute klappt es», beschrieb es Wilson. Spätestens ab jenem Zeitpunkt war er der neue Liebling im Schweizer Sport, unser Sprint-Held, der sich mit seinen Interviews und seinen Sprüchen mitten in die Herzen der Fans plapperte. Erfrischend direkt, unverblümt, sympathisch.
Und Wilson war zu seiner Blütezeit richtig schnell: Über 100 Meter (10,08 Sekunden) und 200 Meter (19,98 Sekunden) sind seine Zeiten hierzulande unerreicht, er hält bis heute die Schweizer Rekorde. Nach seinem Coup 2018 wollte er ein Jahr später in Doha direkt mit einer WM-Medaille nachlegen, doch eine Fussverletzung stoppte ihn. Und die Abwärtsspirale begann.
Die Karriere des «Schnurri der Nation», der verheiratet und Vater von vier Kindern ist, endete 2021 kurz vor den Olympischen Sommerspielen in Tokio abrupt. Wilson war positiv auf Trenbolon getestet worden, er kassierte eine provisorische Dopingsperre. Später wurde daraus eine vierjährige Sperre. Und vor deren Ablauf im April 2025 kassierte er aufgrund von weiteren Dopingverstössen, die ihm vom Schweizer Sportgericht vorgeworfen werden (darunter der Gebrauch von EPO), weitere zehn Jahre. (md/mpe)
«Ich war so nervös, ich habe mir fast in die Hosen gemacht!» Das ist nur einer der legendären Frei-Schnauze-Sätze, mit denen sich Alex Wilson (34) zur kultigen Figur der Schweizer Leichtathletik machte. Der auf Jamaika geborene Sprinter kam mit 15 Jahren in die Schweiz, wo er 2010 schliesslich die Staatsbürgerschaft erhielt und auf sportlicher Ebene erste Achtungserfolge erzielte. Daneben machte er in jungen Jahren ein einjähriges Praktikum in der Migros. «Ich habe in der Sportabteilung so viele Schlitten an den Mann und die Frau gebracht, bis sie ausverkauft waren. Und auch in der Schuhabteilung lief es gut, weil ich die Leute überzeugen konnte», erzählte er einst. Später machte er eine Lehre als Gärtner.
Auf der Tartanbahn deutete der Sprinter der Leichtathletiksektion Old Boys Basel sein Potenzial immer wieder an, doch so richtig durchgestartet ist er erst später. Der Höhepunkt: 2018 holte er an der Europameisterschaft in Berlin die Bronzemedaille über die längere Distanz. «Als ich auf den Aufwärmplatz ging, fühlte ich mich wie Gott. Ich wusste: Heute klappt es», beschrieb es Wilson. Spätestens ab jenem Zeitpunkt war er der neue Liebling im Schweizer Sport, unser Sprint-Held, der sich mit seinen Interviews und seinen Sprüchen mitten in die Herzen der Fans plapperte. Erfrischend direkt, unverblümt, sympathisch.
Und Wilson war zu seiner Blütezeit richtig schnell: Über 100 Meter (10,08 Sekunden) und 200 Meter (19,98 Sekunden) sind seine Zeiten hierzulande unerreicht, er hält bis heute die Schweizer Rekorde. Nach seinem Coup 2018 wollte er ein Jahr später in Doha direkt mit einer WM-Medaille nachlegen, doch eine Fussverletzung stoppte ihn. Und die Abwärtsspirale begann.
Die Karriere des «Schnurri der Nation», der verheiratet und Vater von vier Kindern ist, endete 2021 kurz vor den Olympischen Sommerspielen in Tokio abrupt. Wilson war positiv auf Trenbolon getestet worden, er kassierte eine provisorische Dopingsperre. Später wurde daraus eine vierjährige Sperre. Und vor deren Ablauf im April 2025 kassierte er aufgrund von weiteren Dopingverstössen, die ihm vom Schweizer Sportgericht vorgeworfen werden (darunter der Gebrauch von EPO), weitere zehn Jahre. (md/mpe)
Danach verhärteten sich die Fronten zwischen Wilson und dem Hausbesitzer D. I.* immer mehr. Es eskalierte so sehr, dass der Villenverkäufer, ein Unternehmer aus der Region Basel, bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt eine Strafanzeige einreichte. Diese eröffnete ein Verfahren wegen Verdachts auf Betrug und Urkundenfälschung – nach einem Jahr Ermittlungen wird Wilson im April 2025 vom Betrugsverdacht entlastet. Vom Betrugsverdacht befreit zu sein, sei eine riesige Genugtuung gewesen, wie er im Gespräch schildert.
Einen Strafbefehl kassiert der frühere Sprinter hingegen wegen der Urkundenfälschung, die Geldstrafe von 1400 Franken ist zur zweijährigen Bewährung ausgesetzt. Blick liegt der Strafbefehl vor. Da Wilson Einsprache erhob, ist der Fall noch nicht rechtskräftig und könnte vor dem Strafgericht Basel-Stadt landen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Parteien streiten sich um die Suspensivbedingung
Parallel zum Strafverfahren haben sich Wilson und D. I. allerdings auch in Sachen Nichterfüllung des Kaufvertrags vor der Schlichtungsbehörde des Zivilgerichts vom Kanton Basel-Stadt getroffen. Die Parteien konnten vor der Schlichtungsbehörde einen Vergleich erzielen.
Was den früheren Sprinter gewaltig stört: Er werde beim Hauskauf als vertragsbrüchig dargestellt. «Das stimmt einfach nicht. Mir stand das Geld wegen einer Verzögerung eines Geschäfts nicht zur Verfügung, das konnte ich nicht beeinflussen. Aber diese Option war vertraglich mit einer Suspensivbedingung geregelt. Es ist alles sauber abgelaufen.»
Was Wilson meint: Im Kaufvertrag erhielt er von D. I. eine einwöchige Frist, um die 6,9 Millionen Franken zu überweisen. Das gelang nicht. Die Frist wurde, wieder notariell beglaubigt, um drei Wochen bis 28. April 2023 verlängert und um den Passus ergänzt, dass Wilson 50’000 Franken Konventionalstrafe bezahlen muss, sollte er die Villa auch in der neuen Frist nicht berappen können. Genauso kam es.
Das tollkühne Unterfangen, flugs fast 7 Millionen bereitzustellen, scheiterte. Einer seiner Investoren habe Wilson aushelfen wollen, doch dessen Zahlungsbeleg erwies sich als gefälscht. «Dass er nicht echt war, haben weder ich noch mein Notar erkennen können», sagt Wilson, der für diese Urkundenfälschung belangt wurde.
Doch zurück in den Juni 2023: Wilson bezahlt die fälligen 50’000 Franken Konventionalstrafe. Ab diesem Moment sei der Villa-Deal erledigt gewesen, erzählt er. Auch sein Anwalt bestätigt gegenüber Blick diese Version. Wilson: «Doch dann hat der Hausbesitzer ein Jahr lang immer wieder unberechtigterweise Geld von mir verlangt und mit einer Anzeige gedroht.»
Hausbesitzer forderte von Wilson teils sechsstellige Summen
Er zückt sein Handy. Der Leichtathlet zeigt darauf diverse Nachrichten, die er während Monaten wiederholt von D. I. bekommen hat. Die Nachrichten wirken oft eindringlich, ein Beispiel: «Die Situation ist katastrophal. Wenn ich der Bank die 20’000 nicht bis elf Uhr abgebe, verliere ich mein Konto und die Kreditkarten werden gesperrt.» Oder: «Bring das Geld, um 11.25 h und keine Minute später!»
Einmal werden 20’000 gefordert, ein anderes Mal 100’000. In weiteren Nachrichten geht es um die Summe von 300’000 Franken, die umgehend in bar fliessen soll. Selbst an Weihnachten treffen Nachrichten ein. Die höchste Forderung, die Wilson zu Gesicht bekommt, beläuft sich auf 530’000 Franken. Für ihn ist klar: «Weil ich seinen Forderungen nicht nachkam, hat er mich angezeigt.»
Blick konfrontiert D. I. damit. Der Hausbesitzer will nicht öffentlich über Wilsons Vorwürfe reden, das Strafverfahren würde bereits für sich sprechen. Es sei festzuhalten, dass Wilson wegen des unterzeichneten Kaufvertrags Umtriebe und laufende Kosten für die Villa, zum Beispiel Heizungskosten, zu übernehmen habe.
Dokumente, die Blick vorliegen, zeigen, dass der Sprint-Rekordhalter während Monaten hin und wieder antwortete, weiterhin Villa-Kaufabsichten betonte und Anzahlungen versprach. Wilson bestätigt das, sagt aber: «Der Kaufvertrag ist zwar nicht in Kraft getreten, aber ich habe dennoch daran gearbeitet, das Haus zu kaufen.»
Geschäftlich zwischen der Schweiz und Afrika unterwegs
Dass der Vertrag wegen der Nichterfüllung der Suspensivbedingung gar nicht wirksam wurde, ist in der Kommunikation zwischen den beiden Parteien hingegen erst am 28. Mai 2024 Thema – als D.I. Wilson in Kenntnis setzen lässt, dass der Vertrag mangels Erfüllung des Zahlungsversprechens seine Wirkung verloren habe.
Ob Wilson dennoch aufgelaufene Kosten zu tragen hat, ist unter den Parteien umstritten. Er betont: Bei den bisherigen Ermittlungen gebe es keine Anhaltspunkte, dass er tatsächlich Hunderttausende Franken Schadensersatz schulden würde.
Der Ex-Sprinter wurde hingegen im Strafverfahren wegen des Betrugsverdachts unter die Lupe genommen: «Die Staatsanwaltschaft hat mich richtig auseinandergenommen und mich stundenlang verhört, das war heftig. Sie haben alle meine Konten offengelegt.» Aber: Der Betrugsverdacht lässt sich nicht erhärten, respektive es liess sich Wilson nicht nachweisen, dass er sich einen Vorteil erschlichen hatte. Und die 7-Millionen-Franken-Bestätigung mit der gefälschten SWIFT-Nummer? «Ein Investor wollte mir helfen und hat mir das Dokument auf Whatsapp gesendet. Ich konnte die Fälschung nicht erkennen.»
Der Basler redet sich im Gespräch mit Blick wie zu seinen Aktivzeiten warm. Am Himmel starten vom nahen Flughafen ab und zu Flugzeuge. Dann zeigt Wilson auch noch seinen gepflegten Garten, in dem Tomaten, Kartoffeln, Zwiebeln, Kürbis und die jamaikanische Spinatsorte Callaloo wachsen. Der lange abgetauchte Schweizer Rekordhalter (100 und 200 Meter) als Selbstversorger? Der Vater von vier Kindern winkt ab. Er sei geschäftlich oft zwischen der Schweiz und Afrika unterwegs. Seine Basler Firma weist als Geschäftsfeld Handel aus.
Doch wie hätte er sich vor zwei Jahren ein 6,9 Millionen Franken teures Anwesen leisten wollen? Ein solches Vermögen lässt sich auch als Schweizer Top-Leichtathlet unmöglich anhäufen. «Mein Geschäft läuft sehr gut», sagt er dazu nur. Geld für die Villa floss aber nicht.
Auch bei D. I. verfing damals der abenteuerliche Gedanke, dass sich Wilson seine Villa leisten kann. Offenbar auf der Information von Wilsons Anwalt basierend, der frühere Sprinter sei vermögend.
Nun könnte die zerfahrene Lage zwischen Wilson und D. I. zumindest offiziell am 31. Dezember 2025 enden. Das ist die Deadline der Zahlungsfrist, die die Schlichtungsbehörde beim getroffenen Vergleich Wilson setzte. Er wird bis dann weitere 30’000 Franken bezahlen, im Gegenzug erklärt der Villabesitzer sein Desinteresse an der Strafverfolgung, die Anzeige vom 24. Februar 2024 würde zurückgezogen.
Das Haus ist bis heute nicht verkauft.
* Name der Redaktion bekannt, Name geändert